Karamba DiabySPD - Länderproporz bei Bundesbehörden
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „ Eine ehrliche Haut“ stand auf dem Wahlplakat, und darauf war ein fast nackter Mann zu sehen. Im Bundestagswahlkampf 1994 bewarb sich ein SPD-Kandidat mit diesem Plakat. Er wollte Aufmerksamkeit erzeugen und einen Dialog anstoßen. Bis heute führt er diesen Dialog, und zwar als Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. Thomas Krüger, der im thüringischen Buttstädt geboren und am Ostberliner Stadtrand aufgewachsen ist, gehört heute zu einem sehr kleinen Kreis von Führungskräften, die ostdeutsche Wurzeln haben.
Gucken wir uns die Zahlen genauer an: Von den 109 Abteilungsleitern in allen Bundesministerien stammten 2017 nur 4 aus Ostdeutschland.
(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Wahnsinn!)
Von den Chefs der 100 größten ostdeutschen Unternehmen stammen nur 28 aus Ostdeutschland.
(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Hört! Hört!)
Von den 190 DAX-Vorständen stammen nur 3 aus Ostdeutschland.
(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Wahnsinn! Wahnsinn!)
Und Anfang 2019 wurde bekannt, dass es keinen ostdeutschen Uni-Rektor mehr gibt; Herr Kollege Höhn hat das schon angesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt Politiker, die sagen, es habe keinen Nachteil, aus den neuen Bundesländern zu sein. Das ist offenkundig falsch.
(Beifall bei der LINKEN)
Richtig ist: Dieser Nachteil ist nicht naturgegeben; er ist menschengemacht und kann durch Menschenhand wieder behoben werden. – Damit komme ich zum heutige vorliegenden Vorschlag der Linksfraktion, eine Ostquote einzuführen.
Ich habe hier im Plenum schon mal die Frage gestellt, ob ich als Ostdeutscher gesehen werde.
(Matthias Höhn [DIE LINKE]: Ja, sofort!)
Auch die Linken haben mir bis jetzt keine Antwort gegeben. Manche würden mir sogar absprechen, Deutscher zu sein. Ich bin im Senegal vor 57 Jahren geboren und lebe seit über 33 Jahren in Halle an der Saale. Und was ist denn mit den Zehntausenden von Vertragsarbeitnehmern aus der ehemaligen DDR? Hier gibt es auf jeden Fall noch Unschärfen in der Definition des Antrags der Linken, die wir überwinden müssen. Damit wir hier wirklich über Ostquoten diskutieren können, müssen wir erst mal über diese Definition diskutieren.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht die Zeit!)
Als ich mit 20 Jahren nach Leipzig und später nach Halle/Saale kam, gab es nicht die breite Wahrnehmung, dass man Ostdeutscher ist. Erst nach der Wende wurden wir zu Ostdeutschen gemacht. 8 000 Betriebe, 13 000 Privatisierungen, 3 Millionen verlorene Arbeitsplätze – das sind die erlebten Benachteiligungen, die Folgen für die Selbst- und Fremdwahrnehmung hatten.
(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Richtig! So ist es!)
Meine Damen und Herren, gestern berichtete Thomas Krüger – selbstverständlich angezogen – im Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung über den Wahl-O-Mat, über die politische Gewalt in der Gesellschaft, über die Stärkung der politischen Bildung im ländlichen Raum. Er hat eine wichtige Aufgabe: Als er zu Beginn der 2000er-Jahre zur Bundeszentrale für politische Bildung kam, sei sie, also die Einrichtung, durch und durch rheinisch gewesen. Unter ihm hat sich die Zahl der ostdeutschen Mitarbeiter verdoppelt.
Lassen Sie uns also mit Menschen wie Thomas Krüger nach Lösungen suchen, um eine bessere Repräsentation von Ostdeutschen zu verwirklichen.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Daniela Wagner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7397504 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 122 |
Tagesordnungspunkt | Länderproporz bei Bundesbehörden |