Ulla SchmidtSPD - Information über Schwangerschaftsabbruch
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rede hier als ein Mitglied dieses Parlaments, das an den Diskussionen um den § 218 beteiligt war. Es ging um die schwierige Lösung des Konfliktes zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Schutz des ungeborenen Lebens. Bei dem Ringen ging es immer wieder darum, Frau von Storch, sich an die Seite des Lebens zu stellen, und zwar nicht nur an die Seite des ungeborenen Lebens. Wir wollten das Ja von Familien zum Kind erleichtern und das Leben mit Kindern durch den immer weiteren Ausbau von familienpolitischen Leistungen, durch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und durch vieles andere mehr besser machen, weil das auf der Tagesordnung stand.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Frau Kollegin Bauer, Sie haben in der Diskussion hier von „zutiefst beschämend“ und vielen anderen Dingen geredet. 1992 hat der Deutsche Bundestag auf einen Gruppenantrag hin, der von den Freien Demokraten und den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten initiiert wurde, die Fristenregelung auf den Weg gebracht. Im Grunde genommen ging es um die Frage, was in der DDR galt und welche Regelungen wir auch angesichts unserer Verfassung und Artikel 1, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist, auf den Weg bringen können.
Der § 218 sah damals eine Fristenregelung von zwölf Wochen, eine ergebnisoffene Beratung und eine Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung vor, damit die Frauen auch eine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen konnten. Im Übrigen: Von 10 der damals 13 Mitglieder der PDS erhielt er Ja-Stimmen, und auch 6 der damals 8 Grünen stimmten zu. Der § 219a ist damals so, wie er jetzt im Gesetz steht, verabschiedet worden, und keiner hatte den Versuch gemacht, ihn zu streichen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Dieses Gesetz ist 1993 vom Bundesverfassungsgericht als nicht konform mit Artikel 1 des Grundgesetzes angesehen worden. Es hat gesagt: Der Schutz des Lebens kommt zu kurz. – Deshalb haben wir – auch wieder gemeinsam: FDP, SPD und CDU/CSU – das Schwangeren- und Familienhilfegesetz auf den Weg gebracht, das ganz entscheidende Regelungen und auch eine Änderung des § 219 in Bezug auf die Beratung brachte.
Der § 219a ist auch damals nicht angetastet worden, weil wir in einem Konflikt standen. Auf der einen Seite war ganz klar, dass das keine medizinische Leistung wie jede andere ist – deshalb durfte das von den Krankenkassen nach den Auflagen des Bundesverfassungsgerichts auch nicht mehr finanziert werden –, und auf der anderen Seite wurde Werbung nicht als angemessen angesehen. Deshalb wurde das alles mit unser aller Stimmen – nur damit wir immer bei der Wahrheit bleiben – verabschiedet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Frau Kollegin Schmidt, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schauws?
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, dass wir mit der Debatte und den Regelungen für viele Jahre zu einer gesellschaftlichen Befriedung bei diesem Thema beigetragen haben. Menschen unterschiedlicher Auffassungen konnten damit leben.
Ich sage Ihnen: Die Diskussionen, die wir alle sehr emotional geführt haben, haben eines immer gezeigt, nämlich den Respekt vor denen, die anders denken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])
Ein Parlament muss eben alle Belange mit einbringen und dann dafür sorgen, dass man zu einem Kompromiss kommt.
Ich sage mal: Der Kompromiss, den wir heute hier zur Abstimmung stellen, ist ein Riesenfortschritt, weil er für die Frauen den uneingeschränkten Zugang zur Information sicherstellt, und das ist für mich das Wichtigste.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Frau Kollegin Schmidt, bei aller Wertschätzung: Sie müssen zum Schluss kommen.
Er erlaubt es den Ärztinnen und Ärzten, darüber zu informieren, dass sie Abbrüche durchführen. Die Frauen können nun alle Informationen über zentrale Listen und viele andere Informationsquellen – Hotlines und auch öffentliche Stellen – erhalten.
Frau Kollegin Schmidt, bitte.
Deshalb sage ich: Wir hätten gerne den § 219a abgeschafft, aber dies ist ein Kompromiss, der einen Riesenfortschritt für die Frauen bringt.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Schmidt. – Trotz der zeitlichen Enge, in der wir uns bei diesem wirklich wichtigen Thema befinden, erlaube ich eine Kurzintervention der Kollegin Schauws.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7328948 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | Information über Schwangerschaftsabbruch |