Marc HenrichmannCDU/CSU - Rechtsterrorismus
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Am Ende der Debatte bleibt festzuhalten, dass wir in vielen Teilen im Ziel einig sind, aber sehr über Begrifflichkeiten streiten. Wir reden über Feinheiten.
(Benjamin Strasser [FDP]: Feinheiten? Was sind hier Feinheiten? Es sind immer wieder dieselben Phrasen! Walter Lübcke war auch eine Zäsur! Jetzt haben wir wieder eine Zäsur!)
Festzuhalten ist doch: Wir haben nach den NSU-Morden einen Untersuchungsausschuss gehabt. Der hat einen Plan mit 47 Punkten aufgelegt. Ja, und die Länder und auch die beteiligten demokratischen Parteien dieses Hauses waren meines Wissens darin eingebunden.
Und ich habe in den letzten Monaten keine Länderregierung gehabt, keine Partei in diesem Haus, die gesagt hat: Ihr müsst mal gucken. Es gibt in Teilen – ich sage bewusst: in Teilen – der Gamerszene rechtsextreme Ausfälle.
(Benjamin Strasser [FDP]: Wir, die FDP-Bundestagsfraktion, haben eine Anfrage gestellt!)
Insofern stellen wir doch einmal fest – und vielleicht sind wir uns da wenigstens einig –, dass wir Verschiebungen in einem Phänomen haben, das – ja – Rechtsextremismus heißt, und wir in Teilen auch schauen müssen, dass wir diesen Verschiebungen gerecht werden.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Nazis gehen halt auch mit der Zeit!)
Deswegen ist es richtig, dass der Bundesinnenminister 700 Stellen für die Bekämpfung des Rechtsextremismus anmeldet. Wir müssen auch die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, auf eigene Erkenntnisse – und nicht nur auf Erkenntnisse befreundeter Dienste – zurückgreifen zu können, wenn es um die Bekämpfung geht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bundestag muss beschließen, dass die sich die Gamerszene anschauen, damit die sich die Gamerszene anschauen?)
Der Hinweis auf das Waffenrecht ist auch in Teilen fadenscheinig. Nehmen wir beispielsweise die Frage mit den Magazinen. Wenn wir uns leidenschaftlich darüber streiten, ob Magazine das große Problem dieser Welt sind, aber feststellen, dass ein Täter in Halle diese Dinger mit einem 3-D-Drucker produziert, dann stoßen wir doch damit die Jäger, die Sportschützen vor den Kopf, die wir genau für diesen Konsens brauchen,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht aber nicht nur um den Täter von Halle! Es geht um ein Netzwerk!)
dafür, einvernehmlich ein Waffenrecht zu schaffen. Wir sollten nicht den Konsens der Gesellschaft aufs Spiel setzen und eine weitere Spaltung riskieren.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es noch immer nicht verstanden, oder?)
Es geht hier auch nicht um Begrifflichkeiten wie Vorratsdatenspeicherung, an der Sie sich alle hochziehen,
(Lachen bei der FDP)
sondern es geht auch um Fragen wie Speicherfristen, Onlinedurchsuchung, Quellen-TKÜ.
(Benjamin Strasser [FDP]: Was hätte das gebracht?)
Und da sage ich auch: Es geht ja dabei nicht nur um das Problem Extremismus von rechts, sondern auch um Kinderpornographie, Pädophile. Auch da müssen wir doch zu Potte kommen. Auch da haben wir Handlungsbedarf.
(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU] – Benjamin Strasser [FDP]: Ach, das ist das Problem!)
Ich möchte auch nicht, dass dieses Land zur Bedenkenrepublik wird und wir uns jetzt wegen Begrifflichkeiten den Weg verbauen. Wenn als Erstes, wenn wir über Kompetenzen reden, Datenschutzbedenken geltend gemacht werden – und Datenschutz ist ein hohes Gut; gut, dass wir ihn in dieser Form haben – bzw. die dicke Keule ausgepackt wird, bevor der erste Plan auf dem Tisch liegt, bevor die Diskussion in Fahrt kommt, dann schaden wir der guten gemeinsamen Sache.
Ich halte auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eben nicht für einen Rohrkrepierer, sondern halte es für wichtig, dass wir auch da herangehen. Hasssprache – Hate Speech – ist doch ein Problem dieser Zeit. Und was all diese Begrifflichkeiten angeht: Ja, da unterscheiden wir uns wahrscheinlich in der Tat von den Kollegen hier auf Rechtsaußen. Wer „Lügenpresse“, „Verräter“, „Mahnmal der Schande“ und „Vogelschiss“ in sein Vokabular aufnimmt, der muss sich halt nicht wundern, wenn sich Menschen in diesen Echokammern daran aufgeilen und zu Tätern werden. Das ist ganz klar eine Form von Mitschuld.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)
Hinterfragen müssen wir auch, ob wir das Richtige tun. Die politische Bildung ist angeklungen. 82 Millionen, glaube ich, waren es, die den Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung besuchten. Ich glaube, es gibt kein Programm gegen Extremismus, Islamismus, das eine ähnliche Konjunktur hat. Vielleicht müssen wir einmal schauen, wie wir da noch besser werden könnten; auch da gibt es Nachholbedarf.
Wenn die Mutter des Attentäters in Halle sagt, der Sohn habe ja gar keinen schlechten Eindruck gemacht, er habe nichts gegen Juden gehabt, nur gegen das Großkapital habe er gewettert, dann fehlt es vielleicht auch in der Bevölkerung an Feingespür, hier und da zu erkennen, wann sich jemand radikalisiert, und auch da besteht Handlungsbedarf.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Ich glaube, wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, der da heißt: „Respektvoller Umgang miteinander“ und einen Rechtsstaat. Wer auf dem Boden des Grundgesetzes steht und Straftaten verurteilt, der wirkt gegen Extremismus.
Und ich finde es schräg – Schlussbemerkung –, wenn ich in der letzten Sitzungswoche hier das Abfeiern der Antifa sehe. Eine große Tageszeitung hat es schön auf den Punkt gebracht:
Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist einer der wichtigsten, den Deutschland führen … muss. Mit der Antifa, die als Trojanisches Pferd ihre linksextreme Agenda in die Mitte der Gesellschaft schmuggelt, wird das nicht gelingen.
Es gibt keine gute Gewalt. Es gibt keinen Zweck, der Gewalt rechtfertigt. Feuer bekämpft man nicht mit Feuer. Kämpfen wir zusammen gegen jede Form von Extremismus, Islamismus und Gewalt!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Wort hat Axel Müller für die CDU/CSU-Fraktion als letzter Redner in dieser Debatte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7395755 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 119 |
Tagesordnungspunkt | Rechtsterrorismus |