07.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 60 / Zusatzpunkt 1

Kay GottschalkAfD - Aktuelle Stunde zu Cum-Ex-Gestaltungen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Liebe Bürger! Zunächst müssen wir eine Unterscheidung zwischen den sogenannten Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäften – beide sind übrigens gleichermaßen skandalös – vornehmen. Wir haben uns heute aufgrund der Aktuellen Stunde entschieden, uns um die Cum/Ex-Geschäfte, die es ja angeblich seit 2012 nicht mehr gibt – der Kollege sagte es –, zu kümmern.

Verehrter Kollege Binding, es ist schon ziemlich naiv, sich hier so hinzustellen, als habe man davon nichts gewusst, und zu sagen, eigentlich seien diejenigen, die diese Geschäfte machen, die Betrüger, die Schlimmen. Wenn Sie den Geldfälschern die Druckplatten ganz öffentlich hinlegen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Geldfälscher Geld fälschen, meine Damen und Herren. Ich werde in meiner Rede aufzeigen, dass Sie als gesamtes Parteienspektrum daran eine große Mitverantwortung tragen.

Um zum Untersuchungsausschuss in 2016/2017 zurückzukehren: Der Kollege Hirte sagte – eine Plattitüde, die immer wieder kommt –, die Opposition habe mit dem Ausschuss „parteipolitisches Kalkül“ verfolgt, „haltlose Schuldzuweisungen“ gemacht und Berichte über horrende Steuerausfälle kolportiert. Fake News?

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Die Aussage ist immer noch richtig!)

Verehrte Kollegen der damaligen Opposition, ich bewundere Sie tatsächlich dafür. Kollege Schick, hervorragende Arbeit! – Die FDP war damals ja nicht im Bundestag. – Willkommen im Klub! Wir kennen das. Wenn man mit Fakten kommt, die der Regierung nicht passen, und sie weggeleugnet werden, ist man sofort Populist. Sie haben es ja eben vorgemacht.

(Beifall bei der AfD – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ach so! Das sind die Fakten!)

Dem möchte ich mal die Aussagen von Experten gegenüberstellen. Es gab ja auch mal Vorschläge von Herrn Kirchhof; aber wie Sie mit Experten umgehen, wissen wir. Der Kollege Dr. Spengel hat wie viele andere gesagt, dass der Abschlussbericht eigentlich desaströs war. Er stellte nämlich fest – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: Der damalige Untersuchungsausschuss hat ein Staatsversagen besonderen Ausmaßes dokumentiert, und zwar auf fast allen Ebenen. Das Ignorieren dieser Cum/Ex-Geschäfte führten die Experten auf ein Desinteresse der politischen Führungsebene zurück – da sitzen, meine lieben Bürger, die Damen und Herren der politischen Führungsebene – und einer nicht implementierten Governance – man nennt es auch „Führung“ – im Bundesfinanzministerium und einer unsäglichen Verquickung – das beklagen wir vielfach – des BMF mit dem Bundesverband deutscher Banken.

Ja, meine Damen und Herren, die Muster scheinen mir bekannt: BER, Elbphilharmonie, wahrscheinlich demnächst Stuttgart 21. Die Muster lassen immer wieder grüßen. Die altpolitischen Ebenen und Eliten haben komplett versagt und gehören, meine Damen und Herren, auf die Oppositionsbank.

(Beifall bei der AfD – Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Frau Weidel eigentlich?)

Wie gesagt, der Ausschuss – damals dominiert von CDU/CSU und SPD – kam dann zu dem Ergebnis, er wäre eigentlich nicht erforderlich gewesen. Nun kam der Fernsehbericht, ein Recherchebericht von 19 Medien aus 12 Ländern, unter dem Titel „Cum/Ex-Files“. Die fanden heraus – ganz einfach eigentlich –, indem sie vorgaben, Milliardäre zu sein, dass es diese Geschäfte anscheinend doch noch gibt, meine Damen und Herren.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Nicht in Deutschland!)

