16.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 175 / Tagesordnungspunkt 3

Michael ThewsSPD - Einführende Generaldebatte Nachhaltigkeit

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir wollen, ist eine weltweit nachhaltige Entwicklung. Und angesichts der brennenden Herausforderungen von Flucht, Kriegen, Verschmutzung der Umwelt, Erwärmung des Klimas und schwindender natürlicher Ressourcen brauchen wir auch eine nachhaltige Entwicklung.

Doch wer beschäftigt sich eigentlich im Bundestag mit dem Thema Nachhaltigkeit? In welchem Gremium werden die 17 SDGs mit den Entwicklungen dieser Welt in Verbindung gebracht, und wo werden Gesetzentwürfe auf Nachhaltigkeit geprüft, bevor sie überhaupt verabschiedet werden? Hierfür wurde der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung geschaffen. Die öffentlichen Fachgespräche liefern immer wieder interessante Einblicke in die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit und – kleiner Tipp – sind online abrufbar. Schauen Sie da also ruhig mal rein!

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei den Kolleginnen und Kollegen für die nicht immer konfliktlose, aber stets konstruktive Zusammenarbeit im Beirat. Ich freue mich, dass wir auch Ansätze gefunden haben, um ihn weiterzuentwickeln. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir über eine erweiterte Nachhaltigkeitsprüfung reden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube jedoch, dass ein weiterer Bereich der Nachhaltigkeit immer stärker an Bedeutung gewinnen wird. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Waren des alltäglichen Lebens zu jeder Zeit an jedem Ort verfügbar sind, und eine sich immer schneller weiterentwickelnde Technik fordert uns auf, das neue Auto, das neue Handy, die neue Kamera oder einen Fernseher in immer kürzeren Abständen zu kaufen, obwohl die alten Geräte noch tadellos funktionieren.

Auch die Lebensmittelproduktion verändert sich: Dank immer ausgefeilterer Verpackungen werden Lebensmittel mit ansprechender Optik und einer längeren Haltbarkeit auf den Markt gebracht.

Ja, Deutschland ist Weltmeister im Mülltrennen. Doch wenn wir uns zu Hause die Mülltonnen anschauen, sehen wir, dass die gelbe Tonne und die Papiertonne oft bis zum Rand gefüllt sind. In Deutschland werden jährlich allein 19 Millionen Tonnen Verpackungsmüll produziert.

In der Produktion werden für Produkte und Verpackungen wertvolle Rohstoffe eingesetzt: Für Plastik ist es Erdöl, für Papier und Pappe werden Holz und Wasser verbraucht, im Elektrobereich sind es Kupfer und weitere Metalle sowie Seltene Erden, und Eisen in Form von Stahl brauchen wir für unsere Autos.

Unter dem immer stärker wachsenden Konsum der großen Industrienationen leidet insbesondere der Globale Süden. Ich will an der Stelle vielleicht noch mal sagen, wie wichtig das Lieferkettengesetz ist,

(Beifall bei der SPD)

und da auch der ökologische Faktor, der auf alle Fälle berücksichtigt werden muss. Um die Rohstoffe für unsere Produkte zu gewinnen, werden Bäume geschlagen, Minen in den Boden getrieben, Wasser verbraucht, nach Erdöl gebohrt und in letzter Konsequenz die Lebensbedingungen in diesen Ländern oft weiter verschlechtert.

Der Verbrauch an Ressourcen in den Industrieländern überschreitet die Regenerationsfähigkeit der Erde bei Weitem. Mittlerweile verbrauchen wir für unseren Lebensstil so viele Ressourcen, dass es 1,6 Erden bräuchte, um den Bedarf zu decken. Dieser besorgniserregenden Entwicklung wollen und müssen wir entgegenwirken. Es ist daher unser erklärtes Ziel, unsere Energie zukünftig regenerativ zu gewinnen.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Mit dem Kohleausstieg, dem Klimaschutzgesetz und weiteren Entscheidungen haben wir hierfür bereits wichtige Weichen gestellt.

(Beifall bei der SPD – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist es!)

Aber woher sollen die Rohstoffe für die neuen Produkte kommen, wenn die Quellen erst einmal erschöpft sind, und wie viel Zerstörung der Natur, von Lebensräumen und Biodiversität wollen wir akzeptieren, um weitere Rohstoffquellen zu erschließen? Ich glaube daher, dass die Kreislaufwirtschaft neben den regenerativen Energien das nachhaltige Grundprinzip für eine zukunftsfähige Wirtschaft und Lebenswelt ist. Hierzu aber muss das Prinzip der Kreislaufwirtschaft mit aller Kraft aus dem Bereich der früheren Abfallwirtschaft herausgehoben werden.

(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])

Beim geplanten Einsatz von Rohstoffen, bei der Planung neuer Produkte und beim Design von Produkten muss über den gesamten Lebenszyklus hinweg sichergestellt werden, dass diese recycelt werden können.

Heute wird eine echte Kreislaufwirtschaft häufig verhindert. Verbundmaterialien, die nicht getrennt werden können, teilweise fragwürdige und immer wieder auch gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe und Farben sowie nicht zerlegbare Geräte und vieles mehr verhindern oft ein hochwertiges Recycling. Das führt zu Downcycling, zu minderwertigen Produkten, die am Ende auf dem Markt kaum Interesse finden.

Das öffentliche Fachgespräch im PBnE in der letzten Woche hat gezeigt, dass bereits heute erfolgreiche Unternehmen in Deutschland ganz auf Kreislaufwirtschaft setzen und das Cradle-to-Cradle-System, also hochwertiges Recycling, anwenden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die deutschen Unternehmen in der Kreislaufwirtschaft sind Weltspitze, und wir wollen, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn wir es aber nicht schaffen, Recyclingfähigkeit zur Grundvoraussetzung für die Herstellung von Produkten zu machen, um Kreisläufe wirklich zu schließen, werden wir der Entwicklung immer nur hinterherlaufen und am Ende feststellen, dass eine Produktion ohne Rohstoffe, die übrigens meistens nicht aus unserem Land kommen, hier nicht möglich sein wird. Die Kreislaufwirtschaft muss daher als nachhaltiges Grundprinzip weiterentwickelt und auch in anderen Gesetzesbereichen als Grundvoraussetzung für eine Wirtschaft verankert werden, die unsere natürlichen Ressourcen nachhaltig schont. Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Baustein für das, was wir wollen: eine weltweit nachhaltige Entwicklung.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht für die Fraktion der CDU/CSU die Kollegin Dr. Katja Leikert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7470412
Wahlperiode 19
Sitzung 175
Tagesordnungspunkt Einführende Generaldebatte Nachhaltigkeit
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