01.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 180 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 06

Christoph MeyerFDP - Inneres, Bau und Heimat

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hartmann, es wäre gut gewesen, wenn Sie nicht nur den Katastrophenschutz und die staatlichen Leistungen im Bereich der Coronapandemiebekämpfung betont hätten, sondern auch die Disziplin, mit der wir alle hier in Deutschland Abstandsregeln einhalten und dafür sorgen, dass die Pandemie sich nicht weiter ausbreitet. Das ist, glaube ich, die Grundlage, weswegen wir in Deutschland immer noch so glimpflich durch die Krise gekommen sind, und nicht das, was das THW – so wichtig es ist – auch getan hat.

(Beifall bei der FDP)

Wenn wir uns mal den Haushalt angucken – es ist die erste Lesung; ich bin für diesen Einzelplan das erste Mal in den Haushaltsberatungen zuständig –, dann sehen wir bei einer unvoreingenommenen Draufsicht zwei Problemfelder:

Das Erste ist: Nach dem massiven Mittelaufwuchs der letzten Jahre schaffen Sie es nicht, die Pläne wirklich umzusetzen und zu einem geordneten Mittelabfluss zu kommen.

Das Zweite ist: Die gesamte Breite des Aufgabenspektrums Ihres Hauses ist nicht angemessen in Ihrem Fokus, Herr Seehofer. Ihr Haushalt wächst in diesem Jahr um 2,6 Milliarden Euro auf, noch mal 1 750 Stellen; Sie haben es erwähnt. Bis 2025 sollen allein aus dem Konjunkturprogramm 6,8 Milliarden Euro zufließen. Wir begrüßen – und auch das haben Sie erwähnt – Ihre Pläne zum Onlinezugangsgesetz. Bei der Registermodernisierung, glaube ich, gibt es datenschutzsicherere Möglichkeiten, aber der Grundansatz wird von uns geteilt. Es ist aber bezeichnend, dass Sie im Jahr 2020 hier über Zukunftstechnologien reden, die wir eigentlich bereits vor 10, 15 Jahren hätten implementieren müssen. Sie haben in Ihrem Haus die Zukunft verschlafen, und es hat erst der Pandemie bedurft, dass Sie hier deutlich mehr Mittel einstellen und zu einer Priorisierung kommen.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben 2019 beim Thema Onlinezugangsgesetz noch nicht mal 60 Millionen Euro eingestellt. Jetzt reden wir im Jahr 2021 über 1,5 Milliarden Euro. Da dieser Aufwuchs nur auf Kosten der Effizienz funktionieren kann und bei der übrigen Digitalisierungsstrategie Ihres Hauses Steuerungs- und Organisationsschwächen festzustellen sind – die hat ja auch der Rechnungshof beleuchtet –, ist es doch mehr als fraglich, ob wir hier zügig und vor allem budgetgenau zu einer Umsetzung kommen.

Auch im Bereich innere Sicherheit tragen wir die Pläne, das BKA und die Bundespolizei besser auszustatten, mit. Aber auch hier zeigt sich sehr deutlich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit in Ihrem Haus auseinanderklaffen. Planstellen ist das eine, tatsächliche besetzte Stellen ist das andere, das Entscheidende. In Ihrem Haus sind 18 Prozent der Stellen nicht besetzt.

(Manuel Höferlin [FDP]: Aha!)

Ein geordneter Personalaufwuchs ist nicht sichergestellt. Wenn man sich die Zahlen vom Beginn der Legislatur bis jetzt anguckt, dann haben wir eher den Eindruck, dass die Lücke größer wird. Das heißt, am Ende schaffen Sie Scheinsicherheit. Sie haben es nicht geschafft, die Pläne, auch die, die Sie im Koalitionsvertrag angesprochen haben, mit tatsächlichen Stellen zu hinterlegen. Das ist Ihre Bilanz, Herr Seehofer.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie haben sich eben selbst dafür gelobt, dass die Mittel bei investiven Titeln in Ihrem Haushalt, vor allem im Baubereich, angestiegen sind; auch das ist richtig. Aber auf der anderen Seite haben wir auch hier im investiven Bereich einen mangelhaften Mittelabfluss. Über 15 Prozent der Mittel werden regelmäßig nicht verausgabt. Auch das ist eine Planungs- und Steuerungsschwäche in Ihrem Haus, die sich über Jahre hinzieht. Der einzige Minister, der dies ähnlich macht, ist Ihr Christgenosse Andi Scheuer.

(Heiterkeit bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da passt manches nicht zusammen!)

Er hat ebenfalls einen Investitionsstau zu verantworten – leider einen noch ein bisschen größeren als bei Ihnen, weil der Etat einfach größer ist. Aber am Ende scheint offensichtlich das Parteibuch eine der Begründungen zu sein, weswegen Sie es nicht schaffen, hier voranzukommen.

(Beifall bei der FDP)

Zum Bereich Heimat muss ich nichts sagen. Da machen Sie nichts; darauf sind Sie in Ihrer Rede auch gar nicht eingegangen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Zum Baubereich wird der Kollege Hagen Reinhold noch etwas sagen.

Alles in allem – meine Redezeit ist jetzt auch zu Ende –: Auf dem Papier viel Licht, in der Umsetzung viel Schatten. Ich freue mich auf die Beratungen. Vielleicht können wir den Etat noch ein bisschen besser machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Victor Perli, Die Linke, hat als Nächster das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7473751
Wahlperiode 19
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Inneres, Bau und Heimat
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