Siegbert DroeseAfD - Deutsche Ratspräsidentschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat mit ihrer Ratspräsidentschaft eine riesige Chance: die Chance, echte Reformen auf den Weg zu bringen oder zumindest Diskussionen dazu anzustoßen. Liest man jedoch das Arbeitsprogramm der Bundesregierung, gewinnt man den Eindruck, das Dokument wurde direkt in Brüssel verfasst und lediglich auf Briefpapier der Bundesregierung gedruckt. Es entsteht nicht der Eindruck, dass man die Kernprobleme der EU wie Strukturprobleme, das Demokratiedefizit und vor allem die Vertrauenskrise der Menschen in die EU anpacken will.
Darüber hinaus muss man in allen Dokumenten einen Aspekt mit der Lupe suchen – daher auch unser Antrag –: Das ist die Selbstkritik. Stattdessen sieht die Bundesregierung die EU als Global Player. Dabei hat die Union nicht mal die Maskenverteilung in der EU hinbekommen. Schon vor Corona war die EU gekennzeichnet vom Kampf über die Verteilung illegaler Migranten, vom Streit über den mehrjährigen Finanzrahmen und von Vorwürfen mangelnder Solidarität untereinander. Minister Maas sprach gestern hier an gleicher Stelle auch davon.
Bei allem, meine Damen und Herren, geht es aber um eins: Es geht immer um das liebe Geld, aber auch darum, wer recht hat unter den Mitgliedstaaten.
(Beifall bei der AfD)
Bestes Negativbeispiel, meine Damen und Herren, ist das Urteil aus Karlsruhe zu den EZB-Anleihen. Es wäre eine notwendige Aufgabe für die Ratspräsidentschaft, eine echte Diskussion über die Macht des EuGH zu starten. In diesem Kontext steht auch die unsägliche Debatte um die sogenannten geizigen Vier oder – nicht weniger abfällig – die sparsamen Vier. Martin Schulz hat hier im Plenum vor Kurzem vier souveräne EU-Länder als „Reichtumsseparatisten“ bezeichnet. Ein Skandal, wie ich finde. Entschuldigung: bis heute Fehlanzeige.
(Beifall bei der AfD)
Aber genau die Frage der Haftung, meine Damen und Herren, hätte der Hauptpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft sein müssen, schon um weiteren Schaden für das deutsche Volk abzuwenden. Die AfD-Fraktion, wir als freiheitliche Partei, sind jedenfalls dafür, dass die Union keine Schuldenunion wird.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, 500 Milliarden von 750 Milliarden Euro quasi als Geschenk: Das ist niemandem zu vermitteln. Wo bleiben da die Anreize, im eigenen Land vernünftig zu sparen und vernünftig zu wirtschaften, wenn ich weiß, dass am Ende die EU meine Schulden übernimmt? Denn das heißt ja, dass sie vor allem vom deutschen Steuerzahler bezahlt werden. Niemand wird ernsthaft in Zweifel ziehen, dass wir uns in einer Wirtschaftskrise befinden.
Brüssel und die Bundesregierung träumen vom Green Deal. Natürlich ist auch für uns Umweltschutz wichtig, allerdings ist die religiöse Fokussierung auf diesen Green Deal für uns die falsche Schwerpunktsetzung. Statt sich also in grüner Religion zu sonnen, muss neben der Wirtschaft die Demokratie in der EU gestärkt werden.
(Beifall bei der AfD)
Die AfD ist hier für eine Ratspräsidentschaft, wo das Thema „direkte Demokratie“ auf die Agenda hätte kommen müssen. Wir fragen uns: Warum wird der Präsident der Kommission nicht direkt von den Menschen in den Mitgliedsländern gewählt? Warum gibt es keine Volksabstimmungen über die Aufnahme weiterer Mitglieder, beispielsweise vom Westbalkan? Aber die EU schafft es ja nicht mal, die Sommerzeit zu reformieren. Es gab ja eine Internetabstimmung in der ganzen EU. Und Herr Juncker hat vollmundig gesagt: Wenn die EU-Bürger das wollen, machen wir das. – Seither: Still ruht der See. Meine Damen und Herren, der EU fehlt eben die Bürgernähe.
(Beifall bei der AfD)
Das Kernproblem der aktuellen EU ist aber eine Vertrauenskrise. Echte Subsidiarität, wieder mehr Souveränität der Mitgliedstaaten könnten dabei helfen, das Vertrauen in die Ursprungsidee, in die gute Idee der EU zurückzugewinnen. Gerade Corona hat aber gezeigt, wie wenig krisenfest diese EU ist. Die Bürger der Mitgliedstaaten müssen mehr entscheiden dürfen, souverän, ohne Angst vor Sanktionen oder Artikel-7-Verfahren.
Man möchte der EU zurufen: Einfach mal mehr Demokratie wagen!
(Beifall bei der AfD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Da seid ihr ja Weltmeister!)
Es ist jedoch zu befürchten, dass die deutsche Ratspräsidentschaft nichts daran ändern wird, dass die EU noch mehr ein Klub linker und grüner Ideologen wird. Schade um die ursprüngliche prima Idee der Wirtschaftsunion.
(Zuruf von der LINKEN: Welche Idee haben Sie denn?)
Für uns, meine Damen und Herren – damit komme ich zum Ende –, bleibt lediglich die Hoffnung; die Hoffnung, dass nach dem Brexit nicht ein Dexit notwendig wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die Zwiegespräche vielleicht draußen führen. Es ist so ein störendes Grundrauschen hier.
Die nächste Rednerin für die CDU/CSU-Fraktion ist die Kollegin Katrin Staffler.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7455459 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche Ratspräsidentschaft |