07.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 158 / Zusatzpunkt 21

Andreas JungCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Verfassungsgerichtsurteil zu EZB-Anleihekäufen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an dieser Stelle nach diesem Beitrag ausdrücklich darauf hinweisen, worum es in diesem Urteil geht und worum es in diesem Urteil nicht geht:

Erstens. Alleiniger Gegenstand dieses Urteils war und ist das Staatsanleihekaufprogramm PSPP. Es geht ausdrücklich nicht um die weiteren von Ihnen genannten Programme, und es geht ganz ausdrücklich – das ist in dem Urteil klargestellt, und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts hat es noch einmal klargestellt – nicht um die aktuellen Maßnahmen der EZB und anderer europäischer Institutionen, um in der Coronakrise europäische Solidarität zu zeigen. Deshalb ist für uns auch nach wie vor klar, dass jetzt in der Coronakrise europäische Solidarität das Gebot der Stunde ist.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Genauso ist für uns klar, dass diese europäische Solidarität stark sein muss, aber natürlich und selbstverständlich im Rahmen der geltenden Verträge. Das ist die Linie der Union, und das wird die Linie der Union bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens möchte ich darauf hinweisen, was zu diesem Programm PSPP gerade nicht gesagt wurde. Es wurde gerade nicht gesagt, dass gegen Artikel 123 AEUV verstoßen wurde, sondern es wurde im Gegenteil gesagt, dass ein Verstoß insoweit nicht feststellbar ist. Er enthält ein Verbot monetärer Staatsfinanzierung. Insoweit wurde gerade kein Verstoß festgestellt, sondern diese Entscheidung wurde insoweit gehalten. Dies wurde damit begründet, dass darin Ankaufobergrenzen vorgesehen sind, dass dort ein Schlüssel der EZB gewahrt ist, der eben gerade nicht dazu führt, dass hier zugunsten einzelner Mitgliedstaaten Unterstützung geleistet wird. – Das ist ganz ausdrücklich Gegenstand des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Ganz ausdrücklich wird dort auch gesagt, dass die Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages für den Bundeshaushalt von dieser Entscheidung nicht berührt ist.

Damit komme ich zu dem, was in dem Urteil steht. Das Bundesverfassungsgericht sagt: Wenn Institutionen – das gilt auch für europäische Institutionen, im konkreten Fall für die EZB – Entscheidungen treffen, dann muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. – Im konkreten Fall wird darauf hingewiesen, dass eine Abwägung zwischen den währungspolitischen Zielen und den wirtschaftspolitischen Zielen stattfinden muss. Auch das war immer unsere Haltung; wir haben sie auch immer so kommuniziert.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Ich will dazusagen, dass wir fest davon ausgehen, dass eine solche Abwägung stattgefunden hat, auch wenn sie in dem Beschluss des EZB-Rats nicht ausdrücklich wiedergegeben wurde. Deshalb werden wir das, was das Bundesverfassungsgericht uns aufgibt, nämlich darauf hinzuwirken, dass diese Verhältnismäßigkeitsprüfung jetzt dargelegt wird, genau so tun. Ich habe die Erwartung und auch die Hoffnung, dass man durch eine entsprechende Darlegung der Verhältnismäßigkeitsprüfung der EZB der Maßgabe dieses Urteils gerecht werden kann.

Ich will dann dazusagen, dass wir ganz allgemein Wert darauf legen, dass bei allen Entscheidungen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Europäischen Union, eine parlamentarische Befassung stattfindet, die parlamentarische Rückkopplung gewährleistet ist. Wir werden uns jetzt im Lichte dieser Entscheidung noch mal genauer angucken, welche konkreten Schlüsse wir daraus ziehen können.

Im Übrigen zeigt diese Entscheidung, dass wir in einem Zustand fortschreitender Integration innerhalb der Europäischen Union eine Kontrolle haben, die durch den EuGH gewährleistet wird, aber eben auch weiterhin durch das Bundesverfassungsgericht. Beide sind dazu aufgerufen, das in guter Kooperation miteinander zu tun. Das gelingt bei ganz vielen Entscheidungen des EuGH und des Bundesverfassungsgerichts. Wir haben hier einen absoluten Ausnahmefall. Ich habe die Hoffnung und Erwartung, dass wir jetzt durch das beschriebene Vorgehen den konkreten Sachverhalt klären können und dann EuGH und Bundesverfassungsgericht in gutem Einvernehmen deutsches und europäisches Recht weiterentwickeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Kollege Andreas Jung. – Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Kollege Christian Dürr.

(Beifall bei der FDP)

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