13.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 71 / Tagesordnungspunkt 6

Johannes SteinigerCDU/CSU - Kinderweihnachtsgeld

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Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Glückwunsch, Herr Glaser! Sie haben es tatsächlich gepackt, hier vier Minuten zu reden, ohne überhaupt auf das Thema einzugehen.

(Beifall bei der LINKEN)

– Noch klatscht die Linke. – Ich komme jetzt zurück zur Sache und möchte gleich zu Beginn in aller Deutlichkeit sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei, diesen Antrag hätten Sie heute eigentlich zurückziehen können; denn im Kern fordern Sie ungefähr 100 Euro mehr Kindergeld pro Kind. Wir haben aber schon vor Wochen mehr beschlossen: Es gibt ab kommendem Jahr 120 Euro mehr Kindergeld pro Kind. Ab 2021 erhöhen wir das Ganze auf 300 Euro.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben also viel mehr für die Familien und Kinder in Deutschland getan, als Sie hier vorschlagen. Ihr Antrag ist deshalb eigentlich erledigt, erledigt durch die gute Arbeit in unserer Regierungskoalition.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dass Sie diesen Antrag nicht zurückziehen und uns stattdessen vielleicht sogar für unsere Politik loben, zeigt doch eines: Das Ganze ist ein reiner Schaufensterantrag. Pünktlich zur Adventszeit 2017, im vergangenen Jahr, wurde dieser Antrag eingebracht. Er hat dann hier im Parlament ein Jahr lang geschlummert. Pünktlich zur Adventszeit 2018 wird er wieder herausgekramt,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es geht um Weihnachtsgeld!)

und wir diskutieren ihn heute hier im Plenum. Ihnen geht es also weniger um die Kinder in diesem Land, sondern eher um Ihre eigene Publicity.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da klatscht nicht mal Ihre Fraktion!)

Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, dann liest man darin relativ viel Weihnachtsprosa. Da geht es um Dekoration, da geht es um Festschmuck, Geschenke, Weihnachtstradition und vieles andere. Ich habe mich da, ehrlich gesagt, etwas gewundert. Die Kommunisten und Sozialisten sind ja nicht unbedingt dafür bekannt, dass sie christliche Feste besonders wertschätzen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schauen wir uns den Antrag jetzt im Einzelnen an:

Erstens. Wie lustlos dieser Antrag geschrieben ist, sieht man ja allein daran, dass Sie sich nicht mal die Mühe gemacht haben, kurz auszurechnen, was der ganze Spaß kostet.

(Katja Kipping [DIE LINKE]: Doch!)

Die Linke fordert – ich habe es gerade eben schon erwähnt – im Monat Dezember eine einmalige Leistung von rund 100 Euro für diejenigen – und nur für diejenigen –, die Kindergeld beziehen. Was das kosten soll: keine Angabe. Typisch Linkspartei! Im Antrag fehlen komplett die Kosten. Wie soll sich die Bevölkerung, wie sollen sich die Herrschaften auf der Tribüne denn eine Meinung bilden, wenn Sie hier gar keine haushalterische Hausnummer haben? Meine sehr geehrten Damen und Herren, etwas zu beantragen, ohne es einmal vorher durchzurechnen, ist schwach und einfach unseriös.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber wir sind ja Serviceregierungskoalition und haben deshalb Pi mal Daumen ausgerechnet, dass das Ganze 1,7 Milliarden Euro kosten würde. Gegenfinanzierung in Ihrem Antrag: Fehlanzeige! Nirgends auch nur ein Wort dazu, wo das Geld herkommen soll.

Dieser Antrag verstrickt Sie zweitens in Widersprüche. Sie wollen uns diese 100 Euro hier als großen Wurf verkaufen. Auf der anderen Seite haben Sie, als wir vor einigen Wochen über die Frage der Kindergelderhöhung in zwei Schritten diskutiert haben – erst um 120 Euro pro Jahr, ab 2021 dann um 300 Euro pro Jahr –, nicht mitgestimmt. Das muss ja mal einer kapieren, dass Sie hier etwas fordern und dann, wenn wir es einbringen, nicht mitstimmen. Ist ja klar: Kommt von der Regierung; dann kann man als Opposition nicht zustimmen. – Also: Widersprüche.

Drittens ist dieser Antrag auch steuersystematisch ein Widerspruch in sich; denn wir haben ja seit vielen Jahren ein bewährtes Verfahren. Wir prüfen zunächst, wie viel eine Familie für die Finanzierung eines Kindes jährlich mindestens braucht. Das stellen wir dann über den Kinderfreibetrag steuerfrei. Das nennt sich Freistellung des Existenzminimums. Dazu passen wir seit vielen Jahren das Kindergeld für diejenigen entsprechend an, die von der Steuerfreiheit nicht profitieren. Das nennt sich soziale Gerechtigkeit. Beides haben wir gerade erst wieder gemacht, und das sollten Sie eigentlich mitbekommen haben.

