06.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 157 / Tagesordnungspunkt 8

Niema MovassatDIE LINKE - Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hassrede, Hate Speech, ist vor allem weit rechts ein Phänomen. Als Antifaschisten ist es uns Linken ein Herzensanliegen, Morddrohungen, Vergewaltigungswünsche, Rassismus und Antisemitismus auch im Internet ganz entschieden zu bekämpfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz NetzDG, ist für die Bundesregierung in diesem Kampf das Mittel der Wahl. Wir Linke sehen das anders. Wir haben das NetzDG immer kritisiert; denn es privatisiert die Rechtsdurchsetzung, indem es soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter dafür zuständig macht, gegen strafbare Inhalte vorzugehen, und es kann von autoritären Staaten als Vorbild missbraucht werden, um die Freiheit im Internet einzuschränken.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem die Bundesregierung heute Änderungsvorschläge vorlegt, enthält aber auch positive Punkte. Dazu gehört die Möglichkeit für Nutzer, sich zu beschweren, wenn sie meinen, ihr Beitrag wurde ungerechtfertigt gelöscht. Gut finde ich auch, dass Nutzer in Zukunft einfacher Auskunft über diejenigen erlangen können, die sie im Internet beleidigt und bedroht haben. Nur so können Opfer ihre Rechte durchsetzen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Jens Zimmermann [SPD])

Problematisch ist das Thema der Algorithmen. Algorithmen sind automatische Computerprogramme, die Beiträge in sozialen Netzwerken filtern. Dabei kann viel schiefgehen. Es kann passieren, dass jemand bei Facebook berichtet, welche Beleidigungen er bekommen hat, und der Algorithmus löscht dies, weil er denkt, da würde jemand beleidigt. Das Opfer wird doppelt getroffen: durch Hate Speech und durch das Netzwerk, das ihm eine Thematisierung der Beleidigung faktisch verbietet. Die Bundesregierung will, dass soziale Netzwerke über den Einsatz von Algorithmen berichten. Das ist an sich nicht schlecht; das Problematische ist, dass die Berichtspflicht eine solche Zensur als normal anerkennt und die Netzwerke quasi ermutigt, Äußerungen automatisch zu filtern. Stellen wir uns nur einmal vor, der Staat würde Äußerungen mit Computerprogrammen und nicht durch Menschen, die den Kontext verstehen, bewerten. Das wäre erkennbar absurd. Deswegen brauchen wir eine Pflicht für soziale Netzwerke, dass am Ende immer ein Mensch entscheidet und nicht ein Computerprogramm.

(Beifall bei der LINKEN)

Zudem spricht viel dafür, dass das NetzDG gegen Europarecht verstößt. Sie sprechen das, Frau Ministerin, in Ihrem heute vorliegenden Entwurf selbst an. Für ausländische Anbieter sogenannter Videosharingplattformen wie YouTube soll das NetzDG nicht gelten. Der Grund ist die E-Commerce-Richtlinie der EU. Klar ist: Mit der gleichen Begründung, mit der das NetzDG nicht für YouTube gilt, gilt es auch nicht für Facebook oder Twitter.

Wir als Linke bleiben deshalb dabei: Das NetzDG muss in weiten Teilen aufgehoben werden. Wir müssen an die Ursachen der Verrohung öffentlicher Debatten ran. Dazu gehört auch der politische Kampf gegen den Rechtsruck in diesem Land. Statt des NetzDGs brauchen wir mehr spezialisierte Abteilungen in den Bereichen Justiz und Polizei, die das bestehende Strafrecht im Internet endlich konsequent umsetzen und durchsetzen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächstes spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Tabea Rößner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7444045
Wahlperiode 19
Sitzung 157
Tagesordnungspunkt Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes
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