Martin NeumannFDP - Betrieb von Braunkohlekraftwerken
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünenfraktion, wenn man sich Mühe gibt und sich Ihre Vorlagen etwas genauer anguckt, kann man durchaus die eine oder andere Botschaft erkennen. Positiv ist die Botschaft, die Sie, Frau Baerbock, gesendet haben, nämlich dass wir endlich Klarheit brauchen. Das ist völlig richtig. Mit Blick auf den Wettbewerb ist es in dieser Situation für alle Beteiligten wichtig, zu wissen, wo es hingeht.
Jetzt kommt das große Aber: Es haben mehrere Redner davon gesprochen, dass man die Energiewende, wenn man sie tatsächlich erfolgreich umsetzen will, komplex angehen muss; das ist, glaube ich, klar. Wir kommen immer wieder in die Situation, auch beim EEG, dass wir uns nur eine Seite genauer angucken, nämlich die Erzeugerseite – auch wenn Energie nicht erzeugt, sondern umgewandelt wird. Damit fehlt alles, was danach kommt, also die Leitungen, die Speicher, was auch immer. Wir müssen also dafür sorgen, dass das Thema komplex angegangen wird.
Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf, für den Einstieg in den Ausstieg aus der Kohle müssten Kraftwerke mit einer Leistung von 3 Gigawatt abgeschaltet werden. Wieso 3 Gigawatt? Warum nicht 5 Gigawatt?
(Zuruf der Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Ich sage es gleich, Frau Baerbock. Warten Sie doch ab! Ich erkläre Ihnen, was ich da problematisch finde. – Diese Zahlen kommen durch den einseitigen Blick auf die Erzeugerseite zustande. Man kann jedoch davon ausgehen, dass Sie wissen – es wissen müssten –, was das bedeutet. Es bedeutet nämlich auch eine gewisse Rücksichtslosigkeit; dazu komme ich noch.
(Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Da gibt es eine Frage.
Bitte schön, Herr Krischer.
Herr Kollege, wir reden hier über das Ergebnis einer Kommission, die die Bundesregierung eingesetzt hat, um die Kohleverstromung in Deutschland zu beenden und den Strukturwandel herbeizuführen. Das Ergebnis liegt seit drei Monaten vor. Ich habe mit Interesse wahrgenommen, dass die FDP sich dafür gar nicht interessiert, dass Ihnen das völlig egal ist, dass Sie das ablehnen. Sie schreiben in dem Antrag, den wir unter einem vorherigen Tagesordnungspunkt behandelt haben, dass Sie keinen nationalen Kohleausstieg wollen. Deshalb frage ich Sie: Was ist eigentlich an der Stelle das Konzept der FDP? Wie wollen Sie am Ende die Energiewende schaffen und zum Klimaschutz beitragen? Ich gehe davon aus, dass auch Sie keine neuen Kohlekraftwerke bauen und keine Kraftwerke, die aus den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammen, weiterbetreiben wollen. Ich frage mich, ehrlich gesagt: Was ist Ihr Zukunftskonzept?
Im Übrigen möchte ich Ihnen noch die Frage stellen: Ist Ihnen klar, dass in unserem Gesetzentwurf die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken mit einer Leistung von 3 GW vorgesehen ist, weil das das einvernehmlich vereinbarte Ergebnis der aus 28 gesellschaftlichen Gruppen – dazu gehört übrigens auch der BDEW, dessen Vorsitzender, glaube ich, FDP-Mitglied ist – zusammengesetzten Kohlekommission ist, das jetzt umgesetzt werden muss?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich hatte ja gesagt: Vielleicht warten Sie mal ab, was ich sage. – Ich will es noch einmal ganz deutlich machen: Worauf kommt es an? Es kommt darauf an, dass man nicht nur einseitig die Erzeugerseite betrachtet. Vielmehr muss man dafür sorgen, dass für die Wirtschaft und die Verbraucher, also das, was danach kommt, Versorgungssicherheit besteht. Das ist der Punkt.
