09.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 198 / Tagesordnungspunkt I.10

Michael Georg LinkFDP - Auswärtiges Amt

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, als Sie gerade geredet und den Haushalt dargelegt haben, war mir ein bisschen zu viel Selbstzufriedenheit dabei. Der Haushalt ist, vor allem wenn wir in die Zukunft schauen – das sage ich als Schwabe und als Liberaler ungern –, wirklich unterfinanziert. Wenn wir auf die Finanzplanung schauen – Kollegin Deligöz hat darauf hingewiesen –, stellen wir fest: Da bricht vieles wieder ab. Viel Wichtiges konnte in diesem Jahr durch die Berichterstatter im Haushaltsverfahren erreicht werden. Aber perspektivisch geht es nach unten. Perspektivisch wird es nicht der internationalen Verantwortung Deutschlands gerecht; das muss man ganz klar sagen. Das kann einen wirklich nicht ruhig schlafen lassen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb kommt es uns schon massiv darauf an, dass wir da nacharbeiten.

Es geht darum, so effizient wie möglich zu arbeiten. Es geht nicht immer nur um mehr Geld, sondern um Effizienz. Die Bundesregierung muss ihr internationales Handeln besser aufstellen. Über 15 Häuser stehen sich mit internationalen Tätigkeiten teilweise gegenseitig auf den Füßen. Da braucht es – leider sind unsere Vorschläge von der Koalition nicht aufgegriffen worden – eine bessere internationale Koordinierung. Aus unserer Sicht kann das nur durch das Auswärtige Amt geleistet werden. Es muss die internationalen Aktivitäten aller Häuser koordinieren und kann damit auch Mittelverschwendung vermeiden bzw. reduzieren.

(Beifall bei der FDP)

Ein ganz wichtiger Punkt ist – wir wissen, Geld fällt nicht vom Himmel –, dass bei der humanitären Hilfe nachgesteuert wurde. Aber es wäre besser gewesen, wenn es gelungen wäre, von Anfang an – zum Beispiel durch Umschichtung von Projektgeldern hin zu flexiblen Grundbeiträgen – internationale Organisationen wirklich zu stärken. Das Hohelied der UN zu singen, Herr Minister, ist schön. Aber davon können sich UNHCR und viele andere nichts kaufen. Ohne mehr ungebundene Mittel müssen die betreffenden Organisationen bei jeder Krise erst wieder Klinken putzen, und so verstreicht kostbare Zeit.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb haben wir beantragt, den internationalen Bereich des Roten Kreuzes, das Welternährungsprogramm, die WHO, UNICEF, UNHCR und viele andere stärker und direkter zu fördern.

Zentral wichtig ist uns Liberalen auch das Thema „Stärkung von Freiheit und Menschenrechten weltweit“. Deshalb begrüßen wir, dass beim Thema Menschenrechte in der Bereinigungssitzung nachgebessert wurde, auch hier ganz massiv auf Druck der Berichterstatter. Zum Beispiel soll es zehn Menschenrechtsreferenten an wichtigen, ausgewählten Botschaften geben. Ein gutes Signal!

(Beifall bei der FDP)

Da wir gerade über Menschenrechte sprechen und es gute Tradition ist, im Rahmen der Haushaltsdebatte zum AA auch einige wenige Worte zum EU-Haushalt zu sagen: Wir hoffen sehr, dass beim anstehenden Gipfel tatsächlich ein Durchbruch bei MFR und Rechtsstaatsmechanismus erfolgt. Da sich Viktor Orban heute Morgen laut der ersten Nachrichten in den Medien orakelhaft und zufrieden geäußert hat, möchte ich im Namen meiner Fraktion der Bundesregierung und der deutschen Ratspräsidentschaft sehr deutlich sagen: Bitte knicken Sie beim Rechtsstaatsmechanismus nicht ein!

(Beifall bei der FDP)

Was auf dem Tisch liegt, ist bereits ein Kompromiss, der im Trilog mit dem Europäischen Parlament gefunden wurde und der in vielen Bereichen vieles schon verwässert. Aber nachdem die Kanzlerin heute Morgen dazu kein Wort gesagt hat, sind wir schon alarmiert. Deshalb noch einmal: Knicken Sie hier nicht ein! Das ist eine entscheidende Frage. Wenn wir es verpassen, den Haushalt mit dem Rechtsstaatsmechanismus zu verbinden, wird Europa großen Schaden nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Minister hat gerade die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich angesprochen. Dazu könnte man viel sagen. Seien wir als Parlament selbstbewusst! Ich erinnere an den Beitrag der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. So schön der Vertrag von Aachen auch ist, Herr Minister, Sie haben ein bisschen so getan, als ob dieser Vertrag allein auf eine Initiative der Regierung zurückginge. Es war schon eine Initiative, die sehr stark von Frankreich, hier aus diesem Parlament und aus der Assemblée nationale kam. Wenn ich an die Leistungen des Kollegen Jung, CDU/CSU, der Kollegin Brantner, des Kollegen Schmidt und vieler anderer – auch aus meiner Fraktion – denke, dann glaube ich, dass sich hier die Parlamente als selbstbewusste Akteure der Außenpolitik nicht verstecken, sondern die Regierung auch treiben müssen, wo nötig, Koalition und Opposition gemeinsam. Das werden wir weiter tun, gerade bei dem wichtigen Thema „Deutschland und Frankreich“.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich ganz herzlich im Namen meiner Fraktion bei all den Angehörigen des Auswärtigen Dienstes – erfreulicherweise ist ja etwas bei der Personalreserve erreicht worden –, bei Diplomaten wie Angestellten, bei Entsandten wie Ortskräften, bedanken, bei all denen, deren Arbeit für selbstverständlich gehalten wird. Wir haben bei dem schrecklichen Anschlag in Beirut gesehen, dass es auch eine lebensgefährliche Tätigkeit ist. Ich möchte in den Dank ausdrücklich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der politischen Stiftungen einschließen, die hier oft schlechtgeredet werden. Wir können stolz auf sie sein. Sie sind die zivilgesellschaftlichen Botschafter der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Mein letzter Dank, Herr Präsident, gilt Doris Barnett und Alois Karl. Ihr habt es gesagt: Es ist die letzte Haushaltsberatung, die wir mit euch machen durften. Es war eine ganz hervorragende und mustergültige Zusammenarbeit, bei der die Opposition mit ihren Interessen bei der Koalition immer ein offenes Ohr gefunden hat. Wir waren nicht immer einer Meinung – das muss man wahrlich nicht sein –, aber es war eine sehr faire Zusammenarbeit. Als Schwabe darf ich sagen: Mit euch kann man schaffe!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Michael Link. – Die nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke die Kollegin Heike Hänsel.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7489070
Wahlperiode 19
Sitzung 198
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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