Albert RupprechtCDU/CSU - Bildung und Forschung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Haushalt 2019 setzt die richtigen Schwerpunkte. Für die berufliche Bildung stellen wir 55 Millionen Euro, für den Digitalpakt 720 Millionen Euro und für das BAföG 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung – um nur einige wenige Positionen zu nennen. Dieser Etat hat einen Rekordwert von 18,3 Milliarden Euro das heißt eine Steigerung um 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wir setzten mit diesem Haushalt die Linie seit 2005 fort.
(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Seit 1998!)
Dieser Haushalt ist geprägt durch zwei wesentliche Elemente, nämlich durch mehr Geld – Priorität für Forschung und Bildung; der Haushalt wächst und wächst und wächst – und – ein Pendant ist notwendig – durch Strukturreformen. Nur dann, wenn die Strukturen und die Architektur stehen, wird das Geld auch gut wirken.
2005 waren wir noch bei 7,6 Milliarden Euro, und 2019 sind wir bei 18,3 Milliarden Euro.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])
Das ist eine Steigerung um 141 Prozent. Diese 141 Prozent sind eine spannende Zahl. – Ich begrüße ganz besonders die Vertreter auf der Bundesratsbank. Auch die bayerische Vertreterin ist hier; ich freue mich.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Und viele andere! – Marianne Schieder [SPD]: Und viele andere, die ich nicht kenne!)
Nur für den Bereich Bildung, Frau Suding, haben wir vonseiten des Bundes die Ausgaben seit 2005 um 160 Prozent gesteigert. Was glauben Sie, was zur selbigen Zeit die Länder gemacht haben? Der Bund hat seine Ausgaben nur für Bildung um 160 Prozent gesteigert. Die Länder, die nach der Verfassung hauptverantwortlich für die Schulpolitik zuständig sind, haben zur selbigen Zeit ihre Ausgaben um 47 Prozent gesteigert.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das ist nicht zu fassen!)
Das ist ein dramatischer Unterschied.
Liebe Frau Dörner von den Grünen, liebe Frau Suding von der FDP, Sie haben ja einen gemeinsamen Artikel geschrieben. Ich habe ihn extra farbig ausgedruckt, damit es sympathisch wirkt
(Abg. Albert Rupprecht [CDU/CSU] hält ein Schriftstück hoch – Katja Suding [FDP]: Nur kein Neid!)
und die Diskrepanz zum Unsinn im Text noch größer wird.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie suggerieren in diesem Text, der Bund würde seine Verantwortung für Bildung nicht leben.
(Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, stimmt!)
Wenn Sie sich diese Zahlen anschauen, dann sehen Sie: Das ist schlichtweg grotesk.
Die Länder haben Milliarden Steuermehreinnahmen.
(Marianne Schieder [SPD]: Genau!)
Wir entlasten die Länder vonseiten des Bundes um einen zweistelligen Milliardenbetrag.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ja! – Christoph Meyer [FDP]: Das hilft den Schülern nicht! Es geht um Milliarden, und Sie haben den Artikel nicht gelesen! Lesen bildet!)
Darüber hinaus sind wir bereit, mit Milliarden für das BAföG und anderem noch mehr zu entlasten, und wir übernehmen weitere Aufgaben der Länder, indem wir beispielsweise 5 Milliarden Euro für den Digitalpakt und andere Sachen übernehmen,
(Kerstin Radomski [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
und das in einer Situation, in der wir die Mittel für den Bereich Bildung um 160 Prozent gesteigert haben, seit wir an der Regierung sind.
(Christoph Meyer [FDP]: Sprechen Sie mal mit den Ländern!)