Warum soll das im Übrigen zu Weihnachten anders sein? Das Existenzminimum ist über das Jahr hinweg genau gleich, auch in der Adventszeit. Natürlich ist es an Weihnachten ein bisschen anders: Es gibt ein bisschen anderes Essen, eine andere Stimmung, vielleicht auch ein bisschen anderes Wetter. Sicher ist es aber nicht anders, was die Logik des Steuerrechts angeht. Auch wir wollen natürlich alle Familien fördern, und das auch zu Weihnachten. Deswegen passt uns an Ihrem Antrag auch nicht dieser einseitige Fokus nur auf diejenigen, die Kindergeld beziehen. Es passt uns nicht, dass Sie diejenigen, die vom Kinderfreibetrag profitieren, hier überhaupt nicht adressieren. Wir als Koalition machen lieber echte Entlastungspolitik. Ich habe das Familienentlastungsgesetz genannt. 10 Milliarden Euro, die wir im nächsten Jahr an zusätzlicher Entlastung hier auf den Weg bringen, helfen den Familien in Deutschland wirklich mehr als ein Kinderweihnachtsgeld von 100 Euro.

(Zuruf von der LINKEN: Großer Beifall!)

Mir ist aber auch wichtig, dass wir noch ein anderes Thema ansprechen. Denn statt über das Verteilen von Weihnachtsgeschenken sollten wir lieber darüber sprechen, wie wir Kinderarmut effektiv bekämpfen können.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist mal eine gute Idee!)

Dass Ihr Vorschlag im Übrigen hier keine Abhilfe bringt, liegt auf der Hand. Das sagt sogar der Deutsche Kinderschutzbund, der darauf hinweist, dass Ihr Vorschlag überhaupt keinen Beitrag leistet, um Kinderarmut in Deutschland nachhaltig zu bekämpfen. An dieser Stelle kann ich dem Deutschen Kinderschutzbund nur zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ja, wir haben in Deutschland Kinder in schwierigen sozialen Lagen. Um sie müssen wir uns kümmern. Wir müssen den Kindern in Deutschland deshalb Chancen bieten. Ein Kinderweihnachtsgeld bringt da aus meiner Sicht nichts. Der Schlüssel ist vielmehr: Bildung, Bildung, Bildung. Bildung ist Länderaufgabe. Aber wir nehmen uns als Bund hier nicht aus der Verantwortung, Stichwort „DigitalPakt“. Daher an dieser Stelle noch mal der Appell an die Länder – den können Sie dann gerne auch mitnehmen –: Die Länder dürfen den DigitalPakt im Bundesrat nicht weiter blockieren, sondern das Geld muss jetzt schnell in die Schulen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Im Koalitionsvertrag steht der einfache, aber klare Satz: „Wir bekämpfen Kinderarmut“. Es wurde schon erwähnt: Wir werden hier demnächst das Familienstärkungsgesetz auf den Weg bringen und im Schulstarterpaket die Unterstützung für Ranzen, Federmappen, Stifte, Hefte, Lern-Apps und anderes von 100 Euro auf 150 Euro erhöhen. Wir werden zusätzlich die vollen Kosten für die Fahrkarten zur Schülerbeförderung übernehmen. Wir wollen das Mittagessen in Schulen und Kitas kostenlos machen. Am Ende des Tages profitieren bis zu 1 Million Kinder davon, und das ist, glaube ich, richtig, um in Deutschland Kindern und Jugendlichen Chancen zu geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir werden darüber hinaus auch am Kinderzuschlag arbeiten. Der ist ja geschaffen worden für diejenigen, die ein geringes Einkommen haben. Mit dem neuen Gesetz wollen und werden wir dafür sorgen, dass wir mit dem Zuschlag 500 000 Kinder mehr erreichen als bisher. Mehr Kindergeld, Erhöhung des Kinderfreibetrages, Familienentlastungsgesetz, das haben wir bereits beschlossen. Mehr Unterstützung für den Schulstart, Erweiterung des Kinderzuschlags im Familienstärkungsgesetz, das werden wir bald beschließen. Das hilft allen Kindern und Familien in Deutschland, und deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. Er hilft uns hier nicht weiter.

Ich wünsche Ihnen allen noch eine schöne Restadventszeit und dann ein frohes Weihnachtsfest.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Den Kindern nicht!)

Vielen Dank dafür. – Nächster Redner ist für die Fraktion der FDP der Kollege Markus Herbrand.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7307195
Wahlperiode 19
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Kinderweihnachtsgeld
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