Sonja SteffenSPD - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe 2013 meine Arbeit als Berichterstatterin der SPD-Fraktion für den Haushalt der Entwicklungszusammenarbeit übernommen. Damals lag der Etat bei knapp 6,3 Milliarden Euro. Jetzt, sieben Jahre später, hat sich der Etat um 6 Milliarden Euro erhöht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Entwurf 2021 sieht in der Tat 12,4 Milliarden Euro für die Entwicklungszusammenarbeit vor. Das ist mehr als jemals zuvor. Wir wollen es hier einmal festhalten: Seitdem die SPD wieder mitregiert, seit 2013 also, haben wir den Etat für die Entwicklungszusammenarbeit verdoppelt. Und das kann sich sehen lassen.
(Beifall bei der SPD)
Ich betone das hier ausdrücklich, weil es wirklich das Verdienst der SPD-Bundestagsfraktion ist.
(Beifall bei der SPD – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wussten wir ja gar nicht! Ich dachte, das ist das Verdienst der Opposition!)
Es ist zwar verständlich, Herr Minister, dass Sie sich dafür feiern lassen wollen – das ist auch durchaus berechtigt –; aber der abknickende Finanzplan für die nächsten fünf Jahre zeigt: In der Regierung hat das Thema Entwicklungszusammenarbeit keine gute Vertretung. Ohne den Druck aus dem Parlament würde es hier ganz anders aussehen.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Finanzminister Scholz ist aber auch nicht so ganz hilfreich!)
Neben meinen Kolleginnen und Kollegen – ich nenne jetzt mal stellvertretend Gabi Weber, Sascha Raabe und Rolf Mützenich, aber auch meine Kollegen von der Union Carsten Körber und Volkmar Klein –, die sich schon immer mit Nachdruck für einen höheren Etat eingesetzt haben,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
sind es auch große Namen, die schon fast in Vergessenheit geraten sind, die sich in den letzten Jahren für diesen Etat sehr stark eingesetzt haben. Ich muss es hier einmal ganz klar sagen: Ohne Andrea Nahles und ohne Sigmar Gabriel würden wir heute über eine deutlich geringere Summe reden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber nicht nur die Summe zeigt, dass wir es hier mit einem richtigen Parlamentsetat zu tun haben. Auch die Schwerpunkte zeigen, wie wichtig wir alle – fast alle; rechts außen natürlich nicht – diesen Einzelplan nehmen: Wir haben in den letzten Jahren die deutschen Beiträge für die multilateralen Institutionen erheblich gestärkt. Wir haben die globale Gesundheit schon vor der Pandemie in den Fokus gestellt. Wir haben dafür gesorgt,
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist jetzt noch mal „wir“?)
dass mit den Sonderinitiativen – ich muss es so sagen, Herr Minister – kein Schattenhaushalt des Ministeriums entstanden ist. Und wir haben dafür gesorgt, dass besonders Mädchen und Frauen in den Fokus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit rücken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Hier möchte ich noch etwas weiter ausholen; denn wir haben aktuell in der Tat viel zu verlieren; der Minister hat vorhin auch schon darauf hingewiesen. Ich möchte es mal ganz konkret machen: Lassen Sie uns an ein Mädchen in einem der LDC, der ärmsten Länder der Welt, denken – ein Mädchen, das durch Krieg, durch die humanitäre Lage, durch den Klimawandel viel verloren hat, ein Mädchen, das wenig Chancen hatte, ein Mädchen, das aber das Glück hatte, durch die gemeinsame Hilfe der Weltgemeinschaft eine Perspektive zu haben. Es wurde durch das World Food Programme ernährt. Es wurde durch die Impfallianz GAVI, GFATM und GPEI zumindest mit den notwendigen Impfungen versehen. Es wurde durch GPE mit einer Grundbildung versorgt. UNICEF hat aufgepasst, dass es eine richtige Kindheit haben konnte und nicht arbeiten musste. Und UN Woman sorgt dafür, dass es auch als Frau einen Platz in der Gesellschaft finden kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, dank der politischen Stiftungen, dank der Kirchen und dank der privaten Träger sieht sie für ihre Gesellschaft eine Zukunft. Aber all diese Errungenschaften stehen für das Mädchen jetzt auf dem Spiel. Eine Pandemie, die die globalisierte Welt in diesem Ausmaß noch nicht erlebt hat, sorgt dafür, dass diese ganzen Hilfen das Mädchen zukünftig vielleicht nicht mehr erreichen. Und während ihre Altersgenossen in besser entwickelten Staaten wie zum Beispiel bei uns in Deutschland über das Internet weiter unterrichtet werden konnten und wieder die Schulen besuchen können, wird sie die Schule vielleicht nie wieder besuchen. Ihre Eltern haben ihren Job verloren, es gibt keine soziale Sicherung, von Kurzarbeit erst gar nicht zu reden. Da kommt die Mitgift im Übrigen sehr gelegen, und sie wird oft trotz ihres jungen Alters zwangsverheiratet.
Das ist die traurige Realität, und deswegen dürfen wir uns heute nicht zufrieden auf die Schultern klopfen, dass wir trotz schlechter wirtschaftlicher Lage den Etat halten konnten. Wir müssen mehr leisten. Der Weg, den manche Staaten, ganz besonders die USA, an dieser Stelle gehen, ist fatal. Es ist unsere Aufgabe als Menschen, hier noch mehr zu leisten.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Axel Müller [CDU/CSU])
Deswegen verstehe ich nicht, warum das Ministerium in seinem Entwurf des Einzelplans, über den wir heute beraten, die Mittel für genau die multilateralen Hilfen absenken will, über die ich vorhin gesprochen habe.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah!)
Damit werden wir der internationalen humanitären Verantwortung nicht gerecht. Hier werden wir, das Parlament, noch einiges zu ändern haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich bin überzeugt, dass der Entwurf des Ministeriums das Parlament nicht so verlassen wird, wie er eingebracht wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Genau dafür werde ich mich einsetzen.
Weil mir noch ein bisschen Zeit bleibt, möchte ich noch kurz etwas zum Lieferkettengesetz sagen.
(Markus Frohnmaier [AfD]: Noch mehr Geld! – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zehn Minuten sind schon lang!)
Ich habe mich heute Morgen in der Generaldebatte wirklich ausdrücklich darüber gefreut, dass Herr Dobrindt in seiner Rede gesagt hat, dass es ein verbindliches Lieferkettengesetz geben wird. Da haben wir alle applaudiert,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Guter Mann!)
und wir verlassen uns darauf. Wir verlassen uns auf die Union, dass es bis zum Ende der Legislaturperiode noch dazu kommen wird.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann werden wir mal sehen! Die Zeit läuft!)
Ich freue mich jetzt auf die Beratungen im Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Steffen. – Der nächste Redner: Michael Georg Link, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473541 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |