Katja SudingFDP - Digitalpakt Schule
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im vergangenen Schuljahr ist coronabedingt circa ein Drittel des Unterrichts ausgefallen. Bildungsforscher sagen: Unsere Kinder bezahlen das im Durchschnitt mit rund 3 bis 4 Prozent geringerem Erwerbseinkommen, über das gesamte Berufsleben gerechnet. Dieser niederschmetternde Befund darf uns nicht kaltlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Bildungs- und Lebenschancen sind in Deutschland ungleich verteilt; das wissen wir alle. Der wochenlange Unterrichtsausfall hat dieses Problem allerdings dramatisch verschärft. Das System Schule ist vor unser aller Augen zusammengebrochen. Schonungslos hat die Coronakrise die digitalen Defizite an deutschen Schulen für uns alle sichtbar gemacht.
(Beifall bei der FDP)
Während in anderen Ländern der Unterricht von heute auf morgen digital stattfinden konnte, waren viele Schulen hierzulande darauf völlig unvorbereitet. Wochenlang haben wir die Bildungschancen junger Menschen auf der Straße liegen lassen. Meine Damen und Herren, das ist ein Armutszeugnis.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU])
Den meisten Schulen fehlt es schlicht am Nötigsten für den digitalen Unterricht: keine didaktisch ansprechenden digitalen Lerninhalte, keine funktionierenden Lernplattformen, um Übungsaufgaben hochzuladen, keine Lernmanagementsysteme, um den Lernfortschritt der Schüler zu beobachten und individuell zu unterstützen, und nicht zuletzt heillose Überforderung der Lehrkräfte mit ungeklärten Datenschutzfragen. Was für eine Farce in Anbetracht des großen Engagements vieler Schüler, Lehrkräfte und Eltern, die das Schuljahr doch noch zu retten versuchten.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU])
Dieser Totalausfall muss ein Weckruf sein. Gefragt wäre jetzt die Bildungsministerin. Ganz kurz ist sie ja auch im März aufgetaucht für ein paar zusätzliche Mittel für die Tablets bedürftiger Schüler, die Schul-Cloud und IT-Administratoren. Alles richtig, aber davon ist in den Schulen gar nichts angekommen. Rund 5,5 Milliarden Euro hat das Bundesbildungsministerium im DigitalPakt Schule vor über einem Jahr dafür bereitgestellt. Doch die versauern auf dem Konto der Bundesregierung. Lediglich ein Bruchteil, nämlich 125 Millionen Euro, wurden den Schulen bislang ausbezahlt; das sind gerade einmal 2,5 Prozent des Gesamtvolumens. Und was macht Ministerin Karliczek? Statt einen Weg zu finden, wie das Geld an die Schulen kommt, zuckt sie nur mit den Schultern und zeigt auf die Länder. Frau Karliczek, das ist Arbeitsverweigerung.
(Beifall bei der FDP – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie ist gar nicht da! Auch kein Staatssekretär!)
– Großartig, vielleicht mag es ihr jemand ausrichten.
Wir Freien Demokraten wollen, dass die Mittel des DigitalPakts endlich an den Schulen ankommen. Dafür müssen wir die bürokratischen Hürden im Antragsverfahren drastisch senken. Weder Schulen noch Schulträger haben Zeit und Personal, um Hunderte Seiten Anträge und Hinweisblätter durchzuarbeiten. Für einen Volljuristen ist es vielleicht machbar, für jeden Schulleiter ist es aber eine Zumutung. Ändern Sie das endlich, damit die Mittel aus dem DigitalPakt endlich bei den Schulen ankommen, Frau Karliczek.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dass die Digitalisierung an Schulen nur mit guten Konzepten gelingen kann, ist richtig. Allerdings hilft es niemandem, das Rad neu zu erfinden. Nicht jede Schule muss Zeit mit der Entwicklung eines schuleigenen Medienkonzeptes vergeuden. Standardisierte Rahmenkonzepte gibt es schon heute, und Schulen sollten sie nutzen, erproben und währenddessen anpassen können. Dass das bisher nicht möglich ist, ist eine absolute Ressourcenverschwendung.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und zum Schluss: Das allein wird nicht reichen, um die Möglichkeiten digitaler Bildung voll zu nutzen. Neben der digitalen Infrastruktur muss auch in Lernmanagementsysteme, Lehr- und Lernmaterialien, Administratoren, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften, Datenschutzstandards und Vorgaben investiert werden. Das alles muss ineinandergreifen. Dafür brauchen wir den DigitalPakt 2.0 dringender denn je. Unser Konzept liegt längst auf dem Tisch. Setzen Sie es endlich um, Ministerin Karliczek. Die Bildungschancen einer ganzen Generation stehen auf dem Spiel.
(Beifall bei der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fangen Sie doch in NRW damit an!)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Ronja Kemmer für die Fraktion der CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7455560 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Digitalpakt Schule |