29.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 68 / Tagesordnungspunkt 11

Susanne MittagSPD - Änderung des Tierschutzgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die kommenden zwei Jahre werden nicht mit den letzten fünf Jahren zu vergleichen sein.

(Beifall bei der SPD)

Und warum nicht? Weil wir als Gesetzgeber im Nachgang endlich das regeln, was das Landwirtschaftsministerium schon längst hätte regeln müssen.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, hätte es mal!)

Wir sorgen dafür, dass mit der Isofluran-Narkose eine tierschutzgerechte Methode zur Verfügung steht – der Eingriff am Ferkel findet unter Schmerzausschaltung statt und nicht unter Schmerzminderung –,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was braucht es danach noch eine Schmerzbehandlung?)

dass nach den zwei Jahren das deutsche Tierschutzgesetz in diesem Bereich endlich den höchsten Standard hat, und zwar europaweit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In keinem anderen Land ist die Schmerzausschaltung vorgeschrieben. Alle Versuche, auch hier aus diesem Bereich, das Gesetz in dieser Begrifflichkeit zu unterwandern, sind zum Glück fehlgeschlagen.

(Beifall bei der SPD)

Das Ministerium muss bis Ende Mai 2019 eine Verordnung vorlegen, die die Isofluran-Narkose praxistauglich macht. Das ist schon erwähnt worden. Das Gesetz stellt aber auch klar, dass es drei verschiedene tierschutzgerechte Verfahren gibt. Das geht in der Diskussion gelegentlich unter. Wir reden über drei Verfahren. Die Mast junger Eber und die Eberimpfung sind auch schon erwähnt worden.

(Carina Konrad [FDP]: Sie reden über drei Verfahren!)

Die öffentliche Anhörung im Bundestag hat aber auch deutlich gemacht, dass alle drei Verfahren noch nicht vollkommen gangbar sind.

(Zuruf von der FDP: Ja, was kritisieren Sie denn da?)

– Einmal abwarten, und die Nerven bewahren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Geräte für die Isofluran-Narkose sind noch nicht ausreichend auf dem Markt vorhanden. Nicht jeder Tierhalter kann von heute auf morgen sein Haltungsmanagement im Stall auf die Jungebermast umstellen. Und die Schweinemäster werden momentan ihre geimpften Tiere nicht oder kaum los.

Für das erste Problem bezüglich der Isofluran-Narkose schaffen wir mit der Gesetzesänderung eine Lösung. Bald kann der Tierhalter nach einer Schulung die Narkose eigenständig durchführen. Das war bislang nicht so. Das ist für die Praktikabilität unheimlich wichtig, weil für die Menge die Tierärzte fehlen. Es braucht dazu einfach Zeit.

Auch die Jungebermast wollen und müssen wir weiter fördern. Länder wie Spanien mästen ausschließlich junge Eber bei einem niedrigen Schlachtgewicht, damit der unangenehme Ebergeruch gar nicht erst auftritt. Auch in Deutschland ist ja der herrliche Schinken aus Spanien sehr beliebt. Es scheint also zu funktionieren. Die Jung­ebermast muss also auch für Deutschland eine Option sein. Die Tiere mit Geruch, falls er überhaupt auftritt – das ist ein nicht so hoher Prozentsatz, wie es immer gesagt wird –, sind ohne Weiteres im Schlachtvorgang zu identifizieren und herauszunehmen. Allerdings ist nicht nachvollziehbar, wenn Schlachtunternehmen schon einmal im Vorgriff auf diese Maßnahmen die Preise für junge Eber sicherheitshalber senken. Das läuft nämlich auf Markbeeinflussung hinaus, und das bestimmt nicht im positiven Sinne.

