29.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 186 / Tagesordnungspunkt 15

Armin-Paulus HampelAfD - 75 Jahre Vereinte Nationen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, jeder von uns in diesem Hause ist schockiert über die Nachrichten, die wir heute aus Frankreich erhalten haben. Meine Kollegen und ich waren gerade in der französischen Botschaft und haben der Opfer gedacht, die wir heute in Frankreich beklagen mussten. Ein Gedenken an diese Opfer ist wohl für jeden von uns angebracht.

75 Jahre Vereinte Nationen: Viele sagen, das wäre an sich ein Grund zum Feiern. Denn in der Tat: Nach dem schrecklichsten Krieg in Europa, nach dem Zweiten Weltkrieg, ist Hoffnung aufgekeimt, als man versuchte, die Nationen in einem großen Weltparlament zusammenzubringen, um die Konflikte dieser Erde zumindest einzudämmen, ihnen mit einer gewissen Ordnung zu begegnen und Konflikte möglichst schnell über Verhandlungen zu beseitigen.

Die Vereinten Nationen – das wissen wir alle – sind nicht perfekt; aber sie sind das Beste, was wir haben. Wenn man sich allerdings an die Zeiten zurückerinnert, als ein Boutros Boutros-Ghali oder ein Kofi Annan Generalsekretäre waren, dann war es in den täglichen Nachrichten über internationale Konflikte an sich so, dass sie immer an der Seite der großen Weltführer waren, ob es der amerikanische Präsident war oder der Russe oder auch die europäischen Staatschefs. Wenn Sie heute Nachrichten gucken, werden Sie feststellen, dass Herr Guterres nur noch relativ selten vorkommt, wenn es um Konflikte geht. Wenn Sie einen Bürger auf der Straße fragen: „Wer ist der derzeitige UN-Generalsekretär?“, werden Sie überrascht sein, dass viele seinen Namen überhaupt nicht kennen.

Meine Damen und Herren, die UN sind in einer Krise; das haben wir schon vor 20 Jahren erkannt. Es gab die Reformkommission, die Richard von Weizsäcker geführt hat und deren Reformvorschläge im Grunde genommen im Sande verlaufen sind. Keiner hat sie jemals wieder richtig aufgegriffen.

Ich zitiere aus einem Artikel der „Welt“ von 2015:

Man träumt davon, dass die Menschheit einst vereint wird unter einer gemeinsamen UN-Weltregierung. Solches Wunschdenken verdeckt jedoch den Blick auf die traurigen Realitäten. Der Westen war einst angetreten mit dem Ziel, Freiheit, demokratische Werte, gute Regierungsführung und die Achtung der Menschenwürde in der ganzen Welt zu verbreiten. Doch in globalen Organisationen ist es oft genug eine Mehrheit aus autokratischen Staaten und korrupten Demokratien, die die hehren Ziele hintertreiben. Sei es aus antifreiheitlicher Überzeugung, sei es aus purem Eigennutz. Man lässt sich bezahlen für seine Stimme oder schmiedet Zweckbündnisse.

Das ist in vielen Entscheidungen der Vereinten Nationen heute der Fall.

Hinzu kommt eine Ausuferung der Korruption. Ich selber habe das als Korrespondent in Südasien erlebt, als zum Beispiel in Afghanistan Mittel der UN – dabei ging es um Millionenbeträge – in dunkle Kanäle geflossen sind. Wir erinnern uns an den Fall im Irak, wo Korea Saddam Hussein mit Lieferungen geholfen hat und dabei einige Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet hat. Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen.

Hinzu kommt auch, dass heute bei den internationalen Einsätzen häufig Truppen aus Dritte-Welt-Staaten eingesetzt werden. Ich erinnere mich daran, dass im Bosnien-Konflikt malaysische Polizei eingesetzt wurde, um in Sarajevo die Ordnung aufrechtzuerhalten. Unternehmen wie dieses sind in vielen Brennpunkten dieser Welt kläglich gescheitert. Ganz besonders in Afrika erkennen Sie das derzeit immer wieder. Die UN sind also dringend reformbedürftig. Nur, der Wunsch und der Wille und die Äußerung auch aus den westlichen Nationen verhallen respektive kommen gar nicht erst auf.

Deutschland ist neben den Vereinigten Staaten und Japan einer der größten Nettozahler der Vereinten Nationen. Ich möchte dieses Haus ermutigen, bei jeder möglichen Gelegenheit darauf zu drängen, dass der, der das Geld einbringt, zwar nicht unbedingt immer gleich auch „die Musike“ bestimmt; aber wir können die Richtung bestimmen. Und dann wäre es angebracht, an das Auswärtige Amt die Adresse zu leiten, mit den amerikanischen und japanischen Freunden eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Als größte Nettozahler können wir einen gewissen Druck auf die Vereinten Nationen ausüben und vor allen Dingen auf ihre grundsätzliche Ausrichtung Einfluss nehmen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Die Interessen, die wir wahrzunehmen haben, auch im nationalen Interesse, Herr Kollege Lechte, dürfen dabei aber nicht untergehen. Deswegen müssen wir immer darauf achten, dass das, was in New York am East River beschlossen wird, sich auch mit unseren Zielvorstellungen deckt. Ansonsten sollten wir dagegen vehement unsere Stimme erheben – so nicht geschehen beim Global Compact for Migration, bei dem wir feststellen müssen, dass dieser über eine völkerrechtlich nicht verbindliche Resolution jetzt nach Europa und nach Deutschland getragen wird.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – Ich bin der festen Überzeugung, dass wir alles dafür tun müssen, die Vereinten Nationen, und zwar möglichst schnell, zu einem umfassenden Reformpaket zu drängen. Multilateralismus mag ein schönes Ziel sein. Er hindert aber oft daran, zu Entscheidungen zu kommen. Das darf nicht mehr geschehen.

Herr Kollege.

Die Bunderepublik Deutschland sollte alle Kraft daransetzen, diese Reform voranzutreiben; sonst nimmt man die UN bald nicht mehr ernst.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Thomas Seitz [AfD]: Den Maulkorb nicht vergessen, Herr Kollege!)

Herr Kollege Seitz, es mag ja in Ihrer Fraktion Maulkörbe geben. Aber das ist eine Mund-Nase-Bedeckung. Man nennt das auch „Maske“.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Der eine sieht das so, der andere so!)

– Gut. Bei Ihnen scheint „Maulkorb“ eine feste Redewendung zu sein.

Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Andreas Nick.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7480492
Wahlperiode 19
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt 75 Jahre Vereinte Nationen
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