16.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt 12

Manuel HöferlinFDP - Meinungsfreiheit im Netz

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Sehr verehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sie alle kennen die Meinung der Freien Demokraten zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dem NetzDG: Wir lehnen es ab. Aus unserer Sicht ist das NetzDG absolut wirkungslos, kann Gift für die Meinungsfreiheit sein, ist eine Bankrotterklärung des Rechtsstaats. Ich glaube, es ist darüber hinaus auch verfassungswidrig. Ich glaube nämlich, dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gefehlt hat. Das muss man einfach vorweg mal sagen bei diesem Tagesordnungspunkt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Heute hat Frau Ministerin Lambrecht gesagt, sie arbeite jetzt an einer neuen Fassung des NetzDG. Sie hat unter anderem gesagt – Zitat –, das NetzDG habe sich bewährt, grundsätzlich bewährt. Ehrlich gesagt, meine Damen und Herren, macht mich das ein wenig fassungslos. Fragen Sie doch mal herum, wie es aussieht mit Hass und Hetze im Internet in den letzten drei Jahren. Sind denn Hass und Hetze wirklich weniger geworden in der letzten Zeit? Das wäre ja die Voraussetzung, um zu behaupten, das NetzDG habe sich bewährt. Ich finde jedenfalls, das ist nicht der Fall, meine Damen und Herren. Nein.

(Beifall bei der FDP)

Es ist nicht so, dass das NetzDG fortentwickelt werden kann, indem man weitere Kleinigkeiten daran ändert oder ein bisschen die Größe des Meldebuttons verändert; es wäre sehr naiv, zu glauben, dass man damit weiterkommt.

Das Kernproblem ist, glaube ich, der Umgang in der Gesellschaft. Darüber reden wir viel zu wenig. Das ist aber die zentrale Herausforderung für unsere Demokratie. Die Demokratie lebt doch von einem freien und unbefangenen Wettstreit der Meinungen. Auch zugespitzte Meinungen müssen zulässig sein. Auch in einer Sachdebatte kann diese Zuspitzung – das wollen viele nicht – gerechtfertigt sein. Sie darf natürlich nicht die Grenze des Strafbaren überschreiten. Aber genau um den Punkt geht es: Wir wollen auf der einen Seite Meinungsfreiheit, eine lebhafte gesellschaftliche Debatte, und auf der anderen Seite wollen wir, dass Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird. Dazu muss man auch die richtigen Maßnahmen ergreifen. Das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht die Hürden für eine Beschneidung der Meinungsfreiheit sehr hoch gesetzt. Das finde ich gut so.

Der – na ja, ich will sagen: hilflose – Ansatz der Bundesregierung war vor drei Jahren, unter der Vorgängerregierung, die Einführung des NetzDG. Außer ein paar Zahlen mehr, ein paar uneinheitlichen Statistiken und Bewertungen der sozialen Netze hat es eigentlich nichts gebracht.

Ich finde, wir müssen es neu denken. Deswegen legen wir heute auch unseren eigenen Entwurf vor zum Thema Meinungsfreiheit und Rechtsdurchsetzung gegen strafbare Handlungen im Netz. Wir schlagen einen Regulierungsmix vor.

(Beifall des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Der besteht erstens aus der Stärkung des Rechtsstaates beim Durchsetzen gegen Hass und Hetze, um gegen Beleidigungen effektiv vorgehen zu können. Damit meine ich nicht irgendwelche Ausleitungen an die Polizei oder gar irgendwelche Abteilungen bei Facebook und Google, die in Zukunft entscheiden sollen – einer staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Ermittlung vorgelagert –, was im Einzelfall infrage kommt, sondern eben gute Wege. Da müsste man, meine Damen und Herren, auch mit den Ländern sprechen, weil nach dem Medienrecht die Länder dafür maßgeblich zuständig sind; darum kommt man nicht herum.

Zweitens wollen wir das NetzDG aufheben. Ich erwähnte es bereits: Transparenzberichte können sinnvoll sein – die können wir auch übernehmen –, wir müssen aber ansonsten auch eine einheitliche Form haben. Das Problem war doch, dass wir unterschiedliche Bewertungen in den einzelnen Netzen hatten. Man konnte gar nicht vergleichen, was dort gemeldet wurde oder nicht gemeldet wurde. Wir brauchen also ein einheitliches Meldeverfahren für die sozialen Netze, damit wir da auch einen Überblick bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Drittens wollen wir die Betroffenen in die Lage versetzen, auch selbst gegen Beleidigungen, Drohungen und Persönlichkeitsverletzungen vorzugehen. Dazu haben wir ein paar Ideen in den Antrag geschrieben, zum Beispiel ein Onlineverfahren. Es ist ja absurd, dass man Onlinehass und ‑hetze nicht online melden kann. Persönlichkeitsverletzungen dort muss man schnell melden können. Man braucht einen wirksamen Auskunftsanspruch gegenüber sozialen Netzen. Es geht ferner um digitale Beweissicherung.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es geht im Kern um den gesellschaftlichen Umgang miteinander in der digitalen Zeit, darum, dass man frei seine Meinung überall äußern kann und dass Strafbares strafbar bleibt und der Staat das ahndet, aber nicht irgendwelche Abteilungen von sozialen Netzwerken. Dafür möchten wir um Diskussion und Zustimmung bitten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Höferlin. – Nächster Redner ist der Kollege Carsten Müller, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7414067
Wahlperiode 19
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Meinungsfreiheit im Netz
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