Albrecht GlaserAfD - Zweites Corona-Steuerhilfegesetz
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket und das Zukunftspaket der Bundesregierung haben zusammen ein Volumen von 172 Milliarden Euro. Der Anteil steuerlicher Erleichterungen darin beträgt 50 Milliarden Euro, aber nur dann, wenn man die 11 Milliarden Euro Energiesubventionen für Wind und Sonne einbezieht, die in Zukunft direkt aus Steuermitteln und nicht mehr von den Stromabnehmern bezahlt werden sollen. Dies belastet dauerhaft den Bundeshaushalt und führt keineswegs zur Senkung der Strompreise. Für Unternehmen und Bürger ist dies daher völlig bedeutungslos.
Wenn man diesen Betrag und alle anderen steuerlichen Maßnahmen, die nur Stundungscharakter haben – und das ist die Mehrzahl –, von den 50 Milliarden Euro abzieht, dann bleiben nur noch 20 Milliarden Euro übrig, die sich bei der Mehrwertsteuersenkung als Einnahmeminderung des Staates darstellen und die Endverbraucher um diesen Betrag entlasten, sofern diese Steuersenkung bei ihnen überhaupt ankommt. Ist dies der Fall, fressen die zweimaligen Umstellungskosten für die Umsatzsteuer – in einem halben Jahr zweimal –, die in Milliardenhöhe geschätzt werden, diesen Vorteil nahezu auf.
(Beifall bei der AfD)
Keine Soliabschaffung, keine dauerhafte Ertragssteuersenkung, keine Steuervereinfachung, keine Bürokratieerleichterung – es gibt einfach nichts, was einer zwangskollabierten Volkswirtschaft wieder auf die Beine helfen könnte.
Ähnlich wirkungslos wird der Kinderbonus sein, der gerade einmal 4,3 Milliarden Euro Staatsausgaben verursacht. Er spart dabei aber die Kinder der Eltern aus, deren Kinderfreibetrag auf dem bisherigen Niveau eingefroren bleibt. So viel zur Gleichheit der Behandlung von Kindern.
(Beifall bei der AfD)
Die Sparquote, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in den letzten Wochen rapide angestiegen. Ein Nachfrageproblem gibt es in diesem Lande nicht, es gibt ein Angebotsproblem. Und es gibt ein Unsicherheitsgefühl der Menschen über die eigene wirtschaftliche Zukunft, weil die EU-Staaten im Schuldensumpf versinken.
Soweit das Konjunkturpaket Umverteilungen im öffentlichen Sektor vornimmt wie bei der Kompensation des Gewerbesteuerausfalls der Kommunen, der Umsatzsteuerausfälle der Länder, der Unterkunftskosten der Kommunen und der Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens, handelt es sich um ein Paket von 31 Milliarden Euro. Dieser Betrag erhöht die Schulden des Bundes, verändert jedoch nicht die Schuldenlast des Gesamtstaates und hat überhaupt keine wirtschaftliche Impulsfunktion.
(Beifall bei der AfD)
Bleiben noch die Investitionen des Zukunftpakets, seien es staatliche oder private. Nationale Wasserstoffstrategie, 5G-Netzausbau, Quantentechnologie, künstliche Intelligenz, Ladeinfrastruktur und E-Autoprämie, das meiste dieser 25 Milliarden Euro ist Zukunftsmusik. Eine zeitnahe Wirtschaftsbelebung wird davon nicht ausgehen.
(Beifall bei der AfD)
Alles zusammengenommen wird es in 2020 eine Nettoneuverschuldung des Bundes von 218 Milliarden Euro geben und Haftungsrisiken für Garantieerklärungen von vielen Hundert Milliarden Euro.
Und dann kommt die EU auf die Idee, sie müsse mit einem kreditfinanzierten Wiederaufbaufonds, dem „Next Generation EU“, auf alle staatlichen Hilfspakete den nationalstaatlichen Schuldenorgien noch die Krone aufsetzen. Allein Italien nimmt national mehr als 30 Prozent des BIP an Schulden für Coronahilfe in die Hand. Sie können sich vorstellen, was das für die italienische Schuldenquote bedeutet! Die bei der Kommission angedachten 750 Milliarden Euro sollen zudem in Höhe von 500 Milliarden Euro als zins- und tilgungsfreie Zuwendungen gewährt werden, also als Geschenk. Finanziert werden diese über EU-Emissionen, die durch erhöhte Umlagen der Mitgliedstaaten getilgt werden sollen – vor allem von Deutschland. Die vergleichsweise armen Deutschen – weit hinter Franzosen, Italienern, Spaniern und Griechen – mit der vergleichsweise höchsten Abgabelast, die vergleichsweise spät in eine vergleichsweise niedrige Rente gehen, sollen die vergleichsweise höchste Abfinanzierungsrate tragen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Dabei weiß bis heute niemand, wieso es sich gerade um 750 Milliarden Euro handelt und wofür dieses Geld überhaupt verwendet werden soll. Der Verteilungsmaßstab des Bedürftigkeitsschlüssels soll nichts mit der Zahl der Coronakranken zu tun haben, nichts mit der wirtschaftlichen Belastung des Gesundheitswesens zu tun haben und auch nichts mit dem Lockdown zu tun haben, sondern er stützt sich auf die Wirtschaftskraft 2019 – da gab es noch keine Krise – und die Arbeitslosenraten zwischen 2015 und 2019.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wann reden Sie denn zum Thema?)
Die Jahrhundertlast soll weder gegen Artikel 311 noch gegen Artikel 122 des AEUV verstoßen; in dem einen Artikel geht es um ein Darlehensaufnahmeverbot der EU, in dem anderen Artikel um EU-Hilfe bei einer asymmetrischen Belastung von Staaten. Beides funktioniert also nicht.
(Beifall bei der AfD)
Die kühne Behauptung aller Euromanen wird die AfD durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen müssen.
An Italien sollen 173 Milliarden Euro, an Spanien 140 Milliarden Euro zins- und tilgungsfreie Zuwendungen fließen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie reden zum falschen Gesetz!)
Das sind die Länder, die jeweils rund 400 Milliarden Euro zinslose Target-Überziehungskredite in Anspruch nehmen, die Deutschland zur Verfügung stellt. Damit finanzieren diese Länder ihre Einkäufe in Deutschland. Wir verhalten uns also so wie der Wirt, der seine Stammgäste ewig anschreiben lässt, bis sie alle Alkoholiker sind und die aufgelaufenen Rechnungen auch deshalb nicht mehr bezahlen können.
(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])
Wer Staatsschulden macht, muss auf Teufel komm raus Wirtschaftswachstum generieren, meine Damen und Herren. Das eine zieht das andere als notwendige Bedingung nach sich. Wer das nicht kann oder nicht will, etwa aus ökologischen Gründen – viele wollen aus berechtigten ökologischen Gründen vielleicht sogar gar kein Wirtschaftswachstum –,
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Na ja!)
der geht mit seinen Schulden unter. Die EU kann es einfach nicht. Und die nächste Generation kann es schon gar nicht, weil sie kleiner und weil sie technologisch defizitär sein wird. Mit Antifa und Billigabitur ist kein Staat zu machen.
(Beifall bei der AfD – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Was Sie hier also anrichten mit der Abschaffung der Selbstverantwortung der Nationalstaaten für ihr eigenes ökonomisches und finanzielles Wohlergehen, mit dem Euro und der Schuldenkollektivierung, muss zum europäischen Kollaps führen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir reden über das deutsche Steuerhilfegesetz! Das ist nicht zu fassen! Nicht dass Sie am Donnerstag die Rede halten, die Sie heute hätten halten müssen!)
Sie führen ihn herbei.
(Beifall bei der AfD)
Und Sie werden dafür die Rechnung zu bezahlen haben.
(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wohl die Rede verwechselt!)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Alexander Dobrindt, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 168 |
Agenda Item | Zweites Corona-Steuerhilfegesetz |