Wolfgang Kubicki - Außenwirtschaftsrecht
Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Lieber Herr Bundesminister, Sie haben heute Geburtstag, also alles Gute, und selbstverständlich werde ich Sie deswegen etwas weicher anfassen als sonst.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Der kann das ab!)
Herr Kollege Müller, Anfassen schließen wir aus wegen der Infektionsgefahr, die damit verbunden sein kann.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Markus Töns [SPD])
Das meine ich natürlich im übertragenen Sinne.
Ich möchte den Minister erst einmal loben. Die deutschen Schlüsselindustrien sind vor ausländischem Zugriff zu schützen, wenn die Investoren neben wirtschaftlichen Zielen auch Machtziele verfolgen.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist immer so!)
Mit Investitionen Gewinne zu erzielen, ist legitim und für eine funktionierende Marktwirtschaft notwendig. Gefährlich wird es, wenn aus weiteren Gründen investiert wird, die mit Gier zu tun haben – und ich weiß nicht, ob Gier unbedingt legitim ist –, und zwar Kontrollgier nach Marktmacht, um den Wettbewerb auszuschalten, Gier nach Shareholder-Value, wenn Heuschrecken Firmen aufkaufen, die Substanz über Beraterhonorare aussaugen und Mitarbeiter auf die Straße setzen, und Neugier über das Absaugen deutscher Technologie durch ausländische Global Player und Investmentbanken. – Jetzt können Sie klatschen; denn etwas Ähnliches hat der Minister auch gerade gesagt. Da haben Sie auch geklatscht.
(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Ich habe selten so viel Quatsch gehört!)
Das war es auch schon mit unserem Lob für den grundsätzlich richtigen Ansatz der Bundesregierung. Ihr Ansatz verursacht bei differenzierter Betrachtung folgende Probleme. – Es wäre nett, wenn in der ersten Reihe vielleicht auch zugehört würde, wenn ich hier meine Rede halte. Ich bedanke mich bei den grünen Kolleginnen und Kollegen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu gibt es keine Pflicht! Dann müssen Sie bessere Reden halten!)
Die Kriterien für eine Prüfung ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland sind zu schwammig formuliert. Es werden keineswegs nur die sogenannten systemrelevanten Unternehmen geschützt. Die vagen Formulierungen – das ist eine Hauptkritik von uns – ermöglichen eine willkürliche Auslegung durch die Ministerien. Dann steht immer die Frage im Raum: Was ist systemrelevant und was nicht? Bei Bedarf kann man wohl auch eine Masken- oder Maulkorbproduktion für systemrelevant erklären, da die Kriterien nicht eindeutig sind.
Zur Nacharbeitung ihrer Änderungen zum Außenwirtschaftsgesetz hat sich die Regierung drei Wochen zusätzlich genehmigt – wenn Sie diese Zeit bloß sinnvoll genutzt hätten –, und zwar im Hinblick auf die sehr heftigen Nachwirkungen des Corona-Lockdowns. Man hätte den Gesetzentwurf an die Gefahren eines Ausverkaufs der deutschen Wirtschaft anpassen müssen. Diese sind nämlich durch die aktuellen Verwerfungen an den Kapitalmärkten gestiegen. Aber nichts wurde gemacht. Es ist ja auch klar: Es ist für die Regierung einfacher, sich als Retter mit fremdem Geld auf Kreditbasis feiern zu lassen – so richtig schön populistisch –, anstatt Sacharbeit zu leisten.
