Heike HänselDIE LINKE - Deutscher Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat
Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Vorab möchte ich sagen: Deutschland hat ab Juli nicht nur die EU-Ratspräsidentschaft inne, sondern auch den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Dass es dazu weder von der Bundesregierung eine Regierungserklärung gab noch dass die Regierungsfraktionen dazu einen Tagesordnungspunkt aufgesetzt haben, zeigt eigentlich den Stellenwert, den die UN bei Ihnen hat. Dass dies die Opposition machen musste, ist wirklich ein Armutszeugnis.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass nun endlich eine Resolution zu dem Appell von UN-Generalsekretär António Guterres für eine globale Waffenruhe in Zeiten der Coronapandemie verabschiedet wurde: ausdrücklich eine ganz wichtige Resolution. Jetzt liegt es aber an der Bundesregierung, diese Resolution auch umzusetzen. Da würde ich doch gerne mal hören, wie die Bundesregierung das machen möchte. Unseres Erachtens wäre es am besten, sie würde für diesen Beitrag ihre Bundeswehrsoldaten aus den Kriegseinsätzen zurückziehen und alle Waffenlieferungen an Länder, die Krieg führen, stoppen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das betrifft zum Beispiel ganz konkret Libyen. Ich muss sagen: Die Appelle von Außenminister Heiko Maas an alle kriegführenden Staaten in Libyen, ihre Waffenlieferungen einzustellen, sind mittlerweile nur noch heuchlerisch, solange die Bundesregierung selbst weiter Waffen an genau diese Brandstifter in Libyen liefert. Ich finde, Sie müssen diese endlich stoppen, wollen Sie überhaupt noch glaubwürdig bleiben.
(Beifall bei der LINKEN)
Skandalös ist es auch, dass sich die Bundesregierung in dem aktuellen Konflikt zwischen Frankreich und der Türkei – es geht hier um die Kontrolle von Schiffen, die Waffen liefern – neutral verhält und damit dem engsten Partner, nämlich Frankreich, auch noch in den Rücken fällt. Diese Haltung ist unfassbar!
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir alle wissen doch, dass die Türkei sowohl Waffen als auch islamistische Milizen nach Libyen transportiert und dass sie nun, weil sie Kontrollen verhindern will, Frankreich militärisch droht. Ein unglaublicher Vorgang! Hier erwarte ich von der Bundesregierung eine klare Verurteilung und auch, dass es zu Konsequenzen für die Türkei kommt, sonst untergräbt sie doch ihren eigenen Friedensprozess, den sie in Berlin angestoßen hat.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Türkei ist ein Aggressor in der gesamten Region. Das betrifft auch die Bombardierungen im Nordirak. Das betrifft die Annexionspolitik im Norden Syriens. Dies sind klare Völkerrechtsbrüche. Diese müssen auch so von der Bundesregierung benannt und im UN-Sicherheitsrat verurteilt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Bundesregierung spricht ja sehr gerne vom Multilateralismus. Auch wir unterstützen ein multilaterales System. Das heißt aber, dass wir erwarten, dass sich die Bundesregierung gegen die zunehmende Blockbildung und Feindbildpolitik gegenüber China und Russland positioniert, also für ein multilaterales System, und dass sie – das ist auch eine der zentralen Herausforderungen der Vereinten Nationen – endlich zur Wiederherstellung des Völkerrechts beiträgt.
Wir erleben eine Erosion des Völkerrechts bei den Vereinten Nationen, unter anderem durch die zahlreichen Regime-Change-Kriege der NATO-Staaten. Wollen wir die Vereinten Nationen stärken, dann muss endlich die Stärke des Rechts wieder gegen das Recht des Stärkeren durchgesetzt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Das betrifft unter anderem auch den Nahen Osten – wir haben das diese Woche schon debattiert –: Die jahrzehntelange israelische Besatzungspolitik und der Siedlungsbau sind völkerrechtswidrig. Nun kündigt die israelische Regierung mit den Annexionsplänen ganz offen einen weiteren Völkerrechtsbruch an. Auch damit muss sich der UN-Sicherheitsrat beschäftigen. Das darf nicht ohne Konsequenzen für die israelische Regierung bleiben, wenn man in der Region eine Zweistaatenlösung überhaupt noch ernsthaft verfolgen will. Die Bundesregierung muss deshalb Palästina endlich als Staat anerkennen und die Rüstungsexporte in den Nahen Osten stoppen.
(Beifall bei der LINKEN)
Frau Kollegin.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.
Ja, schnell.
Es geht auch um die humanitäre Hilfe für Syrien; die steht auf der Tagesordnung. Wir setzen uns dafür ein, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien und auch gegen viele andere Länder endlich beendet werden. Das wäre ein ganz konkreter Beitrag für Armutsbekämpfung und für Frieden in der Welt.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Andreas Nick, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7456151 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Deutscher Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat |