Martina RennerDIE LINKE - Rechtsterrorismus
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin es leid, jedes Mal, wenn ein Neonazi gemordet hat, immer wieder hören zu müssen, solche Taten seien neu oder überraschend. Wer schon einmal eine Synagoge besucht hat, mit Betroffenen rassistischer Gewalt gesprochen hat oder die Recherchen von Antifa-Gruppen zur Kenntnis nimmt, weiß: Rechter Terror hat Tradition.
In dieser Tradition stehen die Morde des NSU, die Attentate des Anders Breivik, der Anschlag im Einkaufszentrum nahe des Münchener Olympiastadions, der Mord an Walter Lübcke und der Anschlag in Halle. Diese Tradition reicht weit zurück in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Diese Tradition kann nur gebrochen werden, wenn sie richtig verstanden wird und die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Aber genau das geschieht nicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Falsch!)
Was steht einer konsequenten Bekämpfung der drohenden Gefahr des Rechtsterrors eigentlich im Weg? Ich nenne einige Punkte: Es ist das Ausbleiben spürbarer Sanktionen. Wie viele Unterstützer und Unterstützerinnen des NSU laufen immer noch frei herum, werden nicht angeklagt und nicht verurteilt? Es ist der mangelnde politische Wille. Netzwerke werden nicht konsequent ausgehoben – auch und gerade dort nicht, wo sie bis in Polizei und Bundeswehr reichen.
Es ist die Weigerung, die V-Leute der Inlandsgeheimdienste abzuschalten und den Schutz der rechtsextremen Strukturen damit zu beenden. Wer gestern die Meldungen verfolgt hat, weiß: Das Beispiel Andreas Temme und Stephan Ernst ist weiterer Beleg für diese Forderung. Es ist das Unvermögen oder der Unwille – ich weiß es nicht –, die Verbindung zwischen alltäglichem Rassismus, alltäglichem Antisemitismus und rechtem Terror zu erkennen. Rechter Terror ist nämlich nicht ohne rechte Normalität zu verstehen und erst recht nicht zu bekämpfen.
Wir brauchen natürlich mehr Kontrolle über Waffen. Wir brauchen einen demokratischen, personellen und auch politischen Wechsel in den zuständigen Behörden. Wir brauchen entschlossenere und systematischere Ermittlungen. Aber wir brauchen vor allem eine politische Offensive gegen den Rechtsruck, eine neue Kultur des Antifaschismus – auch in diesem Haus.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Aber nicht mit Antifa!)
Wir können viel lernen, wenn wir den Betroffenen von Rechtsterror zuhören. Der Zentralrat der Juden und über 40 weitere jüdische Organisationen fanden in einer gemeinsamen Erklärung im Oktober 2018 klare Worte – ich zitiere –:
Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben.
(Beatrix von Storch [AfD]: Und Sie wollen die Hisbollah unterstützen!)
Die AfD ist antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal.
Rechter Terror entsteht nicht in einer Parallelwelt. Wenn man manchmal das Gegenteil hört, dann ist das komplett falsch. Rechter Terror entsteht in unserem Alltag, und dort müssen wir ihn stoppen, auch in diesem Haus.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])
Das Wort hat der Kollege Christoph Bernstiel für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7395749 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 119 |
Tagesordnungspunkt | Rechtsterrorismus |