Fabio Valeriano Lanfranco De MasiDIE LINKE - Deutsch-französisches Parlamentsabkommen
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Chers Collègues! Laut amtlichem Handbuch des Bundestages ist Herr Kleinwächter ledig. Ich muss sagen: Nach Ihren Ausführungen zum Eheleben überrascht mich das irgendwie nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Fraktion befürwortet selbstverständlich eine engere deutsch-französische Zusammenarbeit. Wir meinen aber, Europa über Rüstung einen zu wollen, so wie es im Aachener Vertrag angelehnt ist, darüber, dass man Waffenexporte nach Saudi-Arabien erleichtert, wird nicht gelingen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Linke ist überzeugt – der Brexit zeigt es ja –, dass der Zusammenhalt in der EU schwindet. Wir sind überzeugt: Wer den europäischen Zusammenhalt sichern will, der muss etwas für den sozialen Zusammenhalt in der EU tun.
(Beifall bei der LINKEN)
Selbst Präsident Macron, der in Frankreich bisher als Präsident der Reichen galt, hat unter dem Druck von Protesten angefangen, über soziale Reformen in der EU zu reden, Beispiel: Mindestlöhne. Gemeint ist nicht ein einheitlicher Mindestlohn in Bulgarien und Schweden; der wäre für Bulgarien zu hoch und für Schweden zu niedrig. Gemeint ist, dass überall in Europa 60 Prozent der nationalen Durchschnittslöhne als Mindestlohn gelten soll. In Deutschland läge der Mindestlohn dann bei über 12 Euro, wie es Die Linke fordert,
(Beifall bei der LINKEN)
was auch nötig ist, um zu verhindern, dass Menschen, die ihr ganzes Leben lang geschuftet haben, im Alter zum Amt müssen.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer müsste als Saarländerin Frankreich eigentlich verstehen. Sie hatte für diese Vorschläge von Herrn Macron aber nur ein Nein übrig. Sie ist noch nicht Kanzlerin; aber sie ist bereits „Madame Non“. Der außenpolitische Berater des großen Europäers Helmut Kohl, Horst Teltschik, erinnerte kürzlich daran, dass Europa Krisen immer dann meisterte, wenn sich Deutschland, Frankreich und auch Russland – wie beim Minsker Abkommen für die Ukraine – an einen Tisch setzen.
Im Antrag der Großen Koalition steht, wir sollten transatlantisch bleiben und europäisch werden. Wir meinen aber: Wenn die EU ihre Interessen ernst nimmt, muss sie sich vom Rockzipfel Donald Trumps lösen.
(Beifall bei der LINKEN)
Dazu gehört auch, wie es Herr Kubicki gestern gefordert hat, dem US-Botschafter Richard Grenell einen Rückflug in die USA zu spendieren, wenn er sich weiter danebenbenimmt.
(Beifall bei der LINKEN – Peter Beyer [CDU/CSU]: Dummes Zeug!)
Die deutsch-französische Zusammenarbeit wäre eine Chance, Europa aus der Depression zu führen. Meine Fraktion hat eine tiefere Zusammenarbeit zwischen Assemblée nationale und Bundestag mit großer Sympathie begleitet; aber die GroKo hat hierbei fast alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte.
Erstens. Monatelang warteten wir auf den Aachener Vertrag der Regierungen. Im Januar – die Kollegin Beer hat daran erinnert – wollten wir dieses Abkommen dann auf den Weg bringen; aber weil Herr Macron und Frau Merkel dann doch mit ihrem Vertrag fertig wurden, hat man das kurzerhand abgesetzt. Frei nach dem Motto von Ludwig XIV.: „ L’état c’est moi.“
Zweitens. Der Aachener Vertrag, der durchaus auch sinnvolle Aspekte bei Kultur und Forschung enthält, setzt einen völlig falschen Schwerpunkt auf Aufrüstung. Wer meint, die EU sei in der Krise, weil zu wenig Waffen oder Flugzeugträger produziert werden, weil der militärisch-industrielle Komplex in Europa noch nicht mächtig genug ist, der hat nichts verstanden, verehrte Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Kriege im Nahen und Mittleren Osten haben Terror, Staatenverfall und Flucht begünstigt. Mehr Aufrüstung bedeutet eben nicht mehr, sondern weniger Sicherheit und Stabilität in Europa.
Drittens. Wir haben von einer geheimen Nebenabrede aus der Presse erfahren, wonach die Bundesregierung kein Veto bei gemeinsamen Rüstungsprojekten mit Frankreich einlegen wird, wenn die Waffen zum Beispiel nach Saudi-Arabien, an eine Diktatur, an Sponsoren des internationalen Terrorismus, geliefert werden. Die Begründung ist geradezu zynisch: Europe United, ein gemeinsames Europa, erfordere, dass wir unsere nationalen Waffenexportrichtlinien aufweichen. Das, verehrte Damen und Herren, ist ein Missbrauch der europäischen Idee.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Geht es um die Euro-Zone, um die schwarze Null oder eine Mindestlohnrichtlinie, soll die EU immer deutsch sprechen; aber bei Rüstungsexportrichtlinien oder einer echten Finanztransaktionsteuer entdeckt die GroKo ihr Herz für Europa, und angeblich ist nichts alleine durchsetzbar. Das nimmt Ihnen keiner ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Viertens. Die Große Koalition will nun die sogenannte doppelte Mehrheit in der Geschäftsordnung der deutsch-französischen Versammlung verankern, damit ja nichts gegen die Mehrheit von Herrn Macron in Frankreich oder die Mehrheit von Frau Merkel in diesem Haus entschieden werden kann.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Schwerer Fehler!)
Dann könnten die Parlamente aber auch gleich getrennt beraten. Das ist doch absurd, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deutschland und Frankreich könnten Hoffnung für Europa stiften mit stärkerer Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Investitionen, gegen Jugendarbeitslosigkeit oder gegen den Klimawandel, bei Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, auch solchen in der EU, bei Abrüstung oder bei einem Friedensdienst junger Deutscher und Franzosen, bei Forschungen im Bereich der künstlichen Intelligenz und auch bei der Bildung für natürliche Intelligenz, bei Kultur und deutsch-französischen Medien wie Arte. Das wäre im Geist von Égalité, Liberté und Fraternité.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich fasse zusammen: Die Linke hat sich bemüht, zwischen dem Aachener Vertrag und dem Parlamentsabkommen zu unterscheiden. Wir erkennen auch die redlichen Bemühungen von Herrn Jung, für Ausgleich zu sorgen, an. Aber die ganze Hinterzimmerposse um dieses Parlamentsabkommen hat es uns verleidet. Sie überzeugt uns nicht. Deswegen wird meine Fraktion dem Parlamentsabkommen mehrheitlich nicht zustimmen. Die Linke fühlt sich der deutsch-französischen Freundschaft verpflichtet,
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das ist schön!)
aber nicht der Rüstungsindustrie und nicht den Regierungen in Berlin und Paris.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Franziska Brantner, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Andreas Jung [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7336751 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Deutsch-französisches Parlamentsabkommen |