29.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 68 / Tagesordnungspunkt 13

Robby SchlundAfD - Änderung des SGB XI - Beitragssatzanpassung

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Werte Gäste! Wir haben zwei Gäste auf den Rängen! 7,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen jährlich, gespült direkt in die Kassen der angespannten sozialen Pflegeversicherung: Wow, was für ein genialer Wurf!

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Wow!)

Keine weiteren Beitragsanpassungen bis 2022 versprach uns die Bundesregierung 2017. Dabei war da schon abzusehen, dass trotz dieser Erhöhung die Pflegekassen mit einem Defizit abschließen würden. Das ist Ende 2017 dann auch eingetreten: ganze 2,4 Milliarden Euro Defizit.

Es ist unverständlich, meine Damen und Herren, warum Sie fehlgeschlagene Lösungsversuche mit weiteren neuen Beitragserhöhungen heilen wollen. Das ist ungefähr so, als ob ein Schüler mit falschem Lösungsansatz für eine Sachaufgabe den gleichen Lösungsansatz noch einmal verwendet, obwohl er bereits eine Sechs bekommen hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn Ihr Lösungsansatz?)

Durch die Anhebung der Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte steigen ab Januar 2019 die Beiträge auf 3,05 Prozent bzw. für kinderlose Beitragszahler sogar auf 3,3 Prozent des Bruttolohns. Doch der ständige Griff in die eh schon dramatisch leeren Taschen der Arbeitnehmer ist absolut der falsche Lösungsweg für diese Sachaufgabe.

(Beifall bei der AfD)

Wir fordern, dass Sie zunächst die Ausgabeseite begrenzen und die Pflegekasse von Zuschüssen zu Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für die pflegenden Angehörigen befreien.

(Otto Fricke [FDP]: Und wer zahlt das alles?)

Dies sollte direkt durch Steuermittel finanziert werden.

(Otto Fricke [FDP]: Das habt ihr nicht im Haushaltsausschuss gesagt!)

Die soziale Pflegeversicherung muss vom direkten Arbeitsverhältnis abgekoppelt werden; denn sie hat dort so wenig zu suchen wie die Kfz-Vollkaskoversicherung. Übrigens schlägt auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, diese Abkopplung vor.

(René Röspel [SPD]: Warum wohl?)

Wir dürfen nicht zulassen, dass unter den Beitragssteigerungen die Wettbewerbsfähigkeit und Exportdynamik der deutschen Wirtschaft leidet.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Das ist ja wie die „Sendung mit der Maus“!)

Mit jedem weiteren Beitragssatzpunkt stünden langfristig 90 000 Jobs auf dem Spiel, so Dr. Hansen von der BDA. Wenn 90 000 Jobs auf dem Spiel stehen, dann kann ich Ihnen jetzt schon ganz genau sagen, liebe Kollegen, dass das nur die Spitze des Eisberges sein wird;

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Welcher Eisberg?)

denn viele Arbeitgeber werden auf die preiswerten Geringverdiener ausweichen. Das müssen Sie den Menschen in diesem Land erklären.

(Beifall bei der AfD – Karin Maag [CDU/CSU]: Können wir! – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Gerne!)

Erklären Sie ihnen bitte auch, dass sie mehr und mehr gezwungen sein werden, zwei oder drei Minijobs anzunehmen, um ihre Familie überhaupt ernähren zu können. Das, meine Damen und Herren, ist absolut unsozial.

(Beifall bei der AfD – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Unsinn!)

Die gerade beschriebene Veränderung im Arbeitsmarkt führt Ihre Berechnung von 7,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen bereits heute ad absurdum. Ich sage Ihnen offen und ehrlich: Wir sprechen uns in ein, zwei Jahren hier in diesem Haus wieder, wenn es erneut um die Defizite in der Pflegekasse gehen wird. Wir, die AfD-Bundestagsfraktion, lehnen deshalb den Gesetzentwurf der Bundesregierung ab.

(Beifall bei der AfD – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das hättest du auch in 30 Sekunden sagen können! – Zurufe von der SPD)

– Es kommt noch ein bisschen was. – Aus unserer Sicht wäre Folgendes überlegenswert und kalkulatorisch zu prüfen: Die Pflegeversicherung sollte vor allem solidarische, soziale und demografische Faktoren berücksichtigen. Neben einem allgemeinen Beitragssatz, einem einkommensabhängigen Zusatzbeitrag, auch unter Einbeziehung der Kapitaleinkünfte, meine Damen und Herren von den Linken,

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Es geht nichts über Experten im Bundestag!)

wäre ein steuerfreier Zuschuss zum Bruttolohn des Arbeitnehmers bei gleichzeitiger Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze die richtige Ergänzung. Ab drei Kindern sollte der Zusatzbeitrag für die Eltern entfallen.

Allerdings sehen wir die Überleitung aller bisher privat Pflegeversicherten in die soziale Pflegeversicherung, wie im Antrag der Partei Die Linke gefordert, eher kritisch. Es ist eine kalte Einführung in die Bürgerversicherung durch die Hintertür. Darum stimmen wir dem Antrag „Pflege solidarisch finanzieren – Beitragserhöhung stoppen“ nicht zu. Wir enthalten uns, weil er trotz einiger sozialer Aspekte falsche Wettbewerbsanreize setzen will.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es ist vereinbart, die Rede von Heike Baehrens, SPD-Fraktion, zu Protokoll zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Das Wort hat die Kollegin Nicole Westig für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296576
Wahlperiode 19
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Änderung des SGB XI - Beitragssatzanpassung
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