Lothar RiebsamenCDU/CSU - Beschäftigte in der Pflege
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gute und verlässliche Pflege in der stationären und ambulanten Langzeitpflege und in den Krankenhäusern mit professionellen Kräften sicherzustellen – darauf zielt ja insbesondere auch Ihr Antrag ab –, ist eines der wichtigsten Anliegen dieser Bundesregierung in der Gesundheitspolitik in dieser Legislaturperiode und war es auch schon in der letzten Legislaturperiode. Ich erinnere an die Pflegestärkungsgesetze I, II und III, ich erinnere an die Neuaufstellung der Ausbildung in der Pflege in der letzten Legislaturperiode, und ich komme noch darauf zu sprechen, was wir in dieser Legislaturperiode bereits gemacht haben.
Die gute Botschaft ist, dass wir aber bei all den Problemen, die wir nach wie vor haben und die sich jetzt, in der Coronakrise, auch wieder zeigen – das wird niemand bestreiten –, auch von diesen Gesetzgebungen ausgehende Wirkungen sehen. Auch darauf komme ich noch zu sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Jetzt hätte man ganz sicher nicht die Coronakrise gebraucht, um noch mal erneut ein Schlaglicht auf diese Problematik zu werfen. Darauf haben wir nicht gewartet, aber wir haben gesehen, dass neben der demografischen Entwicklung, die bekanntlich eine Herausforderung für die Pflege ist, auch noch ganz andere Dinge auf uns zukommen können – eben die Coronakrise. Sie haben recht, Frau Klein-Schmeink, wenn Sie ausführen, wie schwierig die Situation gerade in dieser Krise für die Pflege vor allem in den Alten- und Pflegeheimen ist. Ich erlebe das hautnah: Meine Schwägerin ist in einer solchen Einrichtung tätig; sie ruft mich oft an, und das ist auch richtig so. Sie ist im Heim mit einem Teil ihrer Kolleginnen und Kollegen und einem Teil der Bewohner selber an Corona erkrankt, hat die Infektion nach Hause getragen und meine Schwiegermutter angesteckt, die dann wiederum ins Krankenhaus musste. Sie hat sich Vorwürfe gemacht: Bin ich möglicherweise schuld, wenn das nicht gut ausgeht? – Es ist gut ausgegangen, Gott sei Dank. Und die ganze Familie war vier Wochen in Quarantäne. Daran wird klar, vor welchen Situationen die Familien stehen.
Deswegen war und ist es richtig, dass wir – um mal diesen einen Punkt, weil er so aktuell ist, herauszugreifen – eine Prämie nicht nur an die Pflegerinnen und Pfleger in den Alten- und Pflegeheimen, sondern an alle Berufsgruppen auszahlen – das wird der Bund machen –, und zwar in einer Höhe von 1 000 Euro. Es steht den Ländern an – und ich hoffe, sie werden es tun; einige Länder haben signalisiert, dass sie es tun werden –, diesen Betrag um weitere 500 Euro zu ergänzen. Da kann man sagen: Das ist zu wenig. – Natürlich, es kann immer mehr sein; aber ich bin froh, dass wir diesen Beschluss haben und dass wir zumindest an dieser Stelle jetzt handeln.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Völlig unabhängig von Coronakrise und Koalitionsvertrag haben wir – ich habe es gesagt – langfristig Verbesserungen in der Pflege eingeleitet, zum Teil sogar in Form eines Paradigmenwechsels. Sie wissen: Wir haben im Krankenhausbereich nicht mehr die Fallpauschalen in der Pflege, wir haben dort jetzt Pflegebudgets, die für jedes Krankenhaus an den dort vorhandenen Selbstkosten individuell ausgerichtet sind. Jede zusätzliche Kraft wird bezahlt, jede Tariferhöhung wird bezahlt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn es überhaupt noch Einschränkungen gibt – ja, auch das müssen wir einräumen –, dann die, dass es schwer ist, Pflegekräfte zu bekommen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das hat einen Grund!)
Das gilt auch für die 13 000 Stellen, die wir für die Altenpflege geschaffen haben. Deswegen haben wir mit der Konzertierten Aktion Pflege genau diesen Punkt, diese Herausforderung in den Mittelpunkt gestellt: Mittel und Wege zu suchen, um Pflegekräfte zu finden.
Natürlich spielt an der Stelle auch das Geld eine große Rolle, um den Beruf attraktiv zu machen. Deswegen haben wir bereits am 24. Oktober – das sind jetzt die Dinge, von denen ich sage, dass sie wirken, Dinge, die beschlossen sind und die wir umsetzen – ein Gesetz zur besseren Bezahlung, das Gesetz für bessere Löhne in der Pflege, beschlossen. Tagesaktueller könnte es kaum sein: Diese besseren Löhne sind zum 1. Mai 2020 in Kraft getreten. Es geht an der Stelle zunächst einmal um Mindestlöhne.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Bitte schön.
Sie heben ja jetzt auf die Mindestlöhne ab. Da reden wir ja perspektivisch über 15,40 Euro ab übernächstem Jahr, also sehr, sehr wenig. Glauben Sie, dass das das entsprechende Signal an junge Menschen gibt, den Pflegeberuf zu lernen und ihn auszuüben, und dass die besondere Kompetenz, die gerade Pflege in die Versorgung einbringen kann, damit auch nur annähernd abgegolten werden kann? Braucht es nicht ein ganz anderes Signal, wenn wir es gemeinschaftlich hinbekommen wollen, dass der Stellenwert von Pflege in dieser Gesellschaft auch wirklich gespiegelt wird? Können wir es uns da leisten, mit einem Mindestlohn von 15 Euro für eine ausgebildete Fachkraft um die Ecke zu kommen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
In der Tat, Frau Klein-Schmeink, das ist zu wenig. Aber auch Sie haben in Ihrem Antrag ausgeführt, dass das, was wir an der Stelle jetzt erreichen, ein wichtiger Punkt ist. Es sind 2 678 Euro brutto, bei einer dreijährigen Ausbildung. Das könnte mehr sein. Aber, wie gesagt, auch Sie haben in Ihrem Antrag ausgeführt, dass dies ein wichtiger Anfang ist und es wünschenswert wäre – dem schließen wir uns in vollem Umfang an –, dass wir nicht mit Mindestlöhnen arbeiten müssen,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
sondern dass wir zu Tarifverträgen für die gesamte Pflegebranche kommen.
An der Stelle schließe ich mich vollkommen dem Appell, den Sie in Ihrem Antrag an die Tarifpartner formulieren, an, zu Tarifverträgen zu kommen, die wir dann allgemeinverbindlich machen können. Das ist das Ziel.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir müssen aber unterscheiden zwischen dem, was der Gesetzgeber machen kann – das haben wir getan; deswegen ist es ein gutes Signal –, und dem, was wir den Tarifpartnern überlassen müssen.
(Beifall der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])
Da müssen wir zukünftig – das fordern wir auch – den entsprechenden Druck ausüben.
Der zweite Punkt ist die Personalbemessung. Auch das geht bereits auf die letzte Legislaturperiode zurück und wird demnächst wirken. Wir haben das Gutachten längst vorliegen – Stichwort: Professor Rothgang –, jetzt geht es um die Umsetzung, also die Personalbemessung in den Alten- und Pflegeheimen neu zu regeln, indem wir sie auf ein Fundament stellen, das wissenschaftlich fundiert ist.
Kommen Sie zum Schluss, bitte.
Es liegt jetzt auch an den Ländern, genau dies bei sich umzusetzen.
Letzter Punkt –
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
– ein Punkt noch –: Digitalisierung haben Sie in Ihrem Antrag gar nicht ausgeführt. Ich bin der Auffassung, dass zur Entlastung der Pflege in den Alten- und Pflegeheimen sowie den Krankenhäusern durch Digitalisierung noch deutlich mehr gemacht werden kann, als es bisher der Fall ist.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Martin Sichert, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7445380 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 159 |
Tagesordnungspunkt | Beschäftigte in der Pflege |