Wissen Sie, was passieren würde, wenn alle Länder, so wie zum Glück meine Bayerische Staatsregierung, sich so anstrengen würden, wie wir es im Bund machen? Dann hätten wir all diese Probleme, die Sie hier formulieren, überhaupt nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Frau Suding, Sie sollten mit den Ländern Tacheles reden. Es geht einfach nicht, dass man, wenn die Verfassung die Zuständigkeiten festlegt, sagt: Das steht zwar in der Verfassung, aber das stört uns überhaupt nicht. – Weil die Länder das nicht machen wollen, ist das unsere Aufgabe und müssen wir das Problem lösen. Es gibt Verantwortlichkeiten. Eine Verfassung ist ernst zu nehmen, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Nicola Beer [FDP]: Was denn jetzt? Wollen Sie, oder wollen Sie nicht?)
– Was will ich? – Ich habe gesagt: Wir finanzieren wesentlich mehr, wir strecken uns weiterhin; das machen wir. Wir wollen die Verfassungsänderung. Nur, was Sie an Listen in dem Artikel aufgeschrieben haben, laut dem wir letztendlich bis hin zur Schultoilette alles an Kosten übernehmen sollen und für alles Verantwortung tragen, ist doch absurd. Sie müssen im kooperativen Föderalismus ein Stück weit auch sagen, was die Länder für Aufgaben haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der FDP)
Herr Rupprecht, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Kai Gehring?
Ja, natürlich, gerne. Wer will fragen?
Eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Kai Gehring – aber kurz bitte.
Vielen Dank. – Ich verstehe jetzt Ihre Aufregung gerade nicht: Endlich hat die Bundesregierung das grün-gelbe Angebot für Verhandlungen angenommen, und deshalb wird gerade darüber verhandelt, wie eine Ermöglichungsverfassung für bessere Bildung aussehen kann.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Die haben wir vorgelegt!)
Ich hoffe sehr, dass wir da zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das hoffen wir auch!)
Dieser Gastbeitrag ist ein Diskussionsbeitrag, der sehr deutlich macht, worum es geht. Es geht eben um eine Ermöglichungsverfassung für bessere Bildung, damit der Bund auch in Schulen investieren kann, aber nicht nur in Beton, sondern auch in Köpfe, unter Wahrung der Kulturhoheit der Länder.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Dann hätten Sie die Sachverständigen hören sollen!)
Genauso machen wir es im Wissenschaftsbereich. Sie haben die Verfassung bereits schon einmal geändert, damit es eben eine gemeinsame Wissenschaftsfinanzierung geben kann. Das machen wir beim Hochschulpakt, das machen wir bei vielen anderen Pakten. Das ist vernünftig. Und das braucht es für den Schulbereich gleichermaßen.
(Marianne Schieder [SPD]: Macht ihr jetzt mit, oder macht ihr nicht mit? Das ist die Frage!)
Ich hätte deshalb an Sie eine Frage.
Schön, dass Sie zur Frage kommen.
Ich kann eine Bemerkung machen, ich kann eine Frage stellen. Ich wollte von Ihnen wissen: Die CSU redet ja immer viel von der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Dazu soll es jetzt eine Kommission geben.
(Karsten Hilse [AfD]: Kurze Frage! Menschenskind!)
Ist es aus Ihrer Sicht auch Gegenstand der Kommission „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“, dass die Bildungschancen in diesem Land nicht von der Postleitzahl abhängen, sondern tatsächlich vom Talent?
Jetzt kommen wir endlich zur Frage. – Also, lieber Kai Gehring, ich lade dich herzlich in meinen Wahlkreis ein, der äußerst ländlich strukturiert ist.
Das ist ein schöner Wahlkreis, das stimmt.
Du erlebst dort ein genauso hohes Schulniveau und genauso tolle Schulen, wie du sie in München und in Regensburg erlebst. Überhaupt kein Thema! Deshalb: Bayern löst das erstklassig.
