07.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 11

Bijan Djir-SaraiFDP - Chinapolitik

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit ungefähr sechs Monaten müssen wir zusehen, wie die Sicherheitskräfte in Hongkong mit Gewalt gegen Demonstranten vorgehen, die für mehr Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpfen. Zu lange hat der Westen gegenüber Menschenrechtsverletzungen in China geschwiegen. Zu lange wurde Peking nur wirtschaftspolitisch betrachtet. Es ist an der Zeit, dass diese Naivität aufhört und die Dinge benannt werden, wie sie vor Ort sind. Es ist höchste Zeit, China realistisch zu betrachten.

(Beifall bei der FDP)

Das brutale Vorgehen der Regierung in Hongkong ist der dramatische Höhepunkt einer Entwicklung, die sich schon lange abgezeichnet hat. Was die Demonstranten fordern, ist das, was die Volksrepublik ihnen mit dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ versprochen hat. Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Aber heute werden die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit schrittweise immer weiter abgebaut. Immer öfter werden kritische Stimmen zensiert, verfolgt oder auch bedroht.

China hat eine außerordentlich wichtige Bedeutung für die Weltwirtschaft. Daher glaubt Peking, dass Deutschland und Europa aufgrund Chinas wirtschaftlicher Bedeutung im Falle weiterer Menschenrechtsverletzungen schweigen werden. Und ich kann nur hoffen, meine Damen und Herren, dass diese Annahmen falsch sind. Anstatt Angst vor möglichen Reaktionen aus Peking zu haben, muss die Bundesregierung den Mut haben, das brutale Vorgehen gegen Aktivisten, gegen religiöse Minderheiten oder kritische Journalisten im Dialog mit China zu verurteilen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der deutschen Außenpolitik, meine Damen und Herren.

Die Bundesregierung muss signalisieren, dass die Grundlage für Wirtschaftsbeziehungen das Einhalten von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit ist. Es ist zum Teil zu beobachten, wie einige Vertreter der deutschen Wirtschaft vor Ort sich der chinesischen Staatsführung anbiedern. Menschenrechte sind aber universell und unteilbar, und Wirtschaftsinteressen dürfen niemals über Menschenrechten stehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch deutsche und europäische Unternehmen dürfen sich daher von China nicht unter Druck setzen lassen.

Meine Damen und Herren, nächstes Jahr übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft, und für den Herbst 2020 ist ein EU-China-Gipfel angekündigt. Es ist also an der Zeit, mit deutlichen Worten die chinesische Führung an ihre völkerrechtlichen Pflichten zu erinnern.

Wir fordern die Regierungen in Peking und Hongkong auf, die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu schützen, sich an internationales und nationales Recht zu halten, die politisch motivierten Strafverfolgungen von friedlichen Demonstranten zu beenden, eine unabhängige Untersuchung der massiven Polizeigewalt zu billigen und schlussendlich das Recht auf allgemeine und freie Wahlen zu gewähren.

Meine Damen und Herren, die Entwicklungen in Hongkong und auf dem chinesischen Festland müssen aber auch ein mahnendes Beispiel für unsere innenpolitischen Debatten und Entscheidung sein. Die nicht vorhandene Meinungsfreiheit und die Massenüberwachung durch Peking können wir nicht ignorieren. Wenn wir demnächst hier im Deutschen Bundestag über Zukunftsthemen wie beispielsweise 5G-Strategien im Zusammenhang mit einem bestimmten Unternehmen diskutieren, dann dürfen wir die Debatten, die wir heute führen, nicht vergessen; wir müssen diese Debatten im Hinterkopf haben. Wir reden von diesem Land China, und wir können derzeit kein Vertrauen erkennen.

(Beifall der Abg. Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Von daher müssen wir auch bei diesen Debatten höchst sensibel sein. Hier muss der Deutsche Bundestag mitreden, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Bijan Djir-Sarai. – Nächster Redner: für die Linke nicht Matthias W. Birkwald, sondern – wir wollen ja über das Thema reden – Stefan Liebich.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD])

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7400207
Wahlperiode 19
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Chinapolitik
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