Götz FrömmingAfD - Änderung des GG - Bildung, Bau, Verkehr
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich müsste die AfD-Fraktion heute hier die vierfache Redezeit bekommen; denn wie es aussieht, sind wir – auch bei diesem Thema – wieder einmal die einzige wirkliche Opposition im Hause.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, das, was Sie hier praktisch über Nacht zusammengezimmert haben, ist wirklich unglaublich.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Haben Sie die letzten zwei Jahre verpasst?)
Einen solchen Murks hat die Welt noch nicht gesehen. Man muss kein Jurist sein, um das zu erkennen. Bei dem, worüber wir heute sprechen – der Finanzminister ist ja schön ruhig geblieben –, was Sie hier heute vornehmen, handelt es sich um einen Frontalangriff auf die föderalen Strukturen unseres Staates.
(Beifall bei der AfD)
Der vielbeschworene DigitalPakt, den Sie hier alle gerne loben und herausstellen, ist in diesem Zusammenhang nichts weiter als ein trojanisches Pferd, um den Ländern das abzunehmen, was seit 1949 in ihren Hoheitsbereich gehört, nämlich die Hoheit über die Bildung.
Das, was im ersten Entwurf schon schlimm war, ist jetzt unter Mithilfe von FDP und Grünen noch schlimmer geworden. Worum geht es? Im ursprünglichen Entwurf zu Artikel 104c Grundgesetz sollte der Bund direkt in die Bildungsinfrastruktur der Länder, und zwar nicht nur in die der finanzschwachen Kommunen, hineinfinanzieren können. Mit der neuen Regelung könnte der Bund sich nun auch an Personalkosten und der Entwicklung gemeinsamer, also nationaler Bildungsstandards beteiligen, wie wir in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf lesen können. Anders ausgedrückt: Der Bund will den Ländern die Mitsprache in der Bildungspolitik abkaufen und legt dafür die „Axt“ an unser „Grundgesetz“, wie es die „FAZ“ zu Recht formulierte.
Meine Damen und Herren, die Finanzlage der Länder ist in Wahrheit besser als hier oft suggeriert; der Kollege Eckhardt Rehberg gibt dazu sicherlich gerne Auskunft.
(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Wenn Sie es nicht können!)
5 Milliarden Euro für den DigitalPakt, gestreckt auf fünf Jahre und verteilt auf 33 000 Schulen – man muss kein Mathematiklehrer sein, um auszurechnen, was da vor Ort ankommt: pro Schule nur wenige zehntausend Euro. Was machen die Schulen damit? Sie kaufen ein paar Laptops, es gibt vielleicht ein bisschen mehr Internet, und in fünf Jahren sind die Geräte veraltet. Aber das ist dann egal, die schönen Fotos haben die Herren Politiker mit den Schülern und ihren Laptops gemacht.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, die Kritik wächst, nicht nur in den Reihen der AfD, die Kritik wächst auch in den Ländern. Die Länder wachen langsam auf. Auch das ist Teil unserer Oppositionsarbeit.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da müssen Sie selber lachen!)
– Hören Sie mal gut zu! – Das führt zu bemerkenswerten Allianzen:
Schauen Sie nach Baden-Württemberg. Dort gibt es ein interessantes Bündnis. Wer sich die Debatte im Landtag von Baden-Württemberg einmal angehört hat, der hat feststellen können, dass Grüne, CDU und AfD gemeinsam geschlossen gegen diese wahnsinnige Grundgesetzänderung stehen.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie den Gedeon, oder wen?)
Hören Sie sich die Debatten an!
(Beifall bei der AfD – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Da merken Sie, wie falsch das ist!)
Aber es geht noch weiter, meine Damen und Herren. Langsam kriegen Sie das Zittern; denn auch Schleswig-Holstein schwenkt um. Ich zitiere die dortige Bildungsministerin, wieder CDU. Sie sagte:
Eine solch einschneidende Grundgesetzänderung, heimlich und leise quasi als Gegenleistung für den Digitalpakt, das ist kein gutes Verfahren im Umgang mit dem Grundgesetz und ein zu hoher Preis.
Schon bei unserer Expertenanhörung im Haushaltsausschuss am 8. Oktober war die Mehrheit der Experten äußerst kritisch. Eigentlich müssten Sie diese Anhörung jetzt wiederholen, die Experten würden dann nämlich ihre Kritik verschärfen. Diejenigen, die sich zu der Neufassung geäußert haben, finden deutliche Worte. Ich weiß, dass Sie das alles nicht hören wollen, müssen Sie aber. Ich zitiere den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages. Professor Henneke sagte zu Ihrem vorliegenden Entwurf:
Koalition und Opposition haben hier Verfassungsschrott fabriziert.
Das ist Verfassungsschrott, was Sie hier vorlegen.
(Beifall bei der AfD)
Ganz zu Recht warnt auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg vor einer – Zitat – schrittweisen Aushöhlung der Gestaltungsmacht der Länder, die zu Verwaltungsprovinzen des Bundes degradiert werden.
Meine Damen und Herren, die AfD-Fraktion macht bei diesem Projekt nicht mit. Für uns ist Bildung Sache der Länder. Wir hatten eine solche Situation schon einmal: Nach dem Ersten Weltkrieg haben die Sozialdemokraten versucht, die Bildung zu zentralisieren.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Es reicht!)
Nach wenigen Jahren lag das Bildungssystem danieder, und man ist wieder umgeschwenkt auf die bewährten föderalen Strukturen. Die AfD steht zum Föderalismus. Die AfD stellt sich vor unser Grundgesetz. Wir machen bei Ihrer Verfassungsänderung nicht mit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächster Redner ist Andreas Jung, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296237 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 68 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des GG - Bildung, Bau, Verkehr |