06.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 157 / Tagesordnungspunkt 8

Alexander HoffmannCDU/CSU - Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes

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Danke. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Zimmermann, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie skizziert haben, wo wir vor dieser Debatte standen und wo wir heute sind.

Ich will bei der Fundamentalkritik anfangen, die von der AfD und in Teilen auch von der FDP kommt: Diesen ganzen Kritikern ist eines gemeinsam: Niemand von ihnen hat ein taugliches Mittel, mit dem wir diesen Auswüchsen in der digitalen Welt tatsächlich und effektiv begegnen können.

(Beifall des Abg. Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU] – Zuruf von der FDP: Stimmt doch gar nicht!)

Die Diskussion hat eine gewisse Chronologie, und man muss ehrlicherweise sagen, dass bei objektiver Betrachtung niemand bestreiten kann, dass wir erstens Regeln im Netz brauchen und dass zweitens diese Regeln durchgesetzt werden müssen. Bei objektiver Betrachtung wird niemand bestreiten, dass wir gerade im Netz Besonderheiten haben. Falschbehauptungen, Beleidigungen, Verleumdungen verbreiten sich rasend schnell, und das ist eben der erhebliche Unterschied. Binnen Stunden oder Tagen sind solche Informationen, Mobbing und dergleichen unrückholbar in der digitalen Welt.

In früheren Reden habe ich solche Fälle dargestellt und skizziert, was passieren kann. Menschen werden in den Suizid getrieben, weil Informationen nicht mehr zurückgeholt werden können. Auch dafür gibt es keinerlei Lösungshinweise von Ihnen.

Wir alle haben einen Lernprozess durchgemacht. Man muss ja mal ganz ehrlich sagen, dass die Phalanx des Widerstandes gegen das NetzDG am Anfang noch viel breiter war. Wir haben es uns in der Tat nicht leicht gemacht, weil wir von Anfang an gesagt haben: Das wird eine Gratwanderung, und es geht hier um die Abwägung der Meinungsfreiheit mit dem Bedürfnis der Sicherheit von anderen Usern. Deswegen haben wir dieses Instrument der Evaluierung etabliert und uns das nicht leicht gemacht. Verschiedene Anhörungen wurden durchgeführt, in denen – das kommt mir in diesen Debatten auch immer zu kurz – von einem Großteil der Sachverständigen – eigentlich von fast all denjenigen, die ernst zu nehmen sind – tatsächlich die Aussage kam: Jawohl, das ist der richtige Schritt. Ohne ein Instrument wie das NetzDG geht es nicht.

Es wäre mir schon wichtig, dass Sie bei aller fundamentaler Kritik, die Sie üben können, irgendwann schon ehrlich die Realität betrachten, dastehen und sagen: Es braucht ein Instrument dieser Art.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Kollege Brandner, ich habe vorhin überlegt, ob ich mich melden soll, weil doch auch die AfD gar nicht weiß – das sieht man bei ehrlicher Betrachtung –, wohin genau sie will. Die Mitglieder des Rechtsausschusses sind Zeuge Ihrer Aussage im Rechtsausschuss gewesen, wo Sie gesagt haben: Auch die AfD ist nicht mehr für die Abschaffung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Genau so ist es! Genau so war es! Gutes Gedächtnis! – Weiterer Zuruf: Das hat er gesagt!)

Und heute stellen Sie einen Antrag, in dem genau das wieder drinsteht!

(Dagmar Ziegler [SPD]: Ja, das ist stringent, wie wir sie kennen!

Herr Hoffmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, sehr gerne. Ich habe fast damit gerechnet, Herr Präsident.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Hellseher!)

Bitte sehr, Herr Brandner.

Sie haben die Zwischenfrage sozusagen provoziert. Sie haben immer hierhin geguckt, und Sie dachten: Wann kommt die Zwischenfrage endlich? Jetzt ist sie da.

Herr Kollege, wenn Sie meiner Rede aufmerksam gelauscht haben – und ich gehe davon aus; Sie saßen ja sogar, glaube ich, in der ersten Reihe, und akustisch verständlich kam ich auch rüber –, dann wissen Sie, dass ich die Drucksache 19/16919 ausdrücklich erwähnt habe. Sie kennen die Drucksache wahrscheinlich auswendig und wissen: Genau da ist der Änderungsantrag zu finden, den wir als AfD selber zu unserem Gesetzentwurf gestellt haben, weil wir – und das zeichnet die AfD aus – durchaus lernfähig sind.

