11.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 174 / Tagesordnungspunkt 30

Matthias BartkeSPD - Lobbyregister beim Deutschen Bundestag

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor Ihnen steht ein hochzufriedener Sozialdemokrat.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Bis Sonntag, 18 Uhr! – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Und das, ohne rot zu werden!)

Seit zehn Jahren fordert die SPD ein Lobbyregister, und jetzt kommt es. Hartnäckigkeit zahlt sich aus.

(Beifall bei der SPD)

Mit großer Freude stelle ich fest: Es hat ein Bewusstseinswandel stattgefunden. Die anständigen Parteien rechts der Mitte, also Union und FDP, waren früher die härtesten Kritiker eines Lobbyregisters, und jetzt sind sie dafür. Bei der Union waren das wohl die Verfehlungen von Philipp Amthor, die zu diesem Sinneswandel beigetragen haben. So hat alles Schlechte eben auch sein Gutes.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz grundsätzlich gilt: Lobbyismus gehört als Interessenvertretung zu den Wesensmerkmalen eines demokratischen Staates.

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Aber Lobbyismus ist nur dann legitim, wenn er auch transparent ist. Genau das ist derzeit aber nicht der Fall.

Gestern war der Warntag 2020. Der hat ja bekanntlich nicht besonders gut funktioniert. Aber ein Warnsignal haben wir alle hier im Plenum gehört, und zwar als Sozialminister Hubertus Heil vor den Lobbyisten gewarnt hat, die versuchen, das Lieferkettengesetz zu stoppen. Mit einem Lobbyregister wäre auch deren Tätigkeit transparent. Und eben haben wir die Debatte zu Wirecard gehabt: Auch die Tätigkeit von Herrn zu Guttenberg wäre deutlich transparenter gewesen, wenn wir ein Lobbyregister gehabt hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Apothekendebatte auch!)

Die Grenze zwischen transparentem Lobbyismus und intransparenter Mauschelei ist derzeit absolut fließend, und das werden wir jetzt ändern.

(Beifall bei der SPD)

Künftig gibt es eine Registrierungspflicht in einem Lobbyregister. Die Pflicht gilt für diejenigen, die Interessenvertretung bei der Gesetzgebung ausüben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Lobbyisten müssen sich künftig registrieren lassen. Sie müssen künftig ihre Auftraggeber nennen. Sie müssen künftig alle wesentlichen Angaben zu ihrer Tätigkeit darlegen. Sie müssen künftig vor einer Kontaktaufnahme mit Abgeordneten Auftraggeber und Anliegen nennen. Und schließlich – ganz wichtig –: Sie müssen künftig ihre finanziellen Aufwendungen, ihre Zuwendungen, ihre Zuschüsse und ihre Spenden offenlegen. Tun sie das nicht, kommen sie auf eine öffentlich einsehbare schwarze Liste.

Erfolgshonorare für Lobbyisten sind künftig verboten. Verstöße oder falsche Angaben im Lobbyregister werden geahndet. Interessenvertretung darf künftig nur noch auf Basis eines anerkannten Verhaltenskodex erfolgen. Dieser Kodex muss den Grundsätzen der Transparenz, der Ehrlichkeit und der Integrität dienen.

(Beifall bei der SPD)

Und dieser Kodex muss ein öffentliches Rügeverfahren vorsehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind alles Regeln, die uns die lobbykritischen Verbände ins Stammbuch geschrieben haben, und die setzen wir jetzt um, eins zu eins.

Ein Thema haben die lobbykritischen Verbände aber auch absolut zu Recht angesprochen. Die allermeisten Gesetze werden schließlich nicht vom Bundestag initiiert, sondern von den Bundesministerien, und auch dort sind die Lobbyisten aktiv. Das Lobbyregistergesetz muss daher auch für die Bundesregierung gelten. Auch die Bundesregierung muss Treffen mit Lobbyisten und deren Stellungnahmen veröffentlichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

Das ist eigentlich Konsens unter Experten. Daher waren wir alle konsterniert, als die Kanzlerin in ihrer Sommerpressekonferenz vor zwei Wochen genau das Gegenteil gesagt hat, nämlich dass das Lobbyregister nicht für die Bundesregierung gelten solle. Man muss es ganz klar sagen: Ein Lobbyregister, das nur für den Bundestag gilt, nicht aber für die Bundesregierung, das ist nur ein halbes Lobbyregister. Es war daher richtig, dass Vizekanzler Olaf Scholz vorgestern in der Regierungsbefragung deutlich gemacht hat, dass er ein Lobbyregister auch für die Bundesregierung möchte.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Das ist der, der heute nicht da ist!)

Am Ende will ich daher ausdrücklich sagen: Ich begrüße es sehr, dass die Union in diesem Punkt eingelenkt hat. Wir werden als Koalition gemeinsam einen Änderungsantrag einbringen, nach dem das Gesetz auch für die Bundesregierung gilt.

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Hört! Hört! Längst überfällig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, heute ist ein guter Tag für den Parlamentarismus.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Thomas Seitz, AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7469611
Wahlperiode 19
Sitzung 174
Tagesordnungspunkt Lobbyregister beim Deutschen Bundestag
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta