19.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 192 / Tagesordnungspunkt 14

Johann SaathoffSPD - Nord-Stream 2

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Frau Präsidentin, die Freude ist auf beiden Seiten des Pults. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es gleich zu Beginn: Wir kommen tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis. Und es ist schon eine ganz besondere Situation für mich, jetzt nach drei Jahren besonders rechter Politiker im Parlament zu erleben, dass wir zu dem gleichen Ergebnis kommen. Aber ich würde mir an Ihrer Stelle nichts darauf einbilden; denn die Grundlage für unser Ergebnis könnte unterschiedlicher eigentlich gar nicht sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In Ihrer Begründung lese ich, dass Sie die Aussetzung der Nutzung fossiler Energien infrage stellen, dass Sie die Energiewende infrage stellen. War am Anfang von Ihrer Seite noch die Rede davon, dass es den Klimawandel eventuell gar nicht geben könnte, sagen Sie jetzt – immerhin ein Lernprozess –: Es gibt keinen menschengemachten Klimawandel. – Das ist zwar genauso falsch; aber Sie haben sich in dem Bereich immerhin schon entwickelt.

Ich will an dieser Stelle deutlich sagen: Wir als Sozialdemokraten haben ein klares Bekenntnis. Wir bekennen uns nämlich zu den Erneuerbaren, und wir wollen sie ausbauen.

Sie haben das gleiche Ergebnis, aber das ist ungefähr so wie bei einer Matheklausur, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es werden 40 Fragen gestellt, und Sie haben 40-mal geraten, weil Sie keine Ahnung haben. Einmal haben Sie richtig gelegen. Deswegen kommt es bei der Bewertung der Matheklausur nicht auf das Ergebnis an, sondern es kommt auf den Rechenweg an – zu Recht. Und guckt man sich den Rechenweg Ihres Antrags an, dann muss man als Schulnote sagen: Das ist ungenügend. – Ich hätte auch noch andere Worte dafür gefunden.

Die Nord-Stream-2-Pipeline ist energiepolitisch notwendig. Wir steigen aus Kohle und Atomenergie aus,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch, und das weißt du!)

und wir wollen in erneuerbare Energien einsteigen – ich gebe zu, in der Großen Koalition die einen mehr, die anderen weniger. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen, dass wir die Ausbaupfade Wind und PV, unsere Lastträger der erneuerbaren Energien, weiter voranbringen.

Aber es ist ein Spiel mit dem Feuer, Oli Krischer, jetzt zu sagen: Wir brauchen kein Gas. – Natürlich brauchen wir Gas, um eventuelle Versorgungslücken zu schließen und sicherzustellen, dass wir die Energiewende auch hinbekommen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Herr Krischer nie gesagt!)

Und wir brauchen eine Diversifizierung der Gasversorgung. Denn es geht nicht nur um Deutschland. Es geht um die europäische Gasversorgung. Nord Stream 2 ist ein Projekt der europäischen Gasversorgung. Das wird viel zu selten erwähnt. Wenn wir auf den europäischen Markt gucken, dann sehen wir, dass in den Niederlanden die Gasquelle gerade wegfällt. Das heißt, wir haben gar nicht mehr so viele Quellen; unsere Quellen werden knapp.

Ich bitte alle Beteiligten, auch mal daran zu denken, dass wir Erdgas nicht nur für die Energiewende brauchen – dafür brauchen wir es natürlich auch –, aber vor allen Dingen als Rohstoff für die chemische Industrie. Wir werden immer Gas brauchen, auch nach 2050.

Eine Gaspipeline kann man danach auch für andere Dinge verwenden. Russland hat ein Potenzial des Tausendfachen der installierten Onshorewindenergieleistungen, wie wir sie im Moment in Deutschland haben. Man kann daraus Wasserstoff produzieren und das auch nach Deutschland transportieren.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber mir geht es auch noch um etwas anderes. Es geht nämlich nur vordergründig um eine Pipeline, also um eine physikalische Verbindung. Eigentlich geht es darum, dass man die Verbindung zwischen Deutschland und Russland noch mal thematisieren will. Ja, die Beziehungen sind belastet, keine Frage, und ja, wir müssen unangenehme Wahrheiten aussprechen. Aber wir müssen auch Brücken bauen. Wir müssen sehen, dass Zivilgesellschaft zusammenkommt, dass Menschen sich begegnen können. Wir wollen Brücken bauen und tiefe Wurzeln des Friedens schlagen.

Frau Präsidentin: Wenn de Wuddels deep genug bünt, broukt man vöör Wind neet bang ween.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ja, bitte aber wie immer jetzt die Übersetzung für die Süddeutschen.

Damit habe ich gerechnet. Also: Wenn die Wurzeln tief genug sind, dann braucht man keine Angst vor dem Wind zu haben.

Vielen herzlichen Dank, lieber Johann Saathoff. – Der letzte Redner in dieser Debatte: Peter Beyer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Wo ist denn eigentlich Herr Röttgen?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7484804
Wahlperiode 19
Sitzung 192
Tagesordnungspunkt Nord-Stream 2
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