Um das noch mal klarzustellen: Wir strecken uns, wir wollen das tun, wir beschließen diesen Haushalt. Aber es muss doch endlich einmal gesagt werden, dass es nicht so ist: Der Bund macht nichts, und die Länder strecken sich und können nichts tun. – Die Länder könnten, sie haben das Geld, und der Bund unterstützt. Wir müssen das gemeinsam machen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Da ist einfach kein Wille da!)
Nächstes Thema. Es wird in vielen dieser Debatten heute der Eindruck erweckt, als würden wir vonseiten des Bundes zu wenig machen. – Das stimmt schlichtweg nicht. Schauen Sie sich einmal die internationale Wertschätzung an, die Deutschland genießt. Ob Sie in den USA sind, ob Sie in Japan sind, ob Sie in Europa unterwegs sind oder wo auch immer: Die Wertschätzung für das, was wir in den letzten Jahren auf Bundesebene in Forschung und Bildung erreicht haben, ist außerordentlich hoch.
(Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht man an den Schulen!)
Wenn das Weltwirtschaftsforum bei seinen Untersuchungen feststellt, dass kein Land so innovativ ist wie Deutschland, dass Deutschland im Jahr 2018 Innovationsmeister ist, dann kann uns das doch ein ganzes Stück stolz machen. Dann hängt das auch damit zusammen, dass wir eben etwas machen und anschippern und kärrnern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, Strukturreformen sind notwendig. Geld ist notwendig. Aber das wird in Zukunft nicht reichen, weil der Schlüsselbegriff in den nächsten Jahren nach meiner festen Überzeugung – wir reden da in unserer Arbeitsgruppe sehr intensiv über einzelne Projekte – das Thema Qualität sein wird. Ich sage ein Beispiel: lebenslanges Lernen.
Früher hätte man gesagt: Programm auflegen, mehr Geld zur Verfügung stellen. Dann gibt es die allgemeinen, traditionellen, konventionellen Bildungsträger, und die werden das unter die Leute bringen. – Wenn wir aber die Situation haben, dass sich die Gesellschaft verändert hat, dass die Gesellschaft ausdifferenziert ist, dass sie hochspezialisiert ist und die Digitalisierung voranschreitet, dann stellen wir letztendlich fest, dass sowohl bei den Arbeitnehmern als auch bei den Unternehmen der Schulungsbedarf immer individualisierter wird und diese Standardpakete diese Probleme einfach nicht lösen werden. Standardpakete zu formulieren, wird teilweise schlichtweg ins Leere gehen. Deswegen ist es notwendig, diese individuellen Bedürfnisse zusammenzuführen.
Wenn wir lebenslanges Lernen und Weiterbildung auf ein neues Niveau bringen wollen, dann müssen wir technologische Möglichkeiten wie eine Plattform generieren und sie weiter nutzen. Genau darum geht es: Statt die bestehenden Strukturen einfach mit mehr Geld auszustatten, müssen wir im Jahr 2018 die Themen durchdenken und fragen: Wo braucht es eine neue Qualität? Wo ist es möglich, durch Technologie zu unterstützen? Beispielsweise beim Thema „lebenslanges Lernen“ ist das zwingend notwendig.
Deswegen bin ich zum Beispiel froh, dass der Kollege Heilmann mit seinem Vorschlag zur Plattform Milla erste Gedankenimpulse gegeben hat. Auch im Ministerium wird darüber nachgedacht. Genau in diese Richtung müssen wir denken, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Qualität ist ein Schlüsselbegriff. Ich nenne noch andere Themen.
Die Verlängerung des Hochschulpakts: In der Vergangenheit ging es primär um die quantitative Erweiterung und darum, neue Studienplätze zu schaffen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag ganz klar committet: In dieser Legislatur geht es nicht um Expansion, sondern um Qualitätssteigerung in der Lehre und an den Universitäten und Fachhochschulen allgemein.
