26.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 195 / Tagesordnungspunkt 14

Dagmar ZieglerSPD - Europäische Bank für nachhaltige Entwicklung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für Ihre Stimmen. – Ich möchte das, was zu diesem Antrag zu sagen ist, in drei Worte bzw. Sätze fassen: zu früh, der Nutzen nicht nachgewiesen und ein wenig Geschmäckle. – Gerade das sollten wir in unserem Haus verhindern.

Wir beraten heute in abschließender Lesung einen Antrag, der vordergründig die Schaffung einer Europäischen Bank für nachhaltige Entwicklung und internationalen Klimaschutz für unabdingbar erklärt; das ist so weit gut und richtig. Es ist eine umfassende institutionelle Reform der europäischen Entwicklungsfinanzarchitektur gewollt; auch dem kann man nichts entgegensetzen. Das sollte dann unter dem Dach der Europäischen Investitionsbank geschehen. Und diese Reform bräuchte, so steht da, weder langwierige Verhandlungen noch Änderungen der Verträge der Europäischen Union. Und weiter heißt es: eine „AKP-Investitionsfazilität, unabhängig von der Budgetierung des Europäischen Entwicklungsfonds, im Rahmen des kommenden Mehrjährigen Finanzrahmens fortgeführt“. Und man darf raten, durch wen: Unter dem Dach der EIB.

Das klingt erst einmal gut. Wir haben im Ausschuss darüber beraten, dass Optimierungen von Finanzstrukturen gut und richtig sind. Es ist nur der falsche Zeitpunkt. Herr Hoyer, der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete und der heutige Präsident der EIB, war im Ausschuss und hat die Vorteile, die eintreten würden, wenn er über diese Finanzierungen herrschen würde, deutlich gemacht. Er hat auch gesagt, dass es richtig ist, wenn er eine Tochtergesellschaft hat, unter der das laufen soll. Wir haben aber noch keine Gegenmeinung im Ausschuss hören dürfen. Wir warten darauf, dass auch andere, die im Januar zu uns in den Ausschuss kommen, die Finanzstruktur, die sie sich vorstellen, bei uns diskutieren können.

Es wurde schon gesagt: Der Diskussionsprozess zum weiteren Verfahren nach dem Ende des jetzigen mehrjährigen Finanzrahmens ist zwar schon sehr weit fortgeschritten, aber es besteht noch keine Einigung der EU-Mitgliedstaaten. Deshalb ist auch eine Positionierung hier und heute überhaupt nicht richtig, da wir ja in der EU-Präsidentschaft nicht vorgreifen wollen, sondern als – in Anführungsstriche – ehrliche Makler den Prozess nicht unterlaufen und die Konsensbildung in der Ratsarbeitsgruppe nicht erschweren wollen.

(Beifall bei der SPD)

In Gesprächen mit dem Europäischen Parlament über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen bilden ihre Mittelrückflüsse eine wichtige Verhandlungsmasse. Auch deshalb sollten wir im Moment keine weitere politische Diskussion über deren Verwendung aufmachen.

Unser Bundesminister hat sich im September 2020 im Europäischen Parlament und bei der EU-Entwicklungsministerkonferenz für den Erhalt der bisherigen Strukturen ausgesprochen. Es ist also im Kern die Frage: Brauchen wir eine eigene Entwicklungsbank der EU, ja oder nein? Wir haben im Moment das bestehende System des Zusammenwirkens von europäischen, multilateralen und nationalen Finanzeinrichtungen, und wir sagen: Sie entsprechen den Anforderungen. Natürlich brauchen wir Optimierungen, wie so immer, und vor allen Dingen mehr Möglichkeiten in der parlamentarischen Kontrolle; denn transparent sind sie fast alle nicht.

Das System wird geführt unter dem Namen „Team Europe Approach“. Es leistet zumindest sehr gute Arbeit bei der Überwindung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und hat eben auch deshalb eine eindeutige Präferenz der EU-Kommission. Im Gegensatz zu den Befürwortern einer europäischen Entwicklungsbank mit Monopolstellung, wie das zum Beispiel Herr Hoyer möchte, hatten eben auch Fürsprecher des „Teams Europe Approach“ bislang überhaupt keine Gelegenheit, mit uns im Fachausschuss darüber zu diskutieren. Das müssen wir Anfang des nächsten Jahres unbedingt nachholen.

Wir brauchen das für das Gesamtbild, um auch unser Meinungsbild abzurunden. Wenn Anfang nächsten Jahres der Zwischenbericht über die Machbarkeitsstudie zur europäischen Finanzstruktur diskutiert wird, haben wir dazu auch die Gelegenheit.

Fazit: Aus den Mitteln der auslaufenden AKP-Investitionsfazilität in Höhe von 3,5 Milliarden Euro sind der humanitären Hilfe bereits 1 Milliarde Euro zugesagt worden. Wir werden uns natürlich im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft dafür einsetzen, dass auch die übrigen circa 2,5 Milliarden Euro der Entwicklungszusammenarbeit zugutekommen.

(Beifall bei der SPD)

Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Gespräche der Bundeskanzlerin mit der WHO und mit GAVI müssen wir darauf Wert legen, dass gerade die Verteilung des Covid-19-Impfstoffes gerecht vonstattengeht. Vor allen Dingen gibt es dafür, wie wir im Ausschuss gehört haben, noch nicht einmal richtige Pläne. Unser vorrangiges Ziel sollte im Moment sein, Covid-19 zu bekämpfen und die ärmsten der armen Länder dabei zu unterstützen. Das ist die Priorität in der Diskussion.

(Beifall bei der SPD)

Das Aufsetzen einer weiteren europäischen Finanzstruktur, von deren Nutzen wir im Moment gar nicht überzeugt sein können, weil uns die Fakten nicht vollständig vorliegen – wir wissen nicht, ob sie effizienter arbeiten wird als die derzeitige Finanzstruktur –, macht also keinen Sinn. Der Sinn der von Ihnen beantragten namentlichen Abstimmung dazu erschließt sich uns – ohne Unterstellungen – ebenfalls nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin. – Nächster Redner ist der Kollege Olaf in der Beek, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7486497
Wahlperiode 19
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt Europäische Bank für nachhaltige Entwicklung
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