Tobias PflügerDIE LINKE - Bundeswehreinsatz EU NAVFOR Somalia - ATALANTA
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Operation Atalanta, über die wir heute entscheiden, ist nach Ansicht der Bundesregierung ein Erfolg, weil die Piraterie am Horn von Afrika stark zurückgegangen sei. Nur warum ging denn die Piraterie dort zurück? Der ehemalige verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, meinte 2016 dazu, zum Kampf gegen die Piraterie brauche man das Mandat Atalanta nicht mehr; die Piraterie wäre zurückgegangen, seit die privaten Reeder Sicherheitsfirmen an Bord hätten.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das ist der Punkt!)
Ich habe den Eindruck, Sie als Bundesregierung ändern ständig die Begründung. Am Ende kommt immer raus: Die Einsätze müssen weitergehen. – Dazu sagen wir Nein.
(Beifall bei der LINKEN)
Was auf jeden Fall nicht geschehen ist, ist, die Ursachen der Piraterie zu bekämpfen. Somalia ist immer noch ein gescheiterter Staat. Die kriminellen Netzwerke bestehen fort. Im aktuellen Pirateriebericht der Bundespolizei See heißt es:
Neben den anhaltenden innersomalischen Konflikten … stellen die illegale Fischerei vor der somalischen Küste sowie die Vergabe von Fischereilizenzen auch weiterhin ein Problem dar.
Nichts ist gut in Somalia. An Land herrscht Bürgerkrieg. Auf See nimmt die illegale Fischerei, auch von EU-Trawlern, den lokalen Fischern die Lebensgrundlage.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ja, genau!)
Das Problem Piraterie könne – Zitat – „durch die militärische Präsenz auf See nur weitestgehend unterdrückt, nicht aber gelöst werden“, so die Stiftung Wissenschaft und Politik in einer neuen Studie.
Aber um die Hilfe für Somalia geht es Ihnen bei Atalanta doch gar nicht. Der Kollege Nikolas Löbel hat es am 26. April letzten Jahres an dieser Stelle klipp und klar formuliert: „Wir haben auch deutsche und europäische Wirtschaftsinteressen im Blick.“ – Herr Tauber hat es gerade eben so ähnlich formuliert, nämlich Atalanta sei richtig, auch aus geostrategischen Gründen. –
Das ist ein weiterer Grund, warum wir gegen diesen Einsatz stimmen werden.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])
So geht der Einsatz für Wirtschaftsinteressen mittlerweile ins elfte Jahr. Er dauert schon fast so lange wie der Einsatz in Afghanistan. Mit dem Krieg im Jemen ist sogar eine neue Eskalation hinzugekommen. Die Frau Ministerin schreibt in ihrer Vorlage: Der fortwährende Konflikt in Jemen wirkt zusätzlich destabilisierend in der Region und begünstigt die Zunahme von organisierter Kriminalität in Form von Schmuggel und der Unterstützung irregulärer Migration im Seegebiet am Horn von Afrika. – Was hier mit irregulärer Migration beschrieben ist, sind Menschen, die versuchen, vor dem Krieg im Jemen zu fliehen. – Wenn es so ist wie hier beschrieben, warum erfüllen Sie dann nicht endlich den eigenen Koalitionsvertrag und liefern keine Waffen mehr an Länder, die am Jemen-Krieg beteiligt sind?
(Beifall bei der LINKEN – Axel Müller [CDU/CSU]: Machen wir doch!)
Jetzt schickt man quasi zum Ausgleich fünf Soldatinnen und Soldaten und noch mal so viele Polizistinnen und Polizisten in den Jemen, um eine lokale Waffenruhe zu überwachen. Das ist doch absurd. Stoppen Sie die Waffenlieferungen! Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.
(Beifall bei der LINKEN)
Auf hoher See soll Atalanta jetzt richten, was Sie an Land verbockt haben.
Es gibt eine neue Begründung. Inzwischen lautet sie, dass Atalanta im Rahmen der PESCO, der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit der Europäischen Union, unbedingt fortgesetzt werden muss. Man hat am Anfang, 2008, damit begonnen, das Mandat mit der Bekämpfung der Piraterie zu begründen. Jetzt kommt PESCO dazu. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch Unsinn.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Natürlich können Sie mit Nein und damit gegen diesen Einsatz stimmen. Sie haben auch EUTM Somalia beendet. Lesenswert ist Ihre eigene Begründung dafür: „kein Mehrwert, Defizite in den somalischen politischen und institutionellen Strukturen“.
Wir sagen: Dieser Einsatz ist in seiner eigenen Logik nicht sinnvoll.
Kollege Pflüger, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
Wir werden gegen diesen Einsatz stimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Agnieszka Brugger das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7343527 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EU NAVFOR Somalia - ATALANTA |