Klaus-Peter WillschCDU/CSU - Humanitäre Katastrophe in Jemen und Rüstungsexport
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Brugger, ich glaube, ich muss mal checken, ob Sie meinen Account gehackt und meine Rede vorher schon gelesen haben.
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sagen ja immer das Gleiche!)
In der Tat wollte ich daran erinnern, dass wir uns nicht das erste Mal mit diesem Thema beschäftigen.
Wir haben diese Woche im Wirtschaftsausschuss, meine Damen und Herren, wieder ausführlich den gesamten Themenkomplex behandelt. Es standen dazu acht Punkte auf der Tagesordnung. Wir haben alle Facetten erneut besprochen, wie wir es hier auch immer wieder tun. Gleichwohl wird immer wieder das gleiche Märchen erzählt, nämlich dass Deutschland die Waffenschmiede der Welt sei und Kriege dieser Welt mit deutschen Waffen ausgefochten würden.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das ist doch kein Märchen!)
Beides ist falsch. Das, was wir hier schon immer vorgetragen haben, wurde im Rahmen der Anhörung im Wirtschaftsausschuss, die wir dazu hatten,
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Wegen uns!)
eindeutig belegt. Vielleicht schauen Sie sich das einmal in der Mediathek an; denn Wiederholung prägt bekanntlich ein. Es ist eindeutig beides widerlegt worden.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Was?)
Die Rüstungsexportpolitik der Bundesrepublik Deutschland ist im Vergleich äußerst restriktiv.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Aber im Ergebnis auf Platz drei! Was ist daran restriktiv?)
Auch der Vertreter der IG Metall hat es eingeräumt. In dessen Stellungnahme hieß es:
Auch wenn die Einschätzungen über die Genehmigungspraxis der Bundesregierung unterschiedlich sind, so bleibt doch festzuhalten, dass die Rüstungsexportkontrolle in Deutschland im internationalen Vergleich restriktiv gestaltet ist.
Sie haben ja einige Mitglieder der IG Metall bei sich. Vielleicht hören Sie bei denen mal nach.
Auf die Frage, welche Konflikte denn konkret mit deutschen Waffen angeheizt würden, konnte nicht einmal die von den Linken benannte Vertreterin von Pax Christi nur einen einzigen benennen.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Saudi-Arabien! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Erzählen Sie nicht die Unwahrheit, Herr Kollege! Das stimmt!)
Ich spreche hier für die Arbeitsgruppe Wirtschaft meiner Fraktion. Die Außenpolitiker werden das Thema Jemen-Konflikt noch näher beleuchten. Aber hier spielen deutsche Waffen keine Rolle, auch nicht die Patrouillenboote.
Sie bekommen wie ich die gleichen Informationen vom Auswärtigen Amt. Das Auswärtige Amt hat erst gestern wieder betont, dass der Hafen von Hudaida operational ist, das heißt offen. 70 Prozent aller humanitären und kommerziellen Exporte werden über diesen Hafen abgewickelt. Es ist also eine Mär, dass Saudi-Arabien mithilfe deutscher Patrouillenboote die Anlieferung von Hilfsgütern verhindert.
Auf den Kriegsschauplätzen dieser Welt wird nicht mit deutschen, sondern mit chinesischen, russischen, ukrainischen oder iranischen Waffen gekämpft. Deutsche Waffen spielen in diesen Konflikten überhaupt keine Rolle, auch im Jemen nicht. Der Anteil Deutschlands am Kleinwaffenexport liegt im Promillebereich.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?
Ja, bitte.
Vielen Dank, Herr Willsch, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie erzählen hier, dass deutsche Waffen nicht an diesen Kriegen und auch nicht am Jemen-Krieg beteiligt seien. Was ist denn zum Beispiel mit den Eurofightern? Die Eurofighter sind zu einem Drittel deutsch. Ohne deutsche Produkte würden die Eurofighter gar nicht fliegen. Die Eurofighter bombardieren Hochzeitsgesellschaften und Schulkinder im Jemen.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: So ist es!)
Herr Liebich, Sie führen einen zentralen Punkt an, mit dem wir uns in der Frage der Rüstungskooperation auseinandersetzen müssen.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Es stimmt also!)
Die Tatsache, die auch schon im Rahmen dieser Debatte beklagt worden ist, ist, dass viele unserer potenziellen Kooperationspartner grundsätzlich infrage stellen, ob mit uns überhaupt noch kooperiert werden kann.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das war nicht meine Frage! Meine Frage war, ob deutsche Waffen dort bomben! – Otto Fricke [FDP]: Der eine fragt, der andere antwortet!)
