Michael FrieserCDU/CSU - Information über Schwangerschaftsabbruch
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass es sich um einen schwierigen Kompromiss handelt, hat diese Debatte mehr als demonstriert. Um am Anfang gleich die Begriffsverwirrung einigermaßen zu klären – es gibt überhaupt keine Frage –: Im Kontext der §§ 218, 219a macht ein Arzt oder eine Ärztin, der oder die Schwangerschaftsabbrüche durchführt, Werbung, und wer das nicht tut, informiert.
Hier gibt es keine Nebelkerzen zu werfen. Es gilt aber deutlich darauf hinzuweisen – um das noch einmal klarzustellen –: In der Gesamtsystematik der §§ 218 ff. – das ist als Stufenlösung angelegt – kommt es als integralen Bestandteil auf § 219a an. Er steht nicht durch Zufall dort, sondern weil das Bundesverfassungsgericht eindeutig davon ausgeht: Einen Schwangerschaftsabbruch ohne Beratung soll und darf es nicht geben, weil es sich um keinen normalen ärztlichen Eingriff handelt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist keine Petitesse, weil ein Schwangerschaftsabbruch kein normaler ärztlicher Eingriff ist. Es ist eine Frage von Leben und Tod. Wie eine Gesellschaft am Anfang und am Ende des Lebens mit ihrem höchsten möglichen Rechtsgut, dem Leben und der Würde, umgeht, entscheidet auch über den zivilisatorischen Gehalt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Deshalb ist diese Entscheidung bzw. diese Diskussion so wichtig.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der FDP-Fraktion?
Im Augenblick nicht, danke.
Es geht natürlich um die Balance, den Ausgleich von uns wichtigen Werten in dieser Diskussion – das ist oftmals angeklungen –: das Selbstbestimmungsrecht der Frau in schwierigster Situation, aber eben auch der Schutz des ungeborenen Lebens. Deshalb muss ich sagen: Der 1995 gefundene Kompromiss, um den es geht, kann nur dann funktionieren, wenn dieses Stufensystem tatsächlich eingehalten wird. Dieses ganz elementar intime Verhältnis zwischen Patientin und Arzt, in dem diese Form von Aufklärung stattfinden muss, soll und muss am Ende dieses Prozesses stehen. Nur deshalb können wir uns eine international vergleichsweise liberale Fristenlösung überhaupt vorstellen.
Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, das anders zu sehen. Natürlich hat es etwas mit der Berufsausübung von Ärzten zu tun, aber wenn Sie es darüber regeln wollten, müssten Sie in einem Wertgutachten in der Frage, was wir als Gesellschaft davon halten, zu dem Ergebnis kommen: Es handelt sich um eine reguläre ärztliche Maßnahme. Deshalb funktioniert es nicht über das Berufsausübungsrecht der Ärzte.
Wir können die Frage nicht im Ordnungswidrigkeitenrecht regeln, weil dann die Staatsanwaltschaften, wenn wir ihr das ganze Instrumentarium des StGB über die StPO nehmen, tatsächlich mit dieser Frage nicht mehr arbeiten könnten – bis hin zur Einstellung des Verfahrens. Deshalb ist es ganz besonders notwendig, dass diese Systematik tatsächlich zusammengehalten wird.
Information als Vorstufe ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Stufenlösung, die integraler Bestandteil der Fristenlösung ist: Das ist die Idee, wie man in diesem Land mit der äußerst schwierigen Frage eines Schwangerschaftsabbruchs umgeht.
Deshalb muss ich sagen: Aktivisten zu sein, das hat noch niemandem geholfen. Die haben an keiner Stelle in diesem Land das Leben in irgendeiner Art und Weise besser gemacht.
Ein letzter Satz: Auch das ungeborene Leben zu schützen, ist das oberste Rechtsgut, das diese Gesellschaft verteidigen muss. An dieser Frage kommt niemand von uns vorbei. Diese Frage darf und kann auch niemanden kaltlassen.
Deshalb muss ich auch für uns als Union sagen: –
Herr Kollege, bitte.
– Das ungeborene Leben hat zwischen sich und dem Tod nur die Verpflichtung der Mutter zur objektiven Beratung. Ist das wirklich zu viel?
Herr Kollege, das waren mehrere Sätze. Sie haben jetzt einen letzten Satz.
Wir sagen Nein und kommen deshalb zu dem Ergebnis: Auch das dient der Findung dieses Kompromisses.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7328952 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | Information über Schwangerschaftsabbruch |