09.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 198 / Tagesordnungspunkt I.12

Gabi WeberSPD - wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Bereits mit den Nachtragshaushalten für 2020 haben wir bewiesen, dass wir in dieser Krise solidarisch denken, sei es bei den Anpassungen des Kurzarbeitergeldes, bei den Hilfen für Unternehmen und Selbstständige, sei es bei Hilfen innerhalb der EU oder bei der internationalen Unterstützung im humanitären und entwicklungspolitischen Bereich. Die Koalition geht diesen Weg auch mit dem Haushalt 2021 trotz großer fiskalischer Herausforderungen weiter, um die Krise nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in anderen Weltregionen zu überwinden.

(Beifall bei der SPD)

Diese wurden von der Pandemie und ihren mannigfaltigen Folgen oft noch wesentlich härter getroffen – menschlich, sozial und wirtschaftlich. Mit 12,4 Milliarden Euro legen wir erneut einen Rekordetat für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vor; viele haben es schon gesagt. Das machen wir jetzt seit sechs Jahren so, und das ist goldrichtig.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle möchte ich auch unserem Finanzminister Olaf Scholz, obwohl er oft gescholten wurde, ausdrücklich danken; denn er hat bereits seit dem Frühjahr keinen Zweifel aufkommen lassen, dass wir die Pandemie nicht allein vor unserer Tür bekämpfen können, und entsprechende Mittel für die Unterstützung des globalen Südens bereitgestellt.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir unterstützen besonders die ärmsten Länder, die LDCs, mit 75 Millionen Euro zusätzlich. Davon sind 50 Millionen Euro jährlich für langfristige Projekte der Zivilgesellschaft in diesen Staaten vorgesehen. Für diese Arbeit brauchen wir auch zwingend starke, multilaterale Organisationen, die Wissen und Geld bündeln können, um so vor Ort spürbare Verbesserungen für die Menschen zu erzielen. Hier möchte ich an erster Stelle das World Food Programme nennen, das morgen in Oslo für seine Arbeit zur Bekämpfung des Hungers, der viel zu oft auch als Waffe eingesetzt wird, den Friedensnobelpreis erhält.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN)

– Das ist einen Beifall wert. – Wir als Abgeordnete unterstützen diese wichtige Arbeit mit einem weiteren Aufwuchs der vorgesehenen Mittel um rund 22 Millionen Euro gegenüber dem Regierungsentwurf. Ebenfalls steigern wir die Mittel – das ist eben auch schon angesprochen worden – für das UN-Entwicklungsprogramm und – das freut mich ganz besonders – für UN Women.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion macht sich für multilaterales Handeln stark. Daher haben wir uns in den Haushaltsberatungen dafür eingesetzt, die im Regierungsentwurf gekürzten Ansätze in diesem Bereich wieder zurückzunehmen und das Geld nicht nur verstärkt in bilaterale Maßnahmen fließen zu lassen. Das ist uns leider nicht überall gelungen.

Ihnen, Minister Müller, möchte ich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie sich die Kürzung der Titel für multilaterale Zusammenarbeit zugunsten der Titel für bilaterale Zusammenarbeit mit dem von Ihrem Haus vorgelegten Konzept „BMZ 2030“ und dessen kürzerer Länderliste verträgt. Uns wurde immer wieder versichert, dass wir kein Land im Regen stehen lassen und selbst da, wo wir rausgehen, multilaterale Partner und NGOs weiter vor Ort tätig sein werden. Das wird in der Praxis so nicht funktionieren, wenn man gleichzeitig die Mittel im multilateralen Bereich an verschiedenen Stellen zurückfährt. Das passt nicht zusammen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bereiten uns in Europa gerade auf nationale Impfkampagnen vor. Wir dürfen darüber aber nicht vergessen, dass Millionen Menschen auf der Welt dasselbe Menschenrecht auf Zugang zu Medikamenten und Impfungen haben. Gesundheit ist kein Vorrecht reicher Gesellschaften.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es muss deshalb klar sein, dass im vorliegenden Etat die Kosten für eine globale Impfkampagne noch nicht abschließend abgebildet sein können. Der Einzelplan 60 kann helfen; aber der Zugriff darauf muss sichergestellt werden, um auch globales Impfen möglich zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss meiner Rede möchte ich auf ein Thema zu sprechen kommen, das meiner Fraktion und mir persönlich sehr am Herzen liegt. – Es kann doch jetzt nur noch das Lieferkettengesetz kommen.

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Breite Teile der Bevölkerung, viele Unternehmen und Parlamentarierinnen und Parlamentarier setzen sich für dieses Gesetz ein. Es ist daher nicht länger hinnehmbar, wenn durch die Blockadehaltung des Bundeswirtschaftsministeriums, gestützt durch einzelne Interessenverbände, dieses nicht den Weg durch das Kabinett zu uns ins Parlament findet. Das ist ein unerträglicher Zustand.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich erinnern, dass wir vor acht Jahren eine ähnliche Diskussion hatten; damals ging es um den Mindestlohn: Ein Monster für die Betriebe, die Wettbewerbsfähigkeit wird beeinträchtigt. – Der Mindestlohn ist da, und er ist ein Segen für viele Menschen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber er ist immer noch viel zu niedrig! Er muss mindestens auf 12, besser 13 Euro angehoben werden!)

Das Gleiche gilt für das Lieferkettengesetz.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

In vielen Ländern stehen gut ausgebildete Unternehmerinnen und Unternehmer bereit, um mit ihren Ideen und ihrem Können ihre Investitionen und Ideen unter fairen Wettbewerbsbedingungen umzusetzen. Viele Firmen bei uns wünschen sich, dass ihre Anstrengungen, fair und nachhaltig zu produzieren, vor Dumpingwettbewerb und schwarzen Schafen geschützt werden. Genau dafür brauchen wir das Lieferkettengesetz. Also: Blockade beenden und machen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es macht sich auf den Weg der Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Peter Ramsauer. – Es ist angerichtet; bitte schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7489114
Wahlperiode 19
Sitzung 198
Tagesordnungspunkt wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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