13.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 71 / Zusatzpunkt 1

Florian HahnCDU/CSU - Brexit

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Weyel, ich weiß nicht, ob Sie in der Tagesordnung die Überschrift zu dieser Debatte gelesen haben. Sie lautet: Brexit. In Ihrem Beitrag aber habe ich nichts zum Brexit und zur Frage, wie der Brexit gestaltet werden soll, der so ungeheuerliche Konsequenzen auch für unser Land hat, gehört. Nichts! Sie haben dafür keine Idee. Sie betreiben allein EU-Bashing.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Peinlich!)

Sie haben in dieser Debatte versagt. Sie haben keinerlei Beitrag dazu geleistet, zu klären, wie wir den Brexit gestalten sollten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das war eine intellektuelle Herausforderung! Das stimmt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten am Anfang eines Wortbeitrags zum Brexit das hervorheben, was für alle Beteiligten einschließlich des Vereinigten Königreiches am besten wäre, nämlich der Exit vom Brexit, die Abkehr vom EU-Austritt.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das hättet ihr gerne!)

Die Umkehr Londons wäre sogar unproblematisch und einseitig von London noch bis Ende März umsetzbar. Beginnen möchte ich deshalb mit dem Text am Ende unseres Antrags, über den wir heute debattieren: Die Tür zur Europäischen Union muss für das Vereinigte Königreich auch in Zukunft offengehalten werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

Im gleichen Atemzug sollte aber auch klargestellt werden – und das sollten wir nicht vergessen, wenn wir über die Konsequenzen debattieren –, wer uns die Suppe eingebrockt hat:

(Zuruf von der AfD: Frau Merkel!)

die britische Regierung, wenn auch nicht die von Theresa May, sondern die des Vorgängers.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Falsch! Frau Merkel!)

Die Lage wird jeden Tag komplexer und unübersichtlicher. Ich möchte deshalb einige aktuelle Fragen aufgreifen. Warum darf das Austrittsabkommen nicht mehr aufgeschnürt werden, wie London es gerne hätte? Bis zum Ende der Verhandlungen zum Austrittsabkommen galt: Nichts ist vereinbart, bis nicht alles vereinbart ist. Umgekehrt muss es dann auch heißen: Einen wichtigen Einzelaspekt infrage zu stellen, bedeutet, das Gesamtpaket infrage zu stellen. Das kann doch jetzt niemand ernsthaft wollen. Es geht dabei nicht um Prinzipienreiterei und auch nicht darum, jemanden zu bestrafen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Doch, darum geht es dauernd!)

Das zeigt die jetzt laufende Debatte über den Backstop.

Warum brauchen wir den Backstop? Beim Backstop geht es ganz konkret um die eminent wichtige Frage der Bewahrung des Friedens auf der irischen Insel und die Bewahrung des Karfreitagsabkommens. Weder London noch wir wollen, dass der Backstop in Kraft tritt. Er wäre nur eine Zwischenlösung für den Fall der Nichteinigung. Besser wäre es natürlich, wenn sich Brüssel und London innerhalb der Übergangsphase auf ein dauerhaftes neues Regime verständigen würden.

Warum ist der Backstop nicht befristet und sieht keine Kündigungsrechte für London vor? Weil wir auf der irischen Insel dauerhaft, unwiderruflich und wasserdicht Zollgrenzkontrollen verhindern wollen. Das wäre nicht gewährleistet, wenn der Backstop befristet wäre oder London ihn einseitig kündigen könnte, ohne dass es eine Anschlussregelung gibt. Zudem würden wir uns in den Verhandlungen über das Zukunftsabkommen in dieser Frage von London abhängig machen.

Sind das nicht theoretische Gedankenspiele? Muss die EU nicht trotzdem einlenken angesichts des Chaos in London?

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie wollen das immer noch!)

Wir sind für dieses Chaos nicht verantwortlich. Das Beste für alle wäre eine Abkehr vom Brexit. Das britische Volk hat zwar vor gut zwei Jahren für den EU-Austritt gestimmt, aber es waren viele Falschinformationen im Spiel. Wenn ich mir das aktuelle Chaos in London anschaue, bin ich mir nicht sicher, ob die britische Bevölkerung sich das so vorgestellt hat.

Stand heute, zweieinhalb Jahre später, wissen wir vor allem, was London nicht will: Es will nicht in der EU bleiben. Es will das vorliegende Austrittsabkommen nicht. Aber die innenpolitischen Probleme des Vereinigten Königreichs können wir nicht lösen, schon gar nicht dadurch, dass wir sehenden Auges Gefahr laufen, in einigen Jahren entweder die Integrität des EU-Binnenmarktes oder den Frieden auf der irischen Insel aufs Spiel setzen zu müssen.

Fazit: Mehrheiten gegen alles Mögliche gibt es in London, aber keine für etwas. Der Ball liegt bei London: harter Brexit, weicher Brexit, kein Brexit – das sind die Optionen. Wir wollen endlich wissen, was London will. Wir wissen, was wir wollen. Wenn es zu einem Brexit kommt, dann wünschen wir uns einen weichen Brexit. Dafür haben wir ein gutes Abkommen. Wir wünschen uns eine friedliche Lösung für Irland. Und wir wünschen uns ein gutes Verhältnis zum Vereinigten Königreich, auch wenn es außerhalb der Europäischen Union ist, ohne dass der Austritt zum attraktiven Prototyp für eine Auflösung der EU wird. So haben wir das auch im vorliegenden Antrag deutlich gemacht. Ich bitte deshalb um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Marco Buschmann, FDP, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7307138
Wahlperiode 19
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Brexit
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