18.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 177 / Tagesordnungspunkt 23

Ernst Dieter RossmannSPD - Digitalpakt 2.0

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie, dass ich Sie zum Schluss noch auf ein Problem in diesem Kontext hinweise. Nach dem Grundgesetz haben wir als Bund die Aufgabe, initiativ und stimulierend in Bezug auf Bildungsinnovation zu wirken. Wir haben gleichzeitig die Aufgabe, sozialen Ausgleich und Zugang zu Bildungschancen für alle zu erreichen.

Unter diesem Gesichtspunkt gibt es ein Problem, so gut wir es mit dem ersten DigitalPakt und mit dem anhängenden Sofortprogramm auch gemeint haben. Die Art der Umsetzung ist in Bezug auf den DigitalPakt vielleicht noch möglich. Sie erfolgt nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, bei dem Steueranteile und Einwohnerzahl betrachtet werden. Aber wenn man das Sofortprogramm nach dem gleichen Schlüssel administriert, hat dies eine gravierende soziale Ungleichheit zur Folge. Machen Sie sich das klar!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Genau! Sehr richtig!)

Sie haben angesprochen, dass es Bundesländer gibt – ich will sie gar nicht nennen, weil Sie sie alle kennen –, in denen der Anteil von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren in Bedarfsgemeinschaften bei 27 Prozent und über 30 Prozent liegt. In anderen Bundesländern sind es 6,2 Prozent, 8,1 Prozent. Aber die Verteilung dieser Sofortprogrammmittel geht nach dem gleichen Leisten über alle Bundesländer. Dies hat zum Ergebnis, dass es Bundesländer gibt, in denen es keine soziale und Kinderarmut in diesem Sinne gibt. Diese Bundesländer können ihre betroffenen Bedarfsgemeinschaften mit dem Doppelten an Geld in Bezug auf das ausstatten, was für Kinder und Jugendliche zur Verfügung steht. Andere können nicht einmal alle mit dem Geld, das wir bereitgestellt haben, erreichen. Das geht nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN und der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist Ignoranz gegenüber dem, was eigentlich gefordert war, als im April Frau Esken zusammen mit anderen gesagt hat: Wir wollen die 2,2 Millionen Kinder, die im Sozialbezug sind – Arbeitslosengeld, Wohngeld, Aufstockungsbezug –, in den Blick nehmen, weil wir das in Bezug auf den DigitalPakt und in Bezug auf das Sofortprogramm verschlafen haben. – Wir haben dies vollkommen aus dem Blick verloren. Wir können sie in den Blick zurückholen, indem wir vielleicht noch einmal über das Bildungs- und Teilhaberecht nachdenken.

(Beifall der Abg. Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE] und Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es gibt ja einen Rechtsanspruch darauf, dass Kinder und Jugendliche auskömmlich in ihren Bildungschancen gefördert werden. Ich werbe dafür, dass wir bei einem nächsten Paket, einem DigitalPakt II oder einem weiteren Sofortprogramm, endlich ernsthaft darüber debattieren; denn wir haben doch ein Interesse daran, dass alle gleich gefördert werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir weisen auch darauf hin, dass nicht nur bei Kindern und Jugendlichen die Armut unterschiedlich verteilt ist. Es gibt auch reiche und arme Kommunen. Wir haben hier einmal ein Programm gehabt – Sie erinnern sich daran –, bei dem Investitionen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für finanzschwache Kommunen vorgesehen waren. Das haben wir jetzt auch eliminiert.

Es gibt mittlerweile – das ist gut – in Bezug auf das Grundgesetz die Möglichkeit, Bildungsinfrastruktur in allen Kommunen zu fördern. Aber gerade wenn es um das geht, Frau Stumpp, was Sie angesprochen haben, nämlich darum, die Finanzschwächeren auf das gleiche Niveau zu heben, müssen wir vielleicht auch eine Finanzdifferenzierung in Bezug auf die Fördermittel in einem zukünftigen Investitionsprogramm, die wir ausbringen wollen, mitdenken. Das sind wir dem Anspruch schuldig, soziale Gerechtigkeit und gleichen Zugang für alle zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich wollte Ihnen das gerne zum Schluss antragen. Dies ist eine Gemeinschaftsaufgabe für alle, die in diesem Land – in Bund, Ländern und Kommunen – Verantwortung tragen.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN und der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Dr. Ernst Dieter Rossmann. – Damit schließe ich die Aussprache.

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7470739
Wahlperiode 19
Sitzung 177
Tagesordnungspunkt Digitalpakt 2.0
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