Marco BuschmannFDP - Änderung des Grundgesetzes - Kinderrechte
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kinder sind unsere Zukunft. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, Kinder sind heranreifende Persönlichkeiten. Es ist gut, dass wir miteinander darüber sprechen, was wir tun können, um ihren Weg auch als Politik und Staat zu begleiten.
Eines ist in der Debatte klargeworden: Der erste Zugang dazu ist das einfache Recht, ist eine gute Familienpolitik, ist eine gute Bildungspolitik, ist eine gute Sozialpolitik. Das ist es auch, was die UN-Kinderrechtskonvention will. Ihr ist es herzlich egal, auf welcher Normstufe ihre Anliegen umgesetzt werden. Die UN-Kinderrechtskonvention will, dass die Dinge umgesetzt werden, und das geschieht über Recht und Gesetz.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Trotzdem darf man natürlich auch um die Verfassung keine Tabuzonen aufbauen. Es ist völlig in Ordnung, dass wir auch über Artikel 6 sprechen. Ich muss offen gestanden sagen, dass mir einige Forderungen ein bisschen zu mutlos sind. Die Kollegen der Grünen gehen Artikel 6 Absatz 5 an und sagen: Es darf künftig nicht mehr „uneheliche Kinder“ heißen, sondern es müsse „nichteheliche Kinder“ heißen. Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, das Recht sollte überhaupt keine Unterscheidung mehr machen, ob ein Kind ehelich oder nichtehelich gezeugt ist.
(Beifall bei der FDP)
Das ist eine Entscheidung der Eltern, und es geht den Staat nichts an, ob das Kind in einer Ehe erzogen wird oder nicht. Das ist eine private Entscheidung der Eltern.
Das Weitere, das wir hier ansprechen müssen, ist: Wenn wir Artikel 6 anfassen, was soll sich konkret ändern? – Unsere Fraktion hat dazu eine Anhörung gemacht mit wirklich glühenden Befürwortern des Projekts, harten Gegnern und auch vielen Sachverständigen. Dort haben wir die Frage gestellt: Was wollt ihr, das sich in der Rechtswirklichkeit konkret ändert? – Da gab es Beispiele: Traumatherapie für ausländische Kinder – ich finde, darüber kann man reden; das muss man aber nicht in die Verfassung schreiben –, Beteiligungsrechte in rechtlichen Prozessen oder Verwaltungsverfahren – das kann man in die Verfassung schreiben; entscheidender ist aber, dass wir das ins einfache Gesetz schreiben, weil es ohnehin dort hingehört. Wenn man mal fragt, was die Verfassungsänderung bedeuten soll, ist das Hauptziel ein, ich sage mal, gesellschaftlicher Bewusstseinswandel.
(Beifall bei der FDP)
Darüber, finde ich, kann man reden. Aber dann muss doch der Obersatz klar sein: Wenn man Artikel 6 der Verfassung anfasst, dann darf kein Schaden entstehen. Ich finde, da muss man jetzt einmal differenzieren. Bislang sind die beiden Gesetzentwürfe in einen Topf geworfen worden. Zu beantragen, wie es Die Linke hier tut, nämlich Artikel 6 Absatz 2, auf dem über 70 Jahre verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Stärkung und zum Schutz des Kindes, zur Stärkung und zum Schutz der Familien basieren, auf den Müllhaufen der Geschichte zu befördern, und zu glauben, das stärke die Rechte von Kindern, wäre eindeutig ein verfassungsrechtlicher Schaden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In dem Dreieck von staatlichem Wächteramt, Familie und Kindern ist dies kein Gesetz zur Stärkung von Kindern. Sie wollen ein Gesetz zur Schwächung von Familien und zur Stärkung des Staates, und das wird mit uns nicht zu machen sein.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Sie haben ein sehr eigenartiges Familienbild!)
Da gehen die Grünen schon vorsichtiger und klüger vor. Sie wollen nicht die Obliegenheiten der Eltern zur Erziehung der Kinder mal eben auf den Müllhaufen der Verfassungsgeschichte befördern, so wie Sie das tun, sondern stellen neben das Erziehungsrecht der Eltern das Wohl des Kindes. Das kann man natürlich machen; aber in Wahrheit ist das nicht neu. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sagt doch ganz eindeutig: Wir haben das Konzept der Elternverantwortung. Und die Elternverantwortung ist immer zuerst dem Wohl des Kindes verpflichtet. Jetzt müssen Sie die Frage beantworten – ich bin gespannt, was die Anhörungen dazu ergeben werden –: Wollen Sie nur etwas reinschreiben, was schon längst Praxis ist – dann hat es Appellwirkung; das kann man machen –, oder ist es so, wie es ein zunehmend großer Teil der Staatsrechtswissenschaft sagt, dass, wenn Sie eine Formulierung hineinnehmen, die nichts verändert oder das bewährte Dreieck aus staatlichem Wächteramt, Familie/Eltern und Kindern möglicherweise zulasten von Kindern und Familien und zugunsten des Staates verändert, dies dann keine Stärkung von Kinderrechten, sondern nur eine Stärkung des Staates ist? Darüber wird im weiteren Verfahren zu reden sein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU])
Das Wort hat der Abgeordnete Norbert Müller für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7361473 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 104 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Grundgesetzes - Kinderrechte |