Ulla IhnenFDP - Ernährung und Landwirtschaft
Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im November 2019, als wir hier den Haushalt für 2020 beraten haben, demonstrierten nur wenige Meter entfernt Tausende Landwirte. Und auch während der heutigen Beratung machen Landwirte bundesweit mit Protesten auf ihre dramatische Situation aufmerksam. Wir müssen uns also fragen: Ist der Haushalt 2021 Ausdruck einer Politik, die mit den Landwirten gemacht wird, die Wertschätzung und verlässliche Bedingungen für die Landwirte bedeutet?
Der Haushalt umfasst insgesamt 7,7 Milliarden Euro. Das ist viel Geld, aber Quantität ersetzt eben noch lange nicht Qualität.
(Beifall bei der FDP)
Zwar gibt es jetzt die sogenannte Bauernmilliarde, dazu ein Stallumbauprogramm mit einem Volumen von insgesamt 300 Millionen Euro; aber die Landwirte sind nicht auf die Straße gegangen, um mehr Förderanträge zu stellen.
(Frank Sitta [FDP]: So ist es!)
Am Horizont steht schon das Insektenschutz-Gesetz – das war ja bereits Thema, auch bei Frau Ministerin Schulze –, und damit drohen weitere Auflagen und Ertragseinbußen für die Landwirte. Wenn wir zukünftig in Deutschland noch eine leistungsfähige Landwirtschaft haben wollen, dann, so denken wir Freien Demokraten, müssen wir von einer Politik wegkommen, die immer neue Auflagen verhängt und so keine verlässlichen Produktionsbedingungen mehr bietet.
Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Amtszeit ja durchaus einiges angepackt. Aber was, zum Beispiel, bleibt von Ihrer EU-Ratspräsidentschaft? Es gibt noch immer keine einheitlichen EU-weiten Produktionsstandards für unsere Landwirte. Was ist mit dem Subventionsabbau? Was ist mit dem Tierwohllabel, Ihrem Prestigeprojekt? Es steckt fest und könnte am Ende doch nicht kommen. Doch insgesamt wurden in dieser Wahlperiode bereits über 70 Millionen Euro dafür verplant. Und was ist mit der Afrikanischen Schweinepest? Den geplanten Schutzzaun haben Sie dieses Jahr nicht verwirklichen können, und genau dort, wo er geplant war, kam die ASP nach Deutschland. Jetzt sind Zigtausende Schweinehalter betroffen. Wir als Freie Demokraten haben im Haushaltsverfahren Anträge zur ASP gestellt. Leider wurden sie abgelehnt.
Frau Ministerin, für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, GAK, stehen im Jahr 2021 gut 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein großer Teil der Mittel bleibt jedes Jahr ungenutzt. – Wollen Sie sich weiter unterhalten, Frau Ministerin, oder hören Sie mir zu?
(Julia Klöckner, Bundesministerin: Ich kann beides! – Frank Sitta [FDP]: Sie hat sich mit mir unterhalten!)
– Vielen Dank. – Und nicht nur bei der GAK haben Sie große Probleme mit dem Mittelabfluss. Die Ausgabereste in Ihrem Ressort sind enorm. Problematisch ist auch, was und wie innerhalb der GAK gefördert wird; darauf hat uns der Bundesrechnungshof hingewiesen. Bereits vier Ministerien befassen sich mit der Elektromobilität, und nun ist auch Ihr Haus noch in die zweckfremde Förderung von Ladeinfrastruktur über die GAK verwickelt. Frau Ministerin, Deiche sind die Seismografen für eine gute Nutzung der GAK, nicht Ladesäulen.
Im Haushalt wurden die Fördermittel für den Wald aufgestockt; der Kollege Haase hat darauf hingewiesen. Insgesamt stehen 700 Millionen Euro für 2020 und 2021 zur Verfügung. Das ist gut, aber auch nur dann, wenn das Geld für den Wald aus allen Fördertöpfen und Titeln schnell abfließt. Um dem Wald und den Waldbauern zu helfen, hatten wir Freie Demokraten beantragt, der Bund solle Schadholz ankaufen. Diese wirklich naheliegende Lösung ist leider abgelehnt worden.
Zusammengefasst: Wir Freien Demokraten lehnen den Haushalt ab, weil er aus unserer Sicht falsche Prioritäten setzt. Aus unserer Sicht fehlt der Plan für eine gute Zukunft unserer Landwirte, der zukunftsweisende Gestaltungswille. Dieser Haushalt ist alles: ein bisschen international, ein bisschen digital, ein bisschen punktuell, ein bisschen strukturell und insgesamt aus unserer Sicht ein bisschen ziellos. Frau Ministerin, schon Laotse hat gesagt: Wer kein Ziel hat, kann auch keines erreichen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Ihnen. – Karneval fällt ja aus dieses Jahr; aber ich kann aus eigener Anschauung bestätigen, dass „Ritterin Julia“ multitaskingfähig ist,
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
wie die meisten Frauen, die ich kenne – im Gegensatz zu Männern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ja, sehr wahr.
Ist klar, Frau Präsidentin Roth. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Susanne Mittag, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7488432 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |