10.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 94 / Zusatzpunkt 1

Caren LayDIE LINKE - Aktuelle Stunde: Wohnraummiete in Deutschland

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über 55 000 Menschen waren wir am Wochenende auf der Straße, um gegen die Mietenpolitik dieser Bundesregierung zu demonstrieren. Das war ein Riesenerfolg der Mieterinnen-und-Mieterbewegung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte mich bei allen Initiativen, die das organisiert haben, bedanken. Großartig, was ihr dort losgetreten habt!

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Toll!)

Jetzt regen Sie sich auf. Natürlich war die linke Bausenatorin mit auf der Straße. Es waren sogar drei Senatorinnen und Senatoren auf der Straße.

(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Die gegen sich selbst protestieren!)

Es waren zwei linke Parteivorsitzende dabei, um gegen Ihre Politik zu demonstrieren. Das ist doch gut so. Wir sind Teil dieser neuen Mietenbewegung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, meine Damen und Herren, es war auch der Auftakt der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, die in Windeseile, an einem einzigen Tag, über 15 000 Unterschriften gesammelt hat. Was für ein fulminanter Start einer Bürgerbewegung! Meinen herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der LINKEN – Karsten Möring [CDU/CSU]: Ich glaube, sie muss zurücktreten, die Frau Senatorin!)

Jetzt regen sich die Vertreter der Union hier auf und sagen, die Forderungen seien zu radikal. Jahrelang haben Sie gar nichts getan, um die Mietenexplosion einzudämmen. Tatenlos haben Sie zugesehen, wie Hunderttausende aus ihren Wohnungen geflogen sind, und jetzt regen Sie sich auf. Sie treiben die Leute aus ihren Wohnungen und wundern sich, wenn sie auf die Straße gehen. Das ist ja wohl absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, es gibt mildere Mittel jenseits der Enteignung: den Mietenstopp, die Abschaffung der Modernisierungsumlage,

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Bloß nicht modernisieren! Schön alles kaputtmachen lassen!)

Kampf gegen Spekulationen und die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit. Das alles haben wir hier mehrfach vorgeschlagen. Sie haben es immer abgelehnt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben Deutsche Wohnen, Vonovia und Co einfach gewähren lassen, obwohl doch jeder hätte wissen können, welche aggressiven und skrupellosen Strategien sie gegen die Mieterinnen und Mieter praktizieren.

(Karlheinz Busen [FDP]: So ein Quatsch!)

Da darf man sich doch nicht wundern, wenn die Leute es irgendwann selbst in die Hand nehmen, ein Bürgerbegehren starten und ihre Forderungen radikalisieren. Das ist doch völlig logisch.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So was kommt von so was! – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Was wollen Sie denn? Schöner Wohnen? Margot Honecker?)

Ja, jetzt schreien alle „Hilfe!“ und „Gewalt!“, wenn sie das Wort „Enteignung“ hören. Mal davon abgesehen, dass das bei Braunkohle und Autobahnen an der Tagesordnung ist, frage ich Sie:

(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Das ist doch etwas völlig anderes! – Daniel Föst [FDP]: Das ist doch etwas völlig anderes!)

Wo war Ihr Aufschrei bei der faktischen Enteignung von Hartz‑IV-Betroffenen durch zu geringe Wohnkostenzuschüsse?

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Wohnen die auf der Autobahn, oder was?)

Wo war Ihr Aufschrei bei der Enteignung der städtischen Mieterinnen und Mieter durch die Mietenexplosion? Da haben Sie geschwiegen. Das ist doch eine einzige Heuchelei.

(Beifall bei der LINKEN – Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Das müssen Sie gerade sagen!)

Die FDP, also der parlamentarische Arm von Deutsche Wohnen und Vonovia, sagt jetzt: Bauen statt klauen.

(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: GSW sage ich da nur! Privatisieren!)

Wissen Sie was? Michael Zahn, der Chef von Deutsche Wohnen, zahlt sich an Gehalt 4,5 Millionen Euro im Jahr aus. Rolf Buch, der Chef von Vonovia, zahlt sich 5,7 Millionen Euro in einem einzigen Jahr.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da ist Enteignung doch angesagt!)

Und wer bezahlt das? Das bezahlen Hartz-IV-Betroffene,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Genau!)

Rentner und Geringverdiener; das bezahlen arme Leute. Das ist doch der eigentliche Klau.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der eigentliche Skandal ist, dass börsennotierte Aktiengesellschaften überhaupt Wohnungen besitzen dürfen. Die steigern die Rendite für die Aktionäre auf Kosten der Mieterinnen und Mieter. Für uns als Linke ist eines klar: Mit Wohnungen darf nicht an der Börse spekuliert werden. Wohnen ist ein Grundrecht und keine Ware.

(Beifall bei der LINKEN – Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Das haben Sie doch gezeigt mit der GSW! Sie waren das doch!)

Enteignen und Bauen ist kein Widerspruch. Wir haben doch hier einen Vorschlag für ein großes Neubauprogramm nach Wiener Vorbild gemacht, mit dem in den Händen von Städten und Genossenschaften 1,5 Millionen Wohnungen hätten entstehen können. Sie haben es abgelehnt. Und jetzt wollen Sie die Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau bei diesen Haushaltsverhandlungen kürzen. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN – Kai Wegner [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

Ich verstehe – das will ich schon sagen –, wenn sich FDP und Union jetzt ein Stück weit über die Aussagen von Robert Habeck aufregen. Ich finde es positiv.

(Christian Lindner [FDP]: Wir finden es auch positiv! – Daniel Föst [FDP]: Sie haben Investitionen verhindert!)

Klar, er hat mit Ihnen in der Koalition in Schleswig-Holstein noch die Abschaffung der Mietpreisbremse verhandelt. Jetzt ist sie beschlossen worden. Jetzt ist er für Mietobergrenzen und denkt über Enteignungen nach. Ich finde, das ist eine überaus positive Entwicklung, ein guter Lerneffekt,

(Beifall bei der LINKEN)

und ich hoffe, dass sich die Grünen im Zuge dessen in Berlin auch klar positionieren werden.

(Dr. Christian Jung [FDP]: Das ist toll, dass Sie die Grünen loben!)

Das haben sie bisher nämlich noch gar nicht getan.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid ja alle neidisch!)

Meine Damen und Herren, ich finde, es kann so, wie es ist, nicht bleiben. Alle haben gesagt, dass sie etwas für Mieterinnen und Mieter tun wollen. Ich möchte einen ganz konkreten Vorschlag machen: Lassen Sie das mit diesen Sonntagsreden! Sie können hier und heute unterschreiben.

(Daniel Föst [FDP]: Und Sie in Berlin!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Torsten Schweiger [CDU/CSU]: Gerade eine Sonntagsrede gehört!)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Christian Kühn, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulli Nissen [SPD]: Jetzt gibt es Krach!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7343149
Wahlperiode 19
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Wohnraummiete in Deutschland
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