Alexander Graf LambsdorffFDP - Ein Europa der Zusammenarbeit souveräner Nationen
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! In gewisser Weise ist diese Debatte eine Zeitreise in die Anfangszeit der AfD, die Zeit der Euro-Kritiker Lucke, Henkel und Starbatty, die Zeit, in der Volkswirte der Meinung waren, man bräuchte eine politische Kraft, die den Euro ein bisschen kritisiert. Diese Leute haben diese Partei längst verlassen, weil Sie sich nicht mehr im demokratischen Konsens befinden.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind herausgedrängt worden! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind nicht freiwillig gegangen!)
Sie sind nach rechts abgedriftet. Was wir heute haben, ist also die zweite Generation der AfD. Die Thesen der zweiten Generation sind Inhalt im vorliegenden Antrag.
Wir wollen uns aber sachlich mit diesen Thesen und mit diesem Antrag auseinandersetzen; denn es ist richtig und wichtig, über Europa zu debattieren. Ich zitiere aus dem Antrag:
Weder der deutsch-französische Freundschaftsvertrag
– der Élysée-Vertrag, also der Anlass für diese Debatte –
noch die EWG sahen Eingriffe in die Souveränität der Länder vor.
Seit 1951 gab es die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Es gab eine Hohe Behörde, die ermächtigt war, gemeinsame Entscheidungen für alle Mitgliedsländer zu treffen. Die Kommission von heute ist nichts anderes als die Fortsetzung der Hohen Behörde. Meine Damen und Herren, es ist einfach sachlich falsch, was Sie hier aufschreiben.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Zweiter Punkt. Ich zitiere noch einmal:
Die Hauptaufgaben der neuen EU sollten in der gemeinsamen Zoll- und Handelspolitik … liegen, wobei politische Beschlüsse stets nur auf nationaler Ebene erfolgen können.
Eine neue EU, so schreiben Sie, soll freien Verkehr von Gütern ermöglichen. Wie stellen Sie sich denn bitte schön eine gemeinsame Zoll- und Handelspolitik vor, wenn wir keine gemeinsame Entscheidung treffen können, sondern das jeweils national gemacht wird? Wir haben dann also einen Zoll auf Textilien, auf Lebensmittel, Maschinen und Anlagen in Deutschland von 10 Prozent, in Frankreich von 20 Prozent, in Polen von 30 Prozent, gleichzeitig aber freien Güterverkehr. Das ist wirtschaftspolitisch völlig unmöglich. Auch hier, meine Damen und Herren: Die AfD liegt sachlich einfach voll neben der Spur.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Drittens schreiben Sie:
Der Euro ist auch eine volkswirtschaftliche Katastrophe für Deutschland …
Das nicht gerade euromantische Centrum für Europäische Politik in Freiburg, das CEP, hat vor kurzem eine Studie veröffentlicht, in der es nachgewiesen hat, dass zwischen 1999 und 2017 kein Land mehr vom Euro profitierte als die Bundesrepublik Deutschland; ein Reingewinn für die deutsche Volkswirtschaft von 1,9 Billionen Euro.
(Jürgen Braun [AfD]: Was sagt Herr Schäffler dazu?)
Sie wollen den Euro abwickeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo finden Sie einen einzigen Verband der deutschen Wirtschaft, der Ihnen da folgt? Es gibt keinen Verband und kein Unternehmen, die den Euro rückabwickeln wollen. Das ist eine unsinnige Forderung, für die Sie überhaupt keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung oder in der Wirtschaft haben.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Mein letzter Punkt. Sie schreiben weiterhin:
Eine demokratische Legitimation
– der Europäischen Union –
ist nicht in ausreichendem Maße gegeben.
Sie schlagen gleichzeitig vor, das Europäische Parlament abzuschaffen, stellen aber dennoch Kandidaten für die Wahl zum Europäischen Parlament auf.
(Dr. Harald Weyel [AfD]: Das ist Demokratie!)
Meine Damen und Herren, das ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen an alle, die uns jetzt von außen zuschauen: Tun Sie das den armen Kandidaten von der AfD bitte nicht an. Geben Sie ihnen keine Stimme, damit sie in ein Parlament einziehen müssen, das sie abschaffen wollen.
(Zurufe von der AfD: Oh!)
Verschonen Sie die AfD vor dem harten Schicksal, in Brüssel Entscheidungen für unseren Kontinent treffen zu müssen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Ursula Groden-Kranich das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7335480 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 87 |
Tagesordnungspunkt | Ein Europa der Zusammenarbeit souveräner Nationen |