Martin HebnerAfD - Brexit-Übergangsgesetz
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kanzlerin Merkel gab am 17. Oktober dieses Jahres, also vor drei Wochen, genau hier, in dieser Runde, eine Regierungserklärung zum Brexit ab. Es sei, so sagte Frau Merkel, nach monatelangen Verhandlungen noch nicht klar, wie der Austritt Großbritanniens aus der EU aussehen könne. Frau Merkel war aber optimistisch und sagte wörtlich, die Bundesregierung bereite sich angemessen auf die Zeit nach dem 29. März 2019, also auf die Zeit nach dem Brexit, vor.
Sie sprach, meine Damen und Herren, von einer angemessenen Vorbereitung, und jetzt haben wir hier diesen dünnen Entwurf für ein Brexit-Übergangsgesetz vorliegen.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Das ist ja nicht alles! Das wissen Sie ganz genau!)
Dieser Entwurf der Bundesregierung ist äußerst knapp und kurz und beinhaltet lediglich, dass a) der Übergangszeitraum nach dem Brexit 21 Monate beträgt und dass b) wechselseitige Einbürgerungen von Deutschen in Großbritannien und Briten in Deutschland durch den Stichtag des Brexit nicht erschwert werden sollen. Meine Damen und Herren, das ist alles, nicht mehr. Kein Gesamtterminplan, wann welche weiteren Gesetze für die Regelungen des Brexit vom Bundestag zu beschließen sind! Doch es werden, Herr Maas, ja wohl einige werden, wie Sie gerade schon gesagt haben. Auch die Wirtschaft bekommt nur Teilinformationen und schaut auf die mit sich selbst beschäftigten Bürokraten in Brüssel und Berlin.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Thank you!)
Bekannt ist nach wie vor nur der Abschlusstermin, der Termin des Brexit. Ein Unding!
Den Herren im Ministerium ist es eventuell entgangen, aber der deutsch-britische Außenhandelsumsatz betrug im letzten Jahr 121 Milliarden Euro. Unsere Ausfuhren hatten einen Umfang von 84 Milliarden Euro, und unsere Einfuhren 37 Milliarden Euro. Für uns Deutsche hat diese gesamte Beziehung, in diesem Falle die Handelsbeziehung, eine enorm hohe Bedeutung.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Konstantin Kuhle [FDP]: Deshalb ist der Brexit auch schlecht! – Zuruf von der CDU/CSU: Sie tun so, als hätten wir den Brexit gewollt!)
Wir und auch Sie in Ihrem Ministerium leben vom Ertrag unserer Wirtschaft. Sie sollten unsere Wirtschaft und unsere Bürger unterstützen. Bürokratie und Ihr Ministerium sind kein Selbstzweck.
Wir benötigen zeitnah Regelungen für unsere heimische Wirtschaft und Industrie, wie sie in Bezug auf ihre Lieferketten mit den bürokratischen Auflagen und Vorschriften nach dem Brexit umgehen sollen. Es heißt aber immer nur: Wir warten. – Wir warten auf wen? Im Moment hört es sich so an: nicht auf London, sondern auf Godot.
(Beifall bei der AfD)
Nur dabei schneiden wir uns und unserer Wirtschaft ins eigene Fleisch.
Dass die Brüsseler Bürokratie versucht, den Brexit so schwer wie möglich zu gestalten, ist doch offensichtlich. Brüssel will abschrecken, damit nicht noch andere Länder dem Beispiel Großbritanniens folgen. Das ist ein reiner Brüsseler Egoismus und nutzt nur der EU-Kommission.
Aber anstatt Klarheit hinsichtlich der rechtlichen Regelungen und der Kooperation mit Großbritannien zu schaffen, damit die deutsche Wirtschaft und unsere Bürger die Erträge erarbeiten können, die Sie in Ihren Ministerien ausgeben, legen Sie dem deutschen Steuerzahler nur noch mehr Lasten auf.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Aber ja, gerne doch.
Herr Kollege Hebner, ich habe gerade mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, wie Sie die deutsch-britischen Handelsbeziehungen betont haben und sogar die Volumina beschrieben haben. Ich kann mich aber schwach entsinnen, dass die AfD den Brexit gefeiert hat und sozusagen ein Befürworter des Brexit war.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Weil sie immer gegen das deutsche Interesse sind!)
Ich kann mich auch an die jüngste Wachstumsprognose der Europäischen Union erinnern, nach der Großbritannien im nächsten Jahr auf Platz 27 von 27 liegen wird.