Das kommt von solchen Überlegungen, wie Sie sie gerade anstellen. Der Eurofighter wird von einer europäischen Firma geliefert. Daran hat Deutschland Anteil.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Also beantworten Sie diese Frage mit Ja!)
Herr Kollege, bitte, es gibt eine Frage, dann die Antwort.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Warum antwortet er nicht?)
Sie haben Ihre Frage gestellt. Normalerweise ist es so, es kommt eine Frage, und dann bekommt man eine Antwort.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Die Antwort ist: Ja, die bomben dort!)
Die Antwort kann Ihnen gefallen oder nicht, aber Sie können Ihre Frage formulieren, und ich formuliere meine Antwort. Das müssen Sie hinnehmen.
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Sie antworten ja nicht! Sie erzählen etwas anderes!)
Genau auf diesen Punkt wollte ich noch zu sprechen kommen. Wenn Sie sich darüber Gedanken machen, wie wir zu ökonomisch sinnvollen Konditionen für die Bewaffnung unserer eigenen Armee – ich bin überzeugt davon, wir brauchen eine eigene Armee; wenn man die eigene Armee nicht bezahlt, zahlt man eine Besatzungsarmee – kommen können – wir müssen bei uns eine Rüstungsproduktion haben, um unsere Armee mit eigenen Produkten ausstatten zu können –, dann geht es nur, wenn wir Losgrößen erreichen. Nun gehen wir in internationale Kooperationen. Wir wollen mit den Franzosen die nächste Generation Panzer bauen.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Sie wollen, nicht wir!)
Wir wollen mit den Franzosen unbemannte Flieger bauen. Wir wollen mit den Franzosen, möglichst auch mit den Engländern zusammen, die nächste Generation Kampfflugzeuge entwickeln. Die alle stellen das infrage, weil Sie sagen, wenn ein deutscher Anteil dabei ist, dann kann man nicht mehr in die Welt exportieren. Das können Sie von mir aus im britischen Parlament fragen, aber fragen Sie das nicht mich.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Ich habe Ihnen eine ganz einfache Ja/Nein-Frage gestellt!)
Das ist eine Frage, die nicht hierhin passt, die aber genau einen Punkt aufzeigt, der bei unserer restriktiven Exportpolitik problematisch ist.
Herr Kollege erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lechte?
Ja. Wer ist das?
FDP-Fraktion.
(Otto Fricke [FDP]: Der starke Mann hinter mir!)
Entschuldigung, ja, jetzt klingelt es wieder.
Lieber Klaus-Peter Willsch, lieber Kollege, nachdem der Kollege Loos weg ist, habe ich jetzt die Chance, eine Nachfrage zu stellen. Vorhin ging es auch um die Kurzarbeit auf der Werft, wo die Patrouillenboote hergestellt werden. Wir von der FDP-Fraktion haben uns schon überlegt, in einer schriftlichen Einzelfrage klären zu lassen, ob es nicht toll wäre, wenn die Bundeswehr diese Patrouillenboote übernimmt. Damit wäre keine Kurzarbeit mehr nötig, und wir hätten endlich Schiffe für die Missionen im Mittelmeer. Die Bundeswehr braucht ja Ausrüstung. Wir hätten das Problem von den Linken und den Grünen und auch unser Problem gelöst, weil man nicht wirklich ausschließen kann – das können auch Sie nicht, lieber Kollege Willsch –, dass die Patrouillenboote – „Patrouillenboote“, das hört man schon am Namen – für die Blockade des Jemen durch Saudi-Arabien eingesetzt werden. Das kann Klaus-Peter Willsch hier im Deutschen Bundestag nicht ausschließen.
Ich bin ja gelernter Mann des Heeres, Flugabwehrsoldat.
(Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)
Inzwischen bin ich Sanitäter. Ich maße mir jetzt nicht an, der Marine Vorschläge zu machen, was sie in ihrer Bedarfsliste nach vorne platzieren muss, weil es gerade irgendwo Exportprobleme gibt.
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie als Haushälter nicht genau über diese Frage ab?)
Ich halte es nicht für ein besonders schlüssiges Beschaffungskonzept, zu sagen: Was wir nicht ausliefern können und was an unerledigten Exportaufträgen herumsteht, das geben wir dann unserer Armee. Ich glaube, dieser Ansatz ist nicht ganz rational.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch besser als wegwerfen! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank für die Frage.
Der renommierte Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Professor Krause, hat im Rahmen der Anhörung bekräftigt:
Der Hinweis auf das finanzielle Volumen deutscher Rüstungsexporte ist ohne die entsprechende Kontextualisierung weitgehend sinnlos. Die Behauptung, wonach Deutschland drittgrößter Waffenexporteur der Welt sei, lässt sich nach einer kritischen Sichtung der verfügbaren und belastbaren Zahlen ohnehin nicht aufrechterhalten.
Also: Die Experten haben im Rahmen dieser Anhörung am laufenden Band linke Ammenmärchen entlarvt, und sie haben eindringlich gewarnt – darauf bin ich schon eingegangen –, mit unserer restriktiven Rüstungsexportpolitik, bei der in immer noch höherem Maße Restriktionen gefordert werden, gefährden wir unsere eigene Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit.
Ich will Ihnen, Frau Alt, eines zu bedenken geben. Bei Ihrer kategorischen Aussage bezüglich der Spannungsgebiete hätte ich mir ein Wort zu den Waffenlieferungen an die Peschmerga gewünscht. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass das einer der am wohlsten abgewogenen und wirksamsten Möglichkeiten der militärischen Hilfe gewesen ist, die wir in den letzten Jahrzehnten gemacht haben. Sie sind erklärtermaßen mein Lieblingskoalitionspartner; das wissen Sie ja; wenn wir wieder einmal zusammen eine Mehrheit haben, dann kommen wir in diesen Fragen wieder zu einer Rationalität.
(Otto Fricke [FDP]: Stellt euch einmal vor, ihr wärt das! – Sören Bartol [SPD]: Die Begeisterungsstürme sind schon gewaltig!)
Rüstungsexporte sind ein Mittel, lokale Sicherheitsstrukturen zu stärken, aber auch eine Möglichkeit, zu verhindern, dass noch mehr Länder eigene Rüstungsindustrien aufbauen. Wir als Union halten es für essenziell, dass wir als Hochtechnologieland in der Lage sind, auf diesem Markt präsent zu sein, um unseren eigenen Soldaten, die wir in gefährliche Einsätze schicken – –
(Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Sie müssen sich beeilen. Ich nehme die an, ich habe nur noch 13 Sekunden.
Herr Kollege, ich habe mir schon gedacht, dass das jetzt kommt. – Frau Kollegin, Sie haben jetzt die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage. – Ich kann es leider nicht ändern, so ist es.
Vielen Dank, ich versuche, es auch ganz kurz zu machen. – Ich bin Ihrer Meinung, man sollte sicherheitsrelevante Technologie selber behalten und nicht an andere Staaten geben. Deswegen wäre es doch ganz sinnvoll, Sie schließen die Regelungslücke, mit der Rheinmetall im Augenblick über Italien, über Südafrika, über die Türkei sensibles, wichtiges, sicherheitsrelevantes Know-how an Staaten verscherbelt, die uns hinterher wieder sicherheitspolitische Probleme bereiten. Wir sind doch einer Meinung, dass wir das nicht wollen. Dann könnten wir doch diese Lücke endlich schließen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Frau Keul, Sie waren bei der Anhörung dabei. Ich glaube, die ganze Zeit.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Sie haben dort sehr wohl zur Kenntnis nehmen können, wenn Sie denn zugehört haben und es aufnehmen wollten, dass die Experten fast übereinstimmend gesagt haben, dass es keine Regelungslücke gibt. Auch Know-how-Weitergabe, der USB-Stick, die Mail, ist strafbewehrt, wenn es genehmigungspflichtige Inhalte anbelangt. Insofern ist Ihre Frage zwar nett, weil sie meine Redezeit noch einmal kurz verlängert, aber sie geht inhaltlich ins Leere. Trotzdem vielen Dank für die Frage.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das stimmt nicht! Sie geht nicht ins Leere! Das ist Realität, was Sie beschreiben!)
Abschließend noch einen Satz. Wir müssen im Interesse unserer eigenen Armee und unserer Soldaten Anschluss halten. Wir müssen im Sinne der Anschlussfähigkeit und der Bündnisfähigkeit die Rüstungsindustrie behalten. Wir alle mögen uns eine Welt ohne Waffen wünschen. Ich bin mir sicher, wir werden sie nie haben. Es gilt, vorbereitet zu sein und gerüstet zu sein, um Bedrängnis zu widerstehen und den Partnern zu helfen. Das sehen wir als Union als Aufgabe einer sinnvollen Verteidigungspolitik und Rüstungsexportpolitik.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Florian Post, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
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Electoral Period | 19 |
Session | 62 |
Agenda Item | Humanitäre Katastrophe in Jemen und Rüstungsexport |