Jens BrandenburgFDP - Europäische Hochschullehre
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung der Bildung ist in der Krise weit vorangeschritten. Viele Hochschulen haben ja zum ersten Mal ihre Seminare und Vorlesungen vollständig online angeboten. Diesen Innovationsschub wollen wir Freie Demokraten nutzen und nach der Krise nicht in die Lehre von 2019 zurückfallen. Es ist jetzt an der Zeit für bildungspolitische Visionen. Eine solche große Vision hat Emmanuel Macron in seiner Grundsatzrede vor drei Jahren an der Pariser Sorbonne-Universität formuliert: europäische Hochschulen mit europäischen Semestern und Abschlüssen. Die deutsche Bundesregierung und andere Bedenkenträger haben diese wirklich große Vision danach zusammengedampft zu einem reinen Fördertopf für Netzwerke nationaler Hochschulen. Besser als nichts, aber die eigentliche Idee ist doch viel größer. Deshalb schlagen wir Freie Demokraten Ihnen heute eine echte Europäische Digitale Universität vor.
(Beifall bei der FDP)
Lassen Sie uns die beste Lehre Europas allen Europäerinnen und Europäern zur Verfügung stellen. Das Wissen der Welt ist heute schon in wenigen Sekunden auf jedem Smartphone verfügbar. Aber die akademische Einordnung und Orientierung erhalten meist nur wenige immatrikulierte Studierende vor Ort. So wie vor einigen Jahrhunderten der Buchdruck erstmals das Wissen in die Welt getragen hat, wollen wir Freie Demokraten im 21. Jahrhundert die akademische Lehre für alle öffnen, flexibel und in jeder Lebenssituation.
(Beifall bei der FDP)
Die 45-jährige Chemikerin aus Warschau zum Beispiel soll ganz einfach per App auf die Vorlesung der Uni Maastricht zu neuen Forschungserkenntnissen zugreifen können. Der 21-jährige Maschinenbaustudent aus Berlin soll sein Onlinestudium ganz flexibel aus Lehrangeboten der renommiertesten Professorinnen und Professoren ganz Europas zusammenstellen können. Und die 52-jährige Erzieherin aus Paris soll ganz einfach auf dem Heimweg in der Straßenbahn ihrer Leidenschaft zur Kunstgeschichte mit einer Onlinevorlesung der Uni Rom nachgehen können. Bringen wir die Lehre der über 4 000 Hochschulen Europas endlich zu ihnen nach Hause!
(Beifall bei der FDP)
Das Erasmus-Austauschprogramm hat ja bereits für über 1 Million Erasmus-Babys gesorgt. Aber für viele Menschen kommt ein komplettes Auslandssemester gar nicht infrage.
(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Die werden künftig digital gezeugt!)
Das scheitert nicht nur am Geldbeutel. Es scheitert oft auch an anderen Dingen: das Alter, die Kinder, der Beruf, das Ehrenamt, vielleicht Heimweh, gesundheitliche Einschränkungen, der Freundeskreis … Aber all das darf doch im digitalen Zeitalter nicht ernsthaft noch ein Grund sein, an der besten Bildung nicht teilhaben zu können.
(Beifall bei der FDP)
Wer Bildungsmobilität ernst nimmt, muss den digitalen Zugang für alle schaffen. Und genau das schlagen wir Ihnen heute vor.
Die Europäische Digitale Universität ist aber weit mehr als ein reines E-Learning-Portal; so viel zu dem Zwischenruf aus der SPD-Fraktion eben. Sie stärkt nämlich den gemeinsamen, grenzüberschreitenden Debattenraum und die europäische Identität. Onlinekurse kann sie, wie im Antrag ja beschrieben, ganz flexibel durch dezentrale, auch hybride Veranstaltungen ergänzen. Sobald das Europäische Parlament irgendwann einmal den Sitz von Straßburg nach Brüssel verlegt, wird dort in Straßburg, im Herzen Europas, doch ein idealer Campus für Präsenzeinheiten frei. Auch internationale Studiengänge zu European Law oder European History mit einer bunten Mischung aus Professorinnen und Professoren aus ganz Europa wären dort möglich. Wer zusammen lernt, wächst auch zusammen. Und deshalb investieren wir Freie Demokraten mit diesem Antrag auch in die Zukunft Europas.
(Beifall bei der FDP)
Die Bundesregierung sollte die EU-Ratspräsidentschaft jetzt endlich nutzen, um ein neues Kapitel in der Bildungsgeschichte Europas aufzuschlagen. Ein konkretes Beispiel, wie das in den Hochschulen gelingen kann, haben wir Ihnen heute vorgelegt. Lassen Sie uns die beste Lehre Europas für alle öffnen. Es geht um dein Talent, deine Zukunft! Und ich freue mich sehr auf die Beratung.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Andreas Steier.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7475805 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Hochschullehre |