Sie haben nämlich in London einen Anlageprospekt vorgelegt bekommen, in dem sieben Länder immer noch für diese Geschäfte infrage kommen, darunter Frankreich, Italien und Spanien,

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Aber wir sind hier in Deutschland!)

übrigens alles Länder, die wir im Euro mittelbar und unmittelbar irgendwann stützen müssen und werden, ein Projekt, meine Damen und Herren, das aus Steuermitteln oder – wie Sie so schön gesagt haben, Herr Binding – aus Steuersubstrat finanziert wird.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: „Flüchtlinge“ fehlt!)

Ein Einschub am Rande, meine verehrten Kollegen von der SPD oder Pöbel-Ralle oder Kasper-Kahrs: Wie können Sie eigentlich noch in den Spiegel gucken, wo Sie das alles mit zu verantworten haben?

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frage ich mich bei der AfD auch!)

Von 2000 bis 2005 waren SPD-Minister namens Eichel und Steinbrück im Finanzministerium. Man musste schon angestrengt wegschauen, insbesondere wenn man unterstellt, dass Herr Steinbrück Vorstand einer großen Bank war.

(Beifall bei der AfD)

Da nichts zu wissen, erinnert an Herrn Winterkorn, meine Damen und Herren. Wie wollen Sie eigentlich einem Normalo, einem Otto Normalverbraucher noch klarmachen, dass Sie angeblich die Partei des kleinen Mannes sind? Das haben Sie schon lange abgelegt. Ich möchte gar nicht auf die Spenden von den deutschen Banken in der Zeit zwischen 2002 und 2003 eingehen. Die Möglichkeit der illegalen oder legalen Steuerverkürzung oder der aggressiven Steuervermeidung – die Kollegen haben es angesprochen – haben die Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, sicher nicht. Unter Herrn Steinbrück blühte dieses Geschäft auch schon; das wird hier immer verkürzt. Wir müssten diese Debatte seit Ende der 70er-Jahre unter dem Namen Dividendenstripping führen. Diese Geschäfte sind schon viel, viel länger bekannt. Anstatt den Verfassungsschutz auf eine demokratische Partei zu hetzen

(Michael Schrodi [SPD]: Das machen Ihre eigenen Gutachter! Zu dem Schluss kommen Ihre eigenen Gutachten!)

und ihre gespielte Ahnungslosigkeit zu diesem Thema zutage zu bringen, sollten sich vielleicht der BND, der Verfassungsschutz oder die Steuerfahndung auf ebendiese Steuerdiebe konzentrieren und endlich wieder die Steuern nach Deutschland holen. Man sollte sich nicht immer auf die Medien verlassen, damit Paradise Papers oder Panama Papers aufgedeckt werden.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns ehrlich machen. Es klang an dieser Stelle schon an: Wir sollten ehrlich und nachhaltig aufklären, was hier in den Jahren 1978 bis heute passiert ist. Eine lapidare Feststellung wie damals im Untersuchungsausschuss, er wäre nicht nötig gewesen, wird uns nicht weiterhelfen. Wir müssen dies tun; denn wir haben uns alle zusammen sehr liebevoll und intensiv um den großen Bruder, der nach wie vor lebt, nämlich die Cum/Cum-Geschäfte, zu kümmern. Auch hier gehen weiter Milliardenbeträge verloren.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das ist falsch! – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das ist einfach die Unwahrheit!)

Ich möchte endlich, dass dem deutschen Arbeitnehmer und auch dem Mittelstand mehr als 45,7 Eurocent von jedem Euro, den er verdient, bleiben.

(Michael Schrodi [SPD]: Sie verteilen doch von unten nach oben! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wo sind denn Ihre Vorschläge? Wir warten auf Ihre Vorschläge!)

In diesem Sinne: Lassen Sie uns aufklären, blockieren Sie nicht, und spielen Sie hier nicht die gelebte Ahnungslosigkeit! Das nimmt Ihnen keiner ab, wie ich es auch Herrn Winterkorn beim Abgasskandal nicht abnehme.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Cansel Kiziltepe für die Fraktion der SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7289036
Wahlperiode 19
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Cum-Ex-Gestaltungen
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