(Lachen bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich mich recht erinnere, ist unser Gesetzentwurf zur Abschaffung auf der Drucksache Nummer – nageln Sie mich nicht fest; ich habe nicht jede Nummer im Kopf – 19/81 zu finden. Darauf folgt die Drucksache mit der Nummer 19/204 von der FDP, die wieder hinterherhechelte. Darin steht etwas zur Abschaffung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes.

Wir sind dann noch mal in uns gegangen, haben natürlich auch mit Sachverständigen gesprochen und alles auf uns wirken lassen und kamen dann tatsächlich zu der Überzeugung, dass – und jetzt kommt es; hören Sie zu – das NetzDG in Teilen – es geht um die Teile, die die Zustellung regeln – durchaus sinnvoll ist, und genau das habe ich in meiner Rede gerade auch so gesagt.

Jetzt kommt meine Zwischenfrage: Wollten Sie es nicht verstehen, oder haben Sie es nicht verstanden?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Es ging doch gar nicht um die Rede!)

Kollege Brandner, es ist jetzt sehr deutlich geworden, dass Sie sich jetzt mit der Nennung von Drucksachen durchschwurbeln.

(Stephan Brandner [AfD]: Gucken Sie doch nach!)

Der Wortlaut ist die Grenze jedweder Auslegung, und Sie haben im Ausschuss gesagt – das ist vorhin von anwesenden Mitgliedern bejaht worden –, die AfD sei nicht mehr für die Abschaffung.

Wir alle, die wir in diesem Raum sind, haben doch vorhin der Rede von Herrn Brandner beiwohnen dürfen.

(Zurufe von der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dürfen? – Müssen!)

Ich habe Verständnis, wenn nicht alle zuhören, Herr Kollege; aber ein Großteil wird es getan haben. Auch dort haben Sie wieder von der Abschaffung gesprochen, wobei ich ehrlicherweise davon ausgehen muss, dass Sie das ein Stück weit nur deswegen machen, um Ihre Klientel zu bedienen.

(Widerspruch bei der AfD)

Worum es mir geht: Schauen Sie doch einfach, dass Sie eine klare Linie bekommen und nicht heute so und morgen so reden. Sie tun sich schwer mit dem Thema, weil Sie inhaltlich fundiert und sachlich leider nicht herankommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Ich schicke Ihnen das Protokoll zu!)

Ich möchte am Ende meiner Rede den Blick für die sinnvollen Ergänzungen schärfen. Es ist vorhin schon angeklungen; auch die Frau Ministerin hat es skizziert: Wir stärken die Meinungsfreiheit, weil wir nämlich die Rechtsstellung der Nutzer gegenüber den Netzwerken stärken wollen. Auch das ist kein Zufall. Bedauerlicherweise müssen wir feststellen, dass gerade im Rahmen der Evaluierung deutlich geworden ist, dass sich die Netzwerke – ich sage es vorsichtig – an mancher Stelle einfach mehr Mühe geben könnten.

Wir führen ein Gegenvorstellungsverfahren ein, ein Schlichtungsverfahren und einen Zustellungsbevollmächtigten für die Wiederherstellungsklage. Er war zum Beispiel erforderlich, weil man gemerkt hat, dass das Engagement der Plattformen im Zuge solcher Diskussionen eigentlich sehr zurückhaltend ist.

Genauso verhält es sich mit der Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit von Meldewegen. Wenn man bei der Lektüre von Plattformen feststellt, dass es dem Betreiber offensichtlich nur darum geht, möglichst wenig Meldungen nach NetzDG zu erhalten, dann merkt man: „Da läuft etwas falsch“, und man merkt, wie viel Macht und Einfluss ein Netzbetreiber hat. Genau deshalb hat das NetzDG seine Daseinsberechtigung, und ich freue mich, wenn wir es in den gemeinsamen Beratungen weiterentwickeln können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7444049
Wahlperiode 19
Sitzung 157
Tagesordnungspunkt Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes
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