Gesine LötzschDIE LINKE - Arbeit und Soziales
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja schon wiederholt auf die Größe des Haushalts für Arbeit und Soziales verwiesen worden. Ich finde es immer wichtig, dass man Zahlen ein bisschen auseinandernimmt: Knapp 100 Milliarden Euro aus diesem Einzelplan gehen an die gesetzliche Rentenversicherung. Das ist gut und richtig. Wir müssen alles tun, um die gesetzliche Rente zu stärken. Die Fraktion Die Linke hat dafür gute Konzepte. Ich hoffe, diese können wir bald gemeinsam umsetzen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn wir diese knapp 100 Milliarden Euro aber einmal außen vor lassen, dann sehen wir, wie viel Geld wirklich für Arbeit und Soziales übrig bleibt, nämlich 47,2 Milliarden Euro. Ich möchte Ihnen eine Vergleichszahl geben: Für die Bundeswehr geben wir nach den NATO-Kriterien 47,1 Milliarden Euro aus. Ich finde, das ist ein grobes Missverhältnis. Wir brauchen mehr Geld für Arbeit und Soziales und weniger Geld für Waffen und Kriege.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir werden in den nächsten Jahren mehr Geld für gute Arbeit brauchen. Alle sprechen über Digitalisierung. Wir wissen doch, dass die Digitalisierung die Arbeitswelt revolutionieren wird; das heißt, viele Menschen werden ihren Beruf aufgeben und neue Berufe erlernen müssen. Wir müssen also viel Geld in die Fortbildung der Menschen stecken. Das scheint mir wichtiger zu sein, als neue Waffen zu kaufen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen auch mehr Geld für Langzeitarbeitslose. Es ist gut, dass die Koalition unseren Vorschlag für einen öffentlichen Beschäftigungssektor aufgegriffen hat. Sie nennen es nur anders, Sie nennen es „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Das Problem aber ist, dass Sie für dieses Programm viel zu wenig Geld eingestellt haben. Da müsste deutlich nachgelegt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie wollen 150 000 Stellen schaffen. Aber die Rahmenbedingungen sind viel zu restriktiv. Selbst der Chef der Bundesagentur für Arbeit hat große Zweifel angemeldet, ob dieses Programm umsetzbar ist. Ich finde, diese Zweifel sollten Sie ernst nehmen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Allein die Voraussetzung, sieben Jahre arbeitslos gewesen sein zu müssen, um an dem Programm teilnehmen zu können, schränkt den Teilnehmerkreis doch arg stark ein.
Meine Damen und Herren, die Kanzlerin hat in ihrer Rede in der sogenannten Generaldebatte sehr stolz darauf verwiesen, dass so viele Menschen in unserem Land beschäftigt sind. Aber sie hat nichts dazu gesagt, dass viele Menschen unter prekären Bedingungen arbeiten müssen. Sie hat die Lebenswirklichkeit in unserem Land eben nicht richtig dargestellt, Herr Heil. Ich finde, wir können nicht zulassen, dass sich Menschen mit mehreren Jobs durch den Tag schleppen müssen und trotzdem ihr Leben nicht fristen können. Das muss dringend geändert werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist gut, dass nach vielen Jahren endlich ein Mindestlohn in Deutschland durchgesetzt wurde. Aber dieser Mindestlohn ist viel zu niedrig.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)
Wir sagen, wir brauchen einen Mindestlohn von mindestens 12 Euro. Das muss endlich angegangen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich kann Ihnen das auch vorrechnen: Mit dem jetzigen Mindestlohn können viele Menschen ihre Miete nicht bezahlen. In Köln müsste der Mindestlohn 11,20 Euro betragen, damit die Menschen nicht mit Hartz IV aufstocken müssen, in München sogar 12,77 Euro.
Hinzu kommt erschwerend, dass es viele Arbeitgeber gibt, die beim Mindestlohn tricksen. Da wird alles Mögliche reingerechnet – Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld –, und es werden unbezahlte Überstunden abverlangt. Mit dieser Trickserei muss endlich Schluss sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Dafür brauchen wir eine effektive Kontrolle des Mindestlohngesetzes. Es ist wirklich schlimm, dass noch immer Stellen zur Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohnes fehlen, dass noch immer Stellen nicht besetzt sind, und dass dann, wenn kontrolliert wird, nicht bei denjenigen, die wirklich abzocken, sondern eher bei Kleinen. Ich finde, hier haben wir alle eine Verantwortung, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Nun haben SPD und Grüne ja erkannt, dass Hartz IV unsere Gesellschaft gespalten hat. Es gibt so viel Armut in unserer reichen Gesellschaft. Das ist eindeutig eine Folge der Agenda 2010. Ich finde, wenn man darüber diskutiert, muss man das ernst nehmen. Man muss grundsätzliche Dinge ändern. Man darf nicht nur über Hartz IV sprechen, sondern muss endlich auch über eine gerechte Steuerreform sprechen.
(Beifall bei der LINKEN)
Alle Steuerreformen seit 1998 haben das reichste Hundertstel in unserer Gesellschaft noch reicher gemacht. Das ärmste Zehntel wurde durch die Steuerreformen nicht entlastet, sondern belastet. Diese Belastung machte bei den Armen 5,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, während die Entlastung der Reichen bei 4,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes lag.
Es wird in unserer Gesellschaft also nur Gerechtigkeit geben, wenn wir endlich die Vermögen gerecht besteuern. Dafür kämpfen wir. Die Linke steht für eine gerechte und soziale Gesellschaft.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Ekin Deligöz, Bündnis 90/Die Grünen, ist die nächste Rednerin.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7294128 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 66 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |