10.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 20

Alexander UlrichDIE LINKE - Marktwirtschaft - Einführung einer Beteiligungsbremse

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt wirklich mal wieder ein abenteuerlicher Antrag der FDP vor. Man kann mittlerweile erkennen, warum euer Parteivorsitzender und Fraktionsvorsitzender dringend nach etwas Wirtschaftskompetenz sucht, die Generalsekretärin gemeuchelt hat und jetzt auf die Wunderwaffe Volker Wissing setzt; denn was heute hier und auch im Wirtschaftsausschuss von Ihnen gesagt worden ist, zeigt, dass Sie wirtschaftspolitisch in dieser Krise ein Totalausfall sind.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ginge es nach der FDP, hätten wir heute schon Hunderttausende Arbeitslose mehr. Sie kritisieren ganz offen und überall die Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes. Wenn wir das nicht machen würden, würde das im Ergebnis dazu führen, dass wir amerikanische Verhältnisse hätten. Wir hätten heute wahrscheinlich 1 bis 2 Millionen Arbeitslose mehr, wenn direkt entlassen worden wäre. Sie sind auch gegen staatliche Beteiligungen, durch die ja hoffentlich auch Jobs gerettet werden. Die FDP ist mal wieder für die Aktionäre und für die Wohlhabenden, aber nicht für die Beschäftigung und für die Daseinsvorsorge des Staates.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Falko Mohrs [SPD]: Traurig, aber wahr!)

Deshalb kann man nur sagen: Ihr Antrag sollte möglichst schnell dahin, wo er hingehört, nämlich in den Mülleimer. Wir sollten uns im Wirtschaftsausschuss gar nicht mehr damit beschäftigen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Herr Altmaier, es ist schön, dass Sie heute hier sind. Ich fange mal ein bisschen positiv an. Sie haben mich diese Woche schon zweimal überrascht. Am Montag haben Sie bei „Hart aber fair“ erklärt, dass Sie gegen Sanktionen sind – wenn es um Nord Stream 2 geht, geben wir Ihnen sogar recht; aber dann frage ich mich, warum Sie in der Vergangenheit bei gewissen Staaten immer für Sanktionen waren –, und heute stellen Sie sich hierhin und sagen, Sie wären schon dafür, dass der Staat in der öffentlichen Daseinsvorsorge seine Rolle hat. Sie haben die FDP kritisiert, dass sie in ihrem Antrag von Ihnen abgeschrieben habe. Wenn Sie sich jetzt für die öffentliche Daseinsvorsorge in staatlicher Hand aussprechen, dann würde ich Ihnen nach der Debatte einen Auszug aus unserem Parteiprogramm geben; denn da machen wir gute Vorschläge, was alles in staatlicher Hand sein sollte.

(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Houben [FDP]: Besser nicht!)

Da geht es – das kann ich dem Vorredner sagen – um Internetverbindungen, um Energieversorgung, es geht um Wasser, es geht aber auch um das Gesundheitswesen. Stellen Sie sich doch mal hierhin und sagen: Jedes Krankenhaus, das privatisiert worden ist, sollte wieder rückverlagert werden. Wir brauchen eine Rekommunalisierung der Krankenhäuser.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen kein Geschäft mit kranken Menschen, sondern wir wollen, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. – Das wäre mal eine lohnenswerte Debatte.

Zum Thema Lufthansa sage ich Ihnen, Herr Altmaier: Da haben Sie vieles falsch gemacht. Wenn Sie 9 Milliarden Euro in die Hand nehmen – also viel mehr, als dieses Unternehmen an der Börse wert ist –, aber komplett darauf verzichten, ein Mitspracherecht auszuüben, dann tun Sie das Gegenteil von dem, was wir als Linke fordern: Wenn sich der Staat beteiligt, muss das mit Beschäftigungssicherung einhergehen und bei der Lufthansa auch mit klimagerechtem Arbeiten. Aber darauf verzichten Sie.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es hätte sich jetzt die Chance geboten, statt dass die Lufthansa 20 000 Arbeitsplätze abbauen will, darüber zu debattieren, mit staatlicher Unterstützung zum Beispiel zu einer Arbeitszeitverkürzung à la IG Metall – Viertagewoche für gewisse Branchen – zu kommen. Das wäre nicht nur bei der Lufthansa ein geeignetes Instrument, um Beschäftigung zu sichern.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nur: Wenn der Staat sich da rauszieht, dann hat man diese Einflussmöglichkeiten natürlich nicht.

Herr Altmaier, wir unterstützen Sie dann, wenn Sie Ihren Worten glaubhaft folgen wollen, dass wir in vielen Bereichen eine Rekommunalisierung brauchen. Dafür muss der Bund die Kommunen finanziell durch einen Altschuldenfonds entlasten, damit die Kommunen aktiv bleiben können. Dann hätten Sie auch uns auf Ihrer Seite. Aber ich glaube, das, was Sie heute gesagt haben, haben Sie nicht ernst gemeint.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Alexander Ulrich. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Andreas Lenz.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7468946
Wahlperiode 19
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Marktwirtschaft - Einführung einer Beteiligungsbremse
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