17.06.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 165 / Tagesordnungspunkt 21

Susanne FerschlDIE LINKE - Mindestlohn

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Mindestlohn muss jetzt auf wenigstens 12 Euro erhöht werden. So kommen wir mit Wumms aus der Krise.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch davon, liebe Bundesregierung, liest man überhaupt nichts in Ihrem Konjunkturpaket. Eine Erhöhung des Mindestlohnes und eine Stärkung der Tarifbindung stützen die Binnennachfrage und die Konjunktur deutlich mehr als Ihre befristete Mehrwertsteuersenkung à la Gießkanne, bei der sich Konzerne wie Amazon die Hände reiben. Jeder zusätzliche Euro in den unteren Einkommensgruppen fließt direkt in den Konsum und kommt somit der Wirtschaft und vor allem den Menschen zugute.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Drittel der Beschäftigten erhält derzeit weniger als 12 Euro pro Stunde und würde somit von einer Anhebung der Lohnuntergrenze direkt profitieren. Das ist so wichtig, insbesondere für Beschäftigte in den sogenannten systemrelevanten Berufen, also in der Nahrungsmittelproduktion, im Einzelhandel, in der Landwirtschaft usw. Die machen doch gerade für uns einen so wichtigen Job und werden teilweise so mies bezahlt, dass sie finanziell kaum über die Runden kommen. Vom Klatschen und Loben vonseiten der Politik kann niemand seine Familie ernähren und niemand seine Miete bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen ist es Zeit, aus diesem Hohen Haus endlich Taten folgen zu lassen.

Der aktuelle Mindestlohn ist ein Armutslohn. Das stellt sogar die EU-Kommission fest. In den meisten Ländern reicht der Mindestlohn aus, um das Armutsrisiko zu senken. In einem der reichsten Länder, nämlich in Deutschland, reicht er nicht aus. Das ist beschämend.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Gewerkschaft NGG und meine Partei Die Linke waren die Ersten, die die Notwendigkeit eines Mindestlohns erkannt haben,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr richtig!)

und ich bin stolz darauf, dass es ihn deswegen heute gibt.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 1995 auch schon die PDS! 1995/96!)

Üblicherweise kommt jetzt immer die gleiche Leier. Aber ich sage Ihnen, warum wir uns damals bei der Einführung des Mindestlohns enthalten haben. Wir haben uns deswegen enthalten, weil er seit der Einführung viel zu niedrig ist und nicht vor Armut schützt. Das Problem zieht sich durch wie ein roter Faden, bis heute.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Aber wir halten fest: Sie haben nicht zugestimmt!)

Ich bin froh, dass die lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen das verstanden haben und für den Mindestlohn in Höhe von 12 Euro sind, im Übrigen auch die überwiegende Mehrheit in diesem Land. Eine Studie im Auftrag des DGB hat ergeben, dass 78 Prozent der Befragten für einen Mindestlohn von 12 Euro wären,

(Beifall bei der LINKEN)

im Übrigen auch eine Mehrheit der FDP-Anhänger. Wenn Sie jetzt wieder damit kommen und sagen, das soll die Politik den Profis überlassen, dann hoffe ich, dass Sie heute die Anzeige in der „FAZ“ gelesen haben, eine Seite lang.

(Die Rednerin hält eine Zeitungsseite hoch)

Über 200 Wissenschaftler unterstützen die Forderungen zur Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: den Mindestlohn einmalig auf ein armutsfestes Niveau anheben. Dann kann die Mindestlohnkommission auf dieser Basis wieder die Erhöhungen beschließen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Genau so!)

Mir ist allerdings schon klar, welches Problem die SPD in der Bundesregierung hat. Das Problem heißt Union. Teile der Union haben eine Zurückhaltung, ja sogar eine Absenkung des Mindestlohns gefordert, völlig aberwitzig und am wirtschaftlichen Sachverstand vorbei.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Komplett daneben!)

Respekt vor arbeitenden Menschen sieht wirklich anders aus. Wie bei der Grundrente agieren Sie von der Union weder christlich noch sozial, sondern schäbig.

(Beifall bei der LINKEN)

Neben dem entsprechenden Mindestlohn sind natürlich auch die Kontrollen wichtig. Allein seit 2015, seit Einführung des Mindestlohns, sind der Sozialversicherung insgesamt 8 Milliarden Euro verloren gegangen, vom Lohnraub an den Beschäftigten ganz zu schweigen.

Deswegen bleiben wir dabei: Ein Mindestlohn von 12 Euro ist notwendig. Das stärkt die Tarifentwicklung und die Sozialversicherungssysteme. Es ist der sozialste Weg aus der Krise. Das ist der Wumms, den dieses Land nötig hat.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7452438
Wahlperiode 19
Sitzung 165
Tagesordnungspunkt Mindestlohn
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