Ich möchte Ihnen aber eine ganz konkrete Frage bezüglich Ihres Obmanns im Auswärtigen Ausschuss, Herrn Bystron, stellen, der sich vor kurzem mit Herrn Bannon getroffen hat. Herr Bannon ist ein bekannter Rechtsextremist, der die Zerstörung und Zerschlagung der Europäischen Union befürwortet.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Seit an Seit mit der AfD!)
Ist es Ihr wirtschaftspolitischer Kurs, dass Sie dafür eintreten, dass wir ein Europa der 28 verschiedenen Nationalstaaten haben, in dem wir aber keinen wirtschaftlichen Fortschritt mehr erreichen würden?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich glaube, ich habe Ihre Frage jetzt rein akustisch nicht komplett verstanden. Ich weiß nicht, wen Sie jetzt genau meinten. Sie sagten, Herr Bystron hat sich getroffen?
(Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Bystron mit Herrn Bannon!)
– Herr Bystron sitzt meines Wissens nicht im EU-Ausschuss,
(Zuruf von der CDU/CSU: Hat er ja auch nicht gesagt!)
und ich weiß von dem Treffen – das muss ich jetzt ganz direkt sagen – nichts. Was ich aber definitiv sagen kann, ist, dass wir selbstverständlich dafür sind, dass ein souveräner Staat – und Großbritannien ist das natürlich – in jedem Falle die Möglichkeit zu einem Austritt aus der EU haben soll. Selbstverständlich. Wir glauben auch, dass dieser Austritt durchaus für weitere gedeihliche Wirtschaftsbeziehungen – darauf nahmen Sie gerade am Anfang ja Bezug – sorgen könnte, wenn das Ganze jetzt nicht noch mit weiteren Hemmnissen seitens der EU-Bürokratie versehen wird, sondern sauber geregelt wird.
Für die deutsche Industrie bedarf es natürlich einer Regelung, die nicht nur von Brüssel gestaltet wird, sondern ab einem gewissen Zeitpunkt – ich komme aus dem Projektgeschäft – muss schlicht und ergreifend auch ein Plan B vorgehalten werden. Dann sollten auch solche Probleme wie die, die jetzt am Horizont auftauchen, nicht direkt greifen.
Ihre Frage ist insoweit hoffentlich beantwortet.
(Beifall bei der AfD)
Wir waren bei der grundsätzlichen Frage, dass zulasten unserer Steuerzahler immer weitere Regelungen erfolgen. Infolge des Brexit sollen die deutschen Beiträge zur EU von jährlich 30 Milliarden Euro netto auf 45 Milliarden Euro netto steigen. Meine Damen und Herren, warum eigentlich? Warum können die EU-Bürokratie und die Gesamtkosten nicht einfach verringert werden? Warum soll Deutschland bei einer Verringerung der Einwohnerzahl im Territorium der EU in dem Falle hier weiter als alleiniger Zahlmeister fungieren?
(Otto Fricke [FDP]: „Alleiniger“? Ernsthaft?)
Die Brüsseler Bürokratie muss sich einfach einschränken. Die Bevölkerungszahl verringert sich mit dem Brexit – wenn er denn vollzogen wird – ja auch um 13 Prozent.
Aber was passiert stattdessen? Die EU-Kommission schlägt weitere Erhöhungen – in diesem Falle Finanzierungen – für die Jahre ab 2021 vor, und offensichtlich wird hier von der deutschen Regierung sogar auch noch eine Mehrbeteiligung Deutschlands befürwortet: denn der Haushalt der EU soll von derzeit 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU über 1,1 Prozent für die Jahre 2021 bis 2027 auf rund 1,13 Prozent steigen, was auch eine Erhöhung unseres Beitrags zur Folge hätte. Meine Damen und Herren, das ist eine weitere zusätzliche Belastung.
Wir von der AfD lehnen a) weitere zusätzliche Belastungen des Steuerzahlers ab und b) eine weitere Expansion der Bürokratie und der Aufgabenzuordnung in Richtung Brüssel,
(Zuruf von der SPD: Lehnen Sie auch die wirtschaftlichen Vorteile ab?)
und wir plädieren dafür, dass für die deutsche Wirtschaft – das geht an die Adresse von Herrn Maas – eine stabile und saubere Planungsgrundlage geschaffen wird.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Dr. Katja Leikert, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289865 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 62 |
Tagesordnungspunkt | Brexit-Übergangsgesetz |