Jens MaierAfD - Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will es gleich vorwegnehmen: Die AfD wird dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen, auch wenn dies nicht leichtfällt. Wir werden nämlich nur deshalb zustimmen, weil die Betreuerinnen und Betreuer nicht noch länger auf eine Erhöhung ihrer Vergütung warten sollen, weil dies nach 14 Jahren Stillstand einfach unzumutbar erscheint.
Die jetzt vorgesehene gesetzliche Lösung, so muss man nüchtern feststellen, ist trotz ihrer Mängel und Unzulänglichkeiten immer noch besser als gar keine Lösung. Man kann nur für die Betreuerinnen und Betreuer hoffen, dass der Bundesrat dies genauso sieht. In der letzten Legislaturperiode ist der Gesetzentwurf nämlich an den Ländern gescheitert, und zwar im Bundesrat, wo er mit 16 : 0 Stimmen abgelehnt wurde. Es wird abzuwarten sein, wie sich die Dinge jetzt entwickeln. Die Bundesregierung versuchte in der gestrigen Ausschusssitzung, Optimismus zu verbreiten – wir werden sehen.
In der Anhörung der Sachverständigen zum Gesetzentwurf wurde überwiegend die Auffassung vertreten, dass die nun gewählte Vergütungsstruktur mit Fallpauschalen in den meisten Fällen nicht dazu führen wird, dass die intendierte Erhöhung um 17 Prozent erreicht wird, sondern darunter bleibt. Bei einer weiteren Verzögerung im Gesetzgebungsverfahren käme noch weniger dabei heraus. Deshalb ist schon Eile geboten, wenn die Erhöhung überhaupt noch spürbar sein soll.
Im Rahmen der Anhörung, aber auch in der gestrigen Ausschusssitzung wurde eines deutlich: Bei einer Anpassung der Vergütung kann man es nicht bewenden lassen. Was wir dringend brauchen, ist eine Reform, die sich nicht nur auf die Vergütungsregelungen beschränken kann, sondern das gesamte Berufsbild eines Betreuers betrifft.
In Deutschland kann jeder, der will, Berufsbetreuer werden, ohne dass er eine Qualifikation nachweisen muss, und das, obwohl mehr als 1,3 Millionen Menschen in Deutschland laut Bundesverband der Berufsbetreuer rechtlich betreut werden, davon etwa ein Drittel von gesetzlich bestellten Berufsbetreuern. Diese Betreuer müssen, anders als in den Bundesstaaten der USA, in Japan oder Frankreich, keine spezielle Ausbildung und kein spezielles Studium nachweisen. Die Pflegeethik Initiative Deutschland e. V. stellt dazu fest: Berufsbetreuer kann jeder erwachsene Bundesbürger werden, der vor Gericht einen vertrauenserweckenden Eindruck macht, sich als ehrenamtlicher Betreuer bewährt hat und keine Vorstrafen aufweist.
Jetzt vergleichen Sie das einmal mit einer Person, die in der Altenpflege tätig ist. Um diesen Beruf ausüben zu dürfen, muss sie eine umfassende Ausbildung durchlaufen. Die Altenpflegerin muss Früh-, Spät- oder Nachtdienste schieben und kann sich freuen, wenn sie im Angestelltenverhältnis über ein Jahresbru tto von 30 000 Euro verfügt. Bei 40 Betreuungen, die freiberuflich tätige Berufsbetreuer im Schnitt führen, kommen diese nach der neuen Vergütungsregelung, Gruppe B, auf Jahreseinkünfte von rund 88 000 Euro. Ob man das jetzt für in Ordnung hält oder nicht, sei dahingestellt. Das ist aber fast das Dreifache dessen, was eine Pflegefachkraft verdient. Das, sage ich, ist nicht nur nicht in Ordnung; es ist ein Skandal, wie im Vergleich hierzu unsere Pflegefachkräfte bezahlt werden. Auch das muss dringend geändert werden.
(Beifall bei der AfD)
Dadurch, dass Berufsbetreuer über keine besonderen Qualifikationen verfügen müssen, ist momentan jede Pflegefachkraft gut beraten, wenn sie von der Pflege hin zur Berufsbetreuung umsattelt. Das kann gesamtgesellschaftlich nicht sinnvoll sein. Darum muss man bei der Anpassung von Vergütungsregelungen nicht nur die Berufsbetreuer, sondern auch die Pflegekräfte und deren Einkommen im Blick behalten. Hier geht die Schere weit auseinander. Das kann so nicht bleiben. Wir brauchen dringend eine Berufsordnung für Berufsbetreuer, um die Qualität der Betreuung abzusichern, wozu auch gehört, den Wechsel von der Pflege hin zur Berufsbetreuung nicht zu leicht zu machen.
Ein Berufsbetreuer ist dann ein guter Betreuer, wenn er sich um den Betreuten auch als Menschen wirklich kümmert. Dazu braucht er Zeit. Darum ist es auch erforderlich, die Anzahl der Betreuungen, die ein Betreuer übernimmt, im Blick zu behalten. In dem Fall des vom Landgericht Trier im Februar 2015 wegen Untreue in 137 Fällen verurteilten Berufsbetreuers hatte dieser vor seiner Verhaftung 98 Betreuungen übernommen. Wie kann so was sein? Warum fällt so was erst auf, wenn es zu spät ist? Hier muss dringend eine Limitierung eingeführt werden.
(Beifall bei der AfD)
Mehr als 40 Betreuungen sollte ein Betreuer nicht übernehmen dürfen. Auch dies ist zur Qualitätsabsicherung dringend erforderlich.
Noch mal zum Schluss: Ja, wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil es im Moment das Vernünftigste ist, werden aber die Sache im Blick behalten und eigene Lösungskonzepte entwickeln.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Axel Müller das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7355977 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung |