04.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 188 / Tagesordnungspunkt 7

Manuel HöferlinFDP - Verwaltungsverfahren zu Familienleistungen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Bundesregierung, Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn Sie über Digitalisierung von Leistungen sprechen. Wir als Digitalfraktion unterstützen das. Aber ich war schon etwas überrascht, dass hier heute die Familienministerin und die Staatsministerin aus dem Kanzleramt sprechen. Ehrlich gesagt, habe ich gedacht, der Kollege Krings, der in der letzten Reihe sitzt, spricht heute hier. Denn im Kern geht es heute gar nicht um das Digitale-Familienleistungen-Gesetz, sondern sozusagen durch die Seitentür haben Sie in das parlamentarische Verfahren kurzfristig eine Änderung des Onlinezugangsgesetzes, also zu grundlegenden Verwaltungsleistungen, eingebracht.

Ich kann Ihnen eins sagen: Ihnen ist klar, dass Ihnen die Zeit wegläuft. Sie haben versprochen, bis 2021 die Verwaltungsleistungen zu digitalisieren. Langsam wird die Zeit knapp. Deswegen suchen Sie jede Möglichkeit, diesen Leistungsdruck zu verringern. Aber das geht nicht. Sie müssen das Parlament ordentlich beteiligen und dürfen nicht einfach über Änderungsanträge im Parlament am Ende – das haben Sie als Formulierungshilfe vorgeschrieben – solche Dinge in ein Gesetzgebungsverfahren einbringen. So kann man parlamentarische Demokratie nicht leben. Da haben Sie uns nicht an der Seite.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Sie machen durch diesen Änderungsantrag im Kern weitreichende Änderungen, die jeden einzelnen Bürger betreffen, möglich. Zum Beispiel geht es darum: Wie wird ein Verfahren gegenüber dem Bürger bekannt gegeben? Wie oft muss er in sein elektronisches Postfach gucken? Es geht um die sogenannte Bekanntgabefiktion. Das sind keine Kleinigkeiten. Es geht um Grundsätzliches, was Sie hier machen. Dafür hätte es ein eigenes Gesetzgebungsverfahren gebraucht. Das haben auch die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung letzte Woche gesagt. Sie haben klar gesagt: Für so etwas braucht man ein eigenes Verfahren mit einem ordentlichen Durchlauf, sodass alles abgewogen werden kann, und kein Vorgehen durch die Hintertür.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie benutzen hier das Elster-Zertifikat, also ein Zertifikat der Steuerverwaltung, um Bürger und Unternehmen im Verfahren zu identifizieren. Da fragt man sich natürlich: Warum machen Sie denn das? Kriegt das Innenministerium kein eigenes Ident-Management hin?

(Zuruf des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU])

Kriegen die das nicht hin? Dabei reden wir seit zehn Jahren darüber. Und haben Sie nicht seit zehn Jahren den Personalausweis mit einer eID? Anscheinend klappt das nicht, und jetzt versuchen Sie, das sozusagen mit dem Hilfsmittel der Steuer-ID und dem Elster-Zertifikat zu machen.

Genau da ist nachher das Problem, das wir sehen: Im Gesetz steht zwar explizit drin, dass Sie mit dem Zertifikat von Elster keine Verknüpfung mit der Steuer-ID vornehmen wollen; aber alle Sachverständigen in der Anhörung – wir haben explizit nachgefragt – sagen: Na ja, das steht da drin. – Aber das ganze Konstrukt eines Änderungsantrages spricht eigentlich dafür, dass man den Weg ebnen möchte, am Ende Elster als Ident, also zur Identifizierung, zu benutzen. Das ist möglicherweise auch verfassungswidrig, das mit einer solchen Personenkennziffer durchzuführen. Damit haben wir große Probleme. Da haben Sie uns nicht an Ihrer Seite. Das geht so nicht, das einfach über einen Änderungsantrag ohne große Debatte einzubringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Krings sagte: Das OZG gehört zu den sogenannten Schwarzbrotthemen der Innenpolitik. – Ich habe das Gefühl, Sie haben in der Bundesregierung bei Ihrer Digitalisierung der Verwaltung noch einiges zu knabbern. Aber mit hastigen Änderungsanträgen durch die Seitentür bringen Sie solche grundlegenden Weichenstellungen nicht mit unserer Zustimmung durch das Verfahren. Deswegen können wir diesem Verfahren nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Höferlin. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Anke Domscheit-Berg, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481348
Wahlperiode 19
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Verwaltungsverfahren zu Familienleistungen
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