29.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 68 / Tagesordnungspunkt 16

Mario BrandenburgFDP - Neue Verfahren in der Gentherapie

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir reden heute über einen Antrag der Freien Demokraten, der ein hochsensibles Thema behandelt. Wir reden über moderne Technologien in der Gentherapie und die Chancen, die eventuell bei der Behandlung von Erbkrankheiten und sonstigen Erkrankungen daraus erwachsen können.

Bisher waren sich vermutlich nur die wenigsten Menschen der Fortschritte bei der Technologie CRISPR/Cas bewusst; aber seit der Behauptung des chinesischen Forschers He Jiankui, zwei genetisch veränderte Babys hervorgebracht zu haben, wurde die Weltöffentlichkeit mit dem technisch Machbaren konfrontiert. Aus genau diesem Grund ist es gut, dass wir dies heute trotz später Stunde im Deutschen Bundestag diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Keine Frage: Der chinesische Forscher hat Grenzen überschritten. Ein Eingriff in die Keimbahn der Embryonen und somit das Vererben der gentechnischen Veränderungen gilt als internationaler Tabubruch. Uns fehlt Wissen und Gewissheit. Trotzdem hält die Genschere CRISPR/Cas in vielen Ländern bereits Einzug in den Alltag. Im Internet kann man sich für 200 US-Dollar sogenannte Genetic Engineering Kits bestellen und bereits eine Hefe genetisch manipulieren. Während solche Experimente in den USA bereits Einzug in den Alltag erhalten, sind sie in Deutschland schlichtweg verboten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Frage, ob wir dürfen, was wir können, ist es nicht mehr getan. Richard von Weizsäcker sagte in seiner Rede zum 40-jährigen Bestehen des Grundgesetzes in Bezug auf die Verselbstständigung der Wissenschaft:

Wir werden das Problem nicht lösen, indem wir die Menschenwürde gegen die Freiheit der Wissenschaft und Forschung ins Feld führen. Es wäre so unrealistisch wie ethisch vage. Wichtig ist eine ungehinderte Information und eine breite Bewusstseinsbildung. Möglichst viele sollten möglichst viel wissen.

Aktuell finden gentherapeutische Studien in den USA, China und Großbritannien statt. Die jüngste Welle der digitalen Revolution, die Verschmelzung von Biotechnologie und Datenverarbeitung zur Verbesserung der Gesundheit und der Lebensdauer, zieht in Teilen an uns vorbei. Die Selbstverständlichkeit, mit der Technologiefirmen versuchen, mal eben die Medizin zu verändern, hat Spreng-, aber auch Symbolkraft. Wollen wir Deutschen wirklich riskieren, dass die Amerikaner oder Chinesen, ähnlich wie in der Digitalindustrie, auch die Genindustrie monopolisieren und wir nur noch Konsumenten ohne Gestaltungsanspruch werden?

(Beifall bei der FDP)

Das kann und darf nicht unser Ziel als Technologienation sein. Denn nur, wer führend in Forschung und Anwendung einer Technologie ist, kann auch die damit verbundenen ethischen Maßstäbe bestimmen. Wir müssen uns fragen, ob der aktuelle Rechtsrahmen für gentechnische Verfahren noch umfassend, konsistent und zeitgemäß ist.

Deutsche Forscher forderten bereits mehrfach, das Embryonenschutzgesetz aus den 1990ern zu novellieren, um einerseits zu enge Grenzen der Forschung verantwortungsbewusst zu lockern, andererseits aber auch Lücken in Bezug auf Keimbahntherapien zu schließen und bestehende Inkonsistenzen mit Blick auf das Stammzellgesetz zu vermeiden.

(Beifall bei der FDP)

Mutmaßliche Verfehlungen wie die des chinesischen Forschers dürfen nicht zu einer generellen Verteufelung von Ansätzen wie CRISPR/Cas führen. Denn was wäre, wenn der chinesische Forscher tatsächlich ein Leben ohne Aids ermöglicht hätte? Wir müssen uns daher immer wieder von neuem fragen: Kann ein falscher Weg vielleicht durch gute Ergebnisse gerechtfertigt werden?

Danke.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Brandenburg. – Als Nächstes der Kollege Stephan Albani, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296603
Wahlperiode 19
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Neue Verfahren in der Gentherapie
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