(Beifall bei der SPD)

Es liegt nach dieser Gesetzesänderung auch in der Verantwortung des Bundeslandwirtschaftsministeriums, die festgeschriebene Verordnung umgehend zu erlassen

(Carina Konrad [FDP]: Es liegt nur in seiner Verantwortung!)

und die im Entschließungsantrag – er liegt draußen vor und kann gerne noch einmal gelesen werden – aufgeführten Handlungskataloge umzusetzen sowie die dort gesetzten Fristen zu wahren. Es sind jede Menge Fristen festgeschrieben worden, die es einzuhalten gilt.

(Beifall bei der SPD)

Es liegt nicht nur in der Verantwortung der Landwirte, die gesetzlichen Möglichkeiten – drei verschiedene – endlich zu nutzen, sondern auch am Einzelhandel. Auch die Schlachtunternehmen müssen endlich tierschutzgerecht gemästete Tiere vermarkten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das war in den letzten fünf Jahren leider nicht der Fall. Da gab man wieder einmal die Schuld dem legendären Verbraucher, der das alles nicht will. Aber – das ist schon einmal positiv – seit einigen Tagen gibt es erste Zugeständnisse in diesen Bereichen hinsichtlich der Machbarkeit und Notwendigkeit, auch aus dem Bereich der Schlachtindustrie und des Einzelhandels. Wir werden genau beobachten, ob wieder versucht wird, den Tierschutz zu unterwandern oder ob diese Versprechungen wirklich eingehalten werden; denn es ist wichtig, dass der Tierschutz auch in diesen Bereichen endlich realisiert wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was in den letzten fünf Jahren im Landwirtschaftsministerium gelaufen ist oder leider nicht gelaufen ist, darf sich nicht wiederholen. Es wurde Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen, die wir hier einmal gefasst haben, und in den Tierschutz in Deutschland allgemein verspielt. Dieses Vertrauen gilt es wiederherzustellen. Das wird allerdings dauern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Überzeugt werden kann nur durch ein positives Ergebnis. Wir haben deshalb im Entschließungsantrag, der dem Gesetz anhängt, neun Vorhaben genauer beschrieben, wie das befristet in den zwei Jahren umgesetzt werden kann. Wer gerne weiterliest: Dort sind 15 weitere Forderungen im Nutz- und Heimtierbereich formuliert. Auch das ist Tierschutz, der letztendlich umgesetzt werden muss, weil er schon Jahre in der Besprechung, in der Wertung, in der Prüfung usw. liegt. Es wird Zeit, dass das einmal umgesetzt wird. Zum Beispiel: Wir brauchen einen Tierschutz-TÜV für Ställe, Regelungen für nichtkurative Eingriffe, weitere Maßnahmen beim Thema Tiertransporte. Wir brauchen eine Verordnung, die den Verkauf von Tieren auf Börsen und im Internet regelt, Regelungen zu Tierheimen und zur Qualzucht. Wir brauchen die Videoüberwachung an Schlachthöfen. Das sind noch nicht alle Punkte, die aufgeführt sind. Das ist ein Handlungskatalog, der direkt an Frau Ministerin Klöckner geht. Es gibt also jede Menge zu tun, damit die vielen Missstände im deutschen Tierschutzrecht nicht mehr weiter fortgeführt werden.

Die Frist in allen Fällen endet 2019. Dann überprüfen wir unseren Koalitionsvertrag. Ich bin optimistisch, dass wir viele Regelungen haben. Für die letzten fünf Jahre kann Frau Klöckner wenig. Das muss man einmal deutlich sagen.

(Stephan Protschka [AfD]: Aber die SPD!)

Sie war weder im Deutschen Bundestag noch war Frau Klöckner Ministerin. Aber in den kommenden zwei Jahren müssen Sie als Ministerin dafür Sorge tragen, dass Deutschland wirklich eine vorbildliche Position im Tierschutz einnimmt, unabhängig davon, was Verbände meinen, wie Tierschutz zu funktionieren hat.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Gute Rede!)

Das Wort hat die Kollegin Carina Konrad für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296547
Wahlperiode 19
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Änderung des Tierschutzgesetzes
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