Jetzt komme ich darauf zu sprechen, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf hätten schreiben können. Ich mache es Ihnen ganz einfach: Sie brauchen nur mal in das Energiewirtschaftsgesetz – §§ 51 und 63 – zu gucken. Danach soll die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht vorlegen, dass Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Es kommt darauf an, nicht einfach nur etwas abzuschalten – das ist purer Aktionismus –, sondern dafür zu sorgen, dass Versorgungssicherheit gewährleistet ist.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Sie können auch den besten Umweltschutz nicht betreiben, wenn Sie am Ende keinen Strom bzw. keine Energie haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Bitte betrachten Sie einmal das Ganze, anstatt alles, was Ihnen gefällt, herauszunehmen und den Rest die anderen machen zu lassen.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn?)
Ich habe gerade gesagt, dass die Frage der Versorgungssicherheit ganz wesentlich ist. Wenn Sie von einem Rückgang um 3 Gigawatt dort und 7,7 Gigawatt dort sprechen, dann sage ich Ihnen: Das können Sie alles machen; es erweckt aber den Anschein von Aktionismus.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommissionsbericht!)
Und wenn Sie sagen: „Wir schalten ab“, dann sage ich Ihnen: Das können Sie ja machen. Sie können einfach alles abschalten. Dann müssen Sie der Gesellschaft, den Verbrauchern und der Wirtschaft aber eine Antwort auf die Frage geben, wo der Strom bzw. die Energie herkommen soll. Das ist meiner Ansicht nach eine ganz entscheidende Frage.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte!)
Da meine Redezeit etwas knapp ist – ich habe nur vier Minuten –, will ich ganz kurz noch etwas zum Antrag der AfD sagen. Wir lehnen Ihren Antrag, den Antrag der Grünen, und auch den Antrag der AfD ab.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na wenigstens was!)
Sie haben sich darin mit dem Thema Versorgungssicherheit beschäftigt. Es kann aber nicht sein, dass Sie den Unternehmern die Aufgabe erteilen, dafür zu sorgen, dass Energie zur Verfügung steht, also dass Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Ich hatte gerade gesagt, dass das eine staatliche Aufgabe ist und dass man dafür natürlich auch die Bundesregierung verantwortlich machen muss. Das bisherige Verfahren, das im Energiewirtschaftsgesetz steht, nämlich alle zwei Jahre einen Bericht vorzulegen, reicht uns nicht. In diesen Berichten stehen übrigens auch statische Daten, die einfach nicht ausreichen, um zu gewährleisten, dass ausreichend Energie zur Verfügung steht. Wir wollen, dass man jährlich Bericht erstattet, mit dynamischen Parametern. Das schafft Vertrauen; denn das ist das, was uns fehlt. Wir reden immer über Akzeptanz, wir reden über das, was notwendig ist, damit die Menschen mitmachen. Sie können doch nicht einfach sagen: Wir haben recht, und jetzt schalten wir einfach mal ab.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Kohlekommission! – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verstehen es einfach nicht!)
– Ja, trotzdem erfordert das entsprechende Konsequenzen; ich habe es gesagt.
Wir wollen CO 2 einsparen. Das werden wir tun, aber nur dort, wo die CO 2 -Einsparungskosten am geringsten sind.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen bisher überhaupt nichts!)
Das betrachten Sie nicht. Sie betreiben Aktionismus; Sie legen den Schalter um. Alles andere interessiert Sie nicht, und das gefällt mir an dem Gesetzentwurf nicht. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf und auch den Antrag der AfD ab.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Timon Gremmels [SPD]: Wo ist Ihr Gesetzentwurf?)
Zum Schluss möchte ich sagen: Technologieoffenheit und Wettbewerb, diese beiden Größen sind der Schlüssel,
(Beifall bei der FDP)
nicht das, was Sie tun. Sie schaden mit Ihren gefährlichen Ideologien der ganzen Sache, und genau das ist das Problem.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die Fraktion Die Linke hat das Wort der Kollege Lorenz Gösta Beutin.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7352887 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Betrieb von Braunkohlekraftwerken |