(Beifall bei der AfD)
Aber sei’s drum: Der wesentliche Schwachpunkt des Koalitionsvorschlags ist und bleibt die Ausgestaltung. Die alleinige Lösung über reine Kontrollmechanismen ist nicht effizient. Es fehlen zusätzliche Anreizmechanismen, insbesondere fiskalischer Natur. Darüber hinaus sind die Kontrollmechanismen – so steht es im Gesetzentwurf – auch noch mit folgenden praktischen Problemen verbunden:
Erstens. Es entsteht ein bürokratisches Prüfchaos. Bis zu fünf Ministerien sollen gemeinsam entscheiden, manchmal zusätzlich auch noch die Bundesregierung; gegebenenfalls ist auch noch die Zustimmung anderer europäischer Staaten einzuholen. Die Koalition ist sich dieses Tohuwabohus, denke ich, schon bewusst. Sie beschreibt selbst das Minimalziel ihres Änderungsantrags im Ausschuss: Zumindest die Fristen sollen für Unternehmen halbwegs durchschaubar gemacht werden. – Aber ob das einem ausländischen Unternehmer ausreicht, um planungssicher in ein deutsches Unternehmen zu investieren?
Zweitens sehen wir die Gefahr der außenpolitischen Einflussnahme. Siehe Nord Stream 2 – da haben wir es doch –: Einflussnahme außenpolitischer Natur auf das Außenwirtschaftsgesetz. Es ist realistisch, anzunehmen, dass deutsche Ministerien unter erheblichen Druck aus den USA geraten könnten. Dann hätten wir kein neutrales Außenwirtschaftsgesetz zum Schutze systemrelevanter deutscher Unternehmen mehr, sondern ein Sondergesetz gegen Investoren aus Russland und China.
(Beifall bei der AfD)
Als AfD-Bundestagsfraktion sehen wir es kritisch, dass viele Ministerien immer nur kontrollieren, anstatt Anreize zu setzen, obwohl Anreize doch Steuerungsinstrumente sind, mit denen man viel mehr Wirkung erzielen kann.
Aus diesem Grund beantragen wir als AfD-Fraktion in unserem Entschließungsantrag, Änderungen fiskalischer Natur ins Außenwirtschaftsgesetz einzubauen. Die deutschen Finanzämter verfügen über die notwendige Durchsetzungsfähigkeit, vor der auch ausländische Investoren Ehrfurcht haben. Damit bieten unsere Finanzämter einen viel wirksameren Schutz für systemrelevante deutsche Unternehmen als dieses Kompetenzwirrwarrprüf- und ‑entscheidungsgremium aus folgenden Ministerien, die bei uns mitquatschen: Wirtschaft, Verteidigung, Inneres, Finanzen, Auswärtiges; gegebenenfalls quatscht auch noch das Kanzleramt mit. Was für ein Chaos!
(Beifall bei der AfD)
Das angestrebte Ziel können die Finanzämter viel wirksamer und einfacher erreichen, zum Beispiel durch die gezielte Verteuerung von Käufen systemrelevanter Unternehmen, wenn diese Unternehmen auf Kosten des deutschen Steuerzahlers hochgepäppelt und erst dadurch wertvoll geworden sind. Ordnungspolitisch ist es sogar erforderlich, der Privatisierung von Gewinnen und der Sozialisierung von Verlusten einen Riegel vorzuschieben, damit die Marktwirtschaft, von der unser Minister immer so gerne spricht, funktionieren kann.
(Beifall bei der AfD)
Ausländische Investoren können, wenn sie wollen, sehr gerne systemrelevante deutsche Unternehmen kaufen, wenn sie bereit sind, dem deutschen Steuerzahler diejenigen Beträge zurückzuerstatten, die er vorher in diese Unternehmen in Form staatlicher Förderung investiert hat.
(Beifall bei der AfD)
In diesem Sinne sind die Vorschläge in unserem Entschließungsantrag aufgebaut: Anreize setzen, dafür Prüf- und Bürokratieaufwand reduzieren. Damit, liebe Bundesregierung, lässt sich Ihr Ziel, systemrelevante deutsche Unternehmen vor ausländischer Übernahme zu schützen, viel effizienter erreichen als mit Ihrem Kompetenzwirrwarrprüf- und ‑entscheidungsgremium.
Ich danke fürs Zuhören.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Nächster Redner ist der Kollege Markus Töns, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7452722 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | Außenwirtschaftsrecht |