Thema „künstliche Intelligenz“ – die Ministerin hat es angesprochen –: Wenn wir 100 neue Professuren schaffen und wenn wir nicht nur Geld ausgeben wollen, dann ist es zwingend notwendig, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, dass auch die Besten der Besten bereit sind, nach Deutschland zu gehen oder in Deutschland zu bleiben. Da reicht es nicht, zu sagen: Wir geben ein bisschen Geld und schreiben eine neue Professur aus; dann wird sich schon alles finden.
(Marianne Schieder [SPD]: Ja, genau!)
Wir müssen auch für das Klima drumherum sorgen. Die Hochschulen müssen mit der Industrie zusammenarbeiten können, und sie brauchen ein entsprechendes Klima, das wir konzipieren müssen. Das ist ein qualitativ hochanspruchsvoller Prozess, damit das auch gelingt.
Ein weiteres Thema ist die Agentur für Sprunginnovationen, ein zentraler Baustein, um die Ideen insbesondere aus der Grundlagenforschung in die Anwendung zu bekommen. Da gibt es keine Blaupause. Jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt, weiß: Es ist hochanspruchsvoll, es ist risikoreich, und es erfordert vom Parlament bzw. vom Haushaltsausschuss, dass wir im Zweifelsfall akzeptieren, dass es auch mal zwei, drei, vier oder auch fünf Jahre eine Durststrecke gibt. Denn man kann den Erfolg nicht erzwingen; das dauert seine Zeit. Aber dieser Schritt ist notwendig. Das heißt für uns im Parlament, die Art und Weise, wie wir unsere Regierung kontrollieren, ein Stück weit zu ändern.
Es gibt mehrere weitere Themen, die ich aber überspringen will, weil meine Redezeit schon weit vorangeschritten ist. Ich möchte nur noch ein Thema ansprechen, und zwar die Qualität.
Wir diskutieren meistens in Richtung „mehr Geld und schneller“. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir uns wirklich die Mühe machen, in diese Themen einzusteigen, dann brauchen wir bei einigen Themen auch Zeit; dann ist das notwendig.
Frau Ministerin, dass Sie ins Ministerium gekommen sind und gesagt haben: „Ich nehme mir die Zeit, um die Themen zu verstehen“, finde ich absolut richtig. Sie haben unseren Respekt und unsere Rückendeckung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege, eigentlich ist es schon über die Zeit, aber erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung – das geht nämlich auch, Herr Hilse – von Frau Beer?
Gerne, wenn ich meine Rede nachher noch beenden darf.
Nein, Sie sind schon 20 Sekunden über die Zeit.
(Nicola Beer [FDP]: Ich mache es danach!)
Dann machen wir es danach.
(Nicola Beer [FDP]: Ich mache es danach, wenn er fertig ist!)
Sie wollen es bilateral machen. Dann kommen Sie bitte zum Schluss. Sonst muss ich Ihrem Kollegen eine Minute abziehen.
Sie macht es nachher, okay. – Das war noch mein Anliegen. Wenn es um Qualität geht, ist es nicht kriegsentscheidend, ob es einen oder zwei Monate länger dauert. Entscheidend ist, dass das am Schluss steht.
Und wenn es bei einem Thema noch Diskussionsbedarf gibt, ob mit den Ländern oder den Kommunen – wir haben zurzeit zwei Projekte, wo wir jetzt feststellen, dass wir noch einmal feinsteuern müssen –, dann bitte ich um Verständnis. Ich glaube, es gehört auch zur Qualität der Arbeit des Parlaments, dass man einem Ministerium diese Zeit lässt. Entscheidend ist am Schluss, dass Qualität herauskommt.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. Ich bin jetzt mal großzügig und belasse es dabei. Eigentlich müsste ich Ihnen jetzt die Zeit abziehen, aber ich lasse es jetzt, weil Sie der vorletzte Redner sind.
(Abg. Nicola Beer [FDP] meldet sich zu einer Kurzintervention)
– Ich dachte, Sie machen das bilateral. – Dann hat Frau Beer das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7294053 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 65 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |