Peter BoehringerAfD - Aktuelle Stunde - Verfassungsgerichtsurteil zu EZB-Anleihekäufen
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Verfassungsgericht hat am Dienstag endlich das gesagt, was es schon spätestens 2016 zu den Anleihekäufen der EZB hätte sagen müssen: Die absolutistische Draghi’sche Rettungspolitik – koste es, was es wolle – ohne Rücksicht auf Rechtslage und Verhältnismäßigkeit ist ohne Kontrolle durch die deutsche Bundesregierung und diesen Bundestag nicht verfassungsgemäß.
Wir haben dazu diese Aktuelle Stunde angemeldet; denn das Urteil wird leider bereits jetzt relativiert. Die Regierungsfraktionen nehmen die schallende Ohrfeige des Gerichts gegen ihre jahrelange Untätigkeit einfach nicht an. Gestern etwa sagte der Unionsfraktionschef – ich zitiere –: Die Union hat in der Vergangenheit „immer wieder kritisiert, die EZB übertrete ihr Mandat mit den Anleihekäufen“. – Wie bitte, Herr Brinkhaus? Wieso haben Sie dann die Ihnen offenbar bewusste Mandatsüberschreitung der EZB nicht gerügt und abstellen lassen?
(Beifall bei der AfD)
Sie haben stattdessen Herrn Draghi noch das Bundesverdienstkreuz verliehen.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Zu Recht! – Dr. h. c. [Univ Kyiv] Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der Bundespräsident macht das! Das machen doch nicht wir!)
Warum haben Sie nicht den Bundestag einberufen, um den Rechtsbruch zu stoppen? Sie hätten damit einen potenziellen Schaden in Höhe von über einer halben Billion Euro von Deutschland abwenden können.
(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: So ein Blödsinn!)
Nun musste dies das Gericht einfordern.
Meine Damen und Herren, wir werden uns hier künftig sehr häufig und regelmäßig mit Beschlüssen des EZB-Rats beschäftigen: mit der permanenten Überschreitung der Grenzen der Geldpolitik, mit der Verhältnismäßigkeit einer Nullzinspolitik, deren Folgen die AfD – ebenso wie jetzt auch das Gericht – seit Jahren thematisiert wie die Zombifizierung der Wirtschaft, die Blasenbildung im Immobilienbereich und die Riesennachteile für deutsche Sparer und Mieter. Vor all diesen Themen können Sie sich jetzt nicht mehr wegducken, und das ist gut so.
(Beifall bei der AfD)
Zudem haben wir künftig bei allen Anleihekäufen der EZB die vom Gericht klar definierten Kriterien für monetäre Staatsfinanzierung zu prüfen. Bei PSPP konnte das Gericht einen Verstoß gegen Artikel 123 AEUV nur deshalb noch nicht feststellen, weil er noch nicht offensichtlich war und weil die EZB relevante Informationen nicht herausgibt.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Noch so ein Verschwörungstheoretiker!)
Schon heute aber ist völlig klar: Das neue PEPP-Programm der EZB über mindestens 750 Milliarden Euro, später aufstockbar auf viele, mehrere Billionen Euro, wird mindestens fünf der Kriterien des Gerichts nicht erfüllen: Es gibt bei PEPP keine Begrenzung der Anleihekäufe, keine Offenlegung der Emittenten, kein Einhalten der bisherigen 33-Prozent-Obergrenze, kein Einhalten des Kapitalzeichnungsschlüssels, keine qualitativen Mindeststandards der gekauften Anleihen. All das wird aber vom Gericht künftig für Verfassungskonformität explizit verlangt.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Da dieses Programm bereits läuft und alleine nur im April darüber Anleihen im Wert von über 115 Milliarden Euro gekauft wurden, ist Gefahr im Verzug. Das Gericht hat PEPP nur deshalb nicht direkt verboten, weil es formal nur über die PSPP-Klage von 2015 geurteilt hat. Wenn wir aber noch einmal fünf Jahre warten, bis es dann das sichere Urteil zur Verfassungswidrigkeit von PEPP geben wird, dann wird beim aktuellen Ankauftempo der EZB bis 2025 ein Schadenpotenzial in Höhe von 7 Billionen Euro entstanden sein. Wir haben nicht nur die gerichtliche Vorgabe, dies zu verhindern, sondern auch die ökonomische und gesetzliche Pflicht. Denn selbstredend greift ein solches Treiben der EZB mit einem deutschen Abschreibungsrisiko von bis zu fünf Jahreshaushalten massiv in die deutsche Finanzsouveränität ein.
(Beifall bei der AfD)
Ganz eindeutig ist dann auch noch das Haushaltsrecht künftiger Deutscher Bundestage gemäß Artikel 110 Grundgesetz verletzt.
Seit vorgestern hat die Regierung also nun endgültig keine Ausrede mehr, die EZB gegen die deutschen Sparer und Steuerbürger einfach gewähren zu lassen. Sie müssen PEPP sofort stoppen!
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Zudem erwarten wir zeitnah Ihre Vorschläge zur wirksamen Kontrolle aller EZB-Ratsentscheidungen durch den Bundestag. Ein kleiner Tipp dazu: Die AfD wollte bereits im März 2019 dem Deutschen Bundestag ein Fragerecht gegenüber der EZB verschaffen, was ja Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle der EZB gewesen wäre. Ich sagte damals hier zur faktischen Wirtschaftspolitik der EZB – Zitat –: Es besteht „klar ein Kontrollbedürfnis für uns als Parlament des größten EU-Haftungsstaats“. Mit unserem vorgelegten Antrag kann sich der Bundestag endlich die Möglichkeit verschaffen, der Kontrolle von Megaentscheidungen der EZB, die die nationalen haushalterischen Fragen weit überragen, öffentlich zu debattieren. Sie haben unseren Antrag damals alle abgelehnt. So wird es künftig nicht mehr gehen. Der Bundestag muss die Billionenentscheidungen der EZB endlich akribisch prüfen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ich weiß nicht, was Sie die ganze Zeit gemacht haben! Wir machen das immerzu!)
Für die CDU/CSU-Fraktion ist der nächste Redner der Kollege Andreas Jung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 158 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde - Verfassungsgerichtsurteil zu EZB-